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"Wir arbeiten nie mit Robotern"

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Die eindrucksvolle neue Daft-Punk-Single "Get Lucky" steht schon auf der halben Welt ganz oben in den Single-Charts. Jetzt ist endlich auch das lange erwartete neue Album "Random Access Memories" erschienen. Grund genug für ein Gespräch mit Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo über Roboter, Marketing und die Arbeit an ihrem gefeierten neuen Album





SZ: Im Unterschied zu allen bisherigen Daft-Punk-Alben entstand "Random Access Memories" fast völlig ohne Drumcomputer und Synthesizer. Was haben Sie sich denn dabei gedacht?

Thomas Bangalter: Schon unsere 1997 erschienene Single "Around The World" war von der Musik der amerikanischen Disco-Band Chic beeinflusst. Die erste Idee für die neue Platte war, Chic-Musik zu machen, aber mit einem echten Schlagzeuger statt einer Drummachine. Dann wollten wir auch die Synthesizer durch echte Menschen ersetzen. Wir machen jetzt schon seit zwanzig Jahren Musik, aber wir haben immer noch keine Ahnung, wie wir nach einer Platte weitermachen. Nach "Da Funk" wussten wir nicht, das wir ein ganzes Album machen würden und nach unserer Debüt-Platte "Homework" wussten wir nicht, das wir unser zweites Album "Discovery" machen würden.

Das klingt etwas kokett. Ihr Werk wirkt ja doch meistens eher sehr streng durchdacht.
Thomas Bangalter: Naja, eigentlich wollen wir uns immer erstmal vor allem selbst überraschen, unsere eigenen Regeln brechen. Ich habe zum Beispiel die Soundtracks zu ziemlich extremen Filmen von Gaspar Noe - "Irreversible" und "Enter the Void" - gemacht und dann den Soundtrack für den Disney-Film "Tron: Legacy". Wir mögen Gegensätze. Und auf dem neuen Album haben wir deshalb sowohl mit Panda Bear als auch mit dem Komponisten Paul Williams zusammengearbeitet, also zwei Musikern, die man nicht unbedingt zusammen auf einem Album erwarten würde. Aber dieser Kontrast interessiert uns.

Was wollen Sie der Welt mit Ihrer selbstverordneten digitalen Diät eigentlich sagen?
Thomas Bangalter: Wir wollen mit der Platte auch die Grenzen der künstlichen Intelligenz und von digitaler Musikproduktion in Frage stellen. Einerseits klingt das Album so, als hätte es vor dem Zeitalter der elektronischen Musik gemacht werden können, auf der anderen Seite wäre das unmöglich gewesen. Wir verstecken die Maschinen auf der Platte so, wie der Regisseur Peter Jackson die Maschinen in seinen "Herr der Ringe"-Filmen versteckt. "Touch" etwa, der überhaupt nicht wie ein Song klingt, für dessen Produktion eine Menge Computer nötig sind, besteht tatsächlich aus 250 einzelnen Spuren.

Ohne Digitaltechnik sind so viele Spuren nicht kontrollierbar.

Thomas Bangalter: Eben. Ohne digitale Technik existierte "Touch" nicht. Das Album ist auch sehr vom Sampling beeinflusst, obwohl wir keine Samples, also irgendwo gefundene Sound-Schnipsel verwendet haben. Aber wir wollten die Magie, die im Sampling steckt, nachbilden.

Hatten Sie digitale Demo-Versionen von den Songs, bevor Sie mit den Musikern ins Studio gegangen sind?
Thomas Bangalter: 2008 haben wir uns zu zweit in ein Studio eingeschlossen und eine Art Blaupause des Albums aufgenommen. Von den Demo-Versionen ist auf dem fertigen Album allerdings nichts mehr zu hören. Die Kompositionen und harmonischen Strukturen auf dem Demo-Tape waren der Startpunkt. Dann haben wir die besten Session-Musiker und die besten Sänger für unsere Songs gesucht und sind mit ihnen in die besten Studios gegangen.

Die Gästeliste Ihres Album ist lang: Der Sänger der Strokes, Julian Casablancas, ist dabei, aber auch der New Yorker Avantgarde-Pop-Tüftler Panda Bear, der Pop-Revolutionär Giorgio Moroder, der Hip-Hop-Produzent und Sänger Pharell Williams, der Disco-Pionier Nile Rodgers und die House-Legende Todd Edwards. Gibt es Musiker, die nicht mitmachen wollten?
Thomas Bangalter: Nein, es sind entweder alte Bekannte von uns oder Künstler, die wir wirklich bewundern. Giorgio Moroder haben wir zum Beispiel kennengelernt, als wir am "Tron"-Soundtrack gearbeitet haben. Und Julian Casablancas kannten wir durch einen gemeinsamen Freund. Aber wir wollten auch, dass Leute wie Giorgio Moroder oder Nile Rodgers nicht vergessen werden. Wir wollten zusammen mit ihnen Musik machen, die gerade nicht angesagt ist, die wir aber selbst gerne im Radio hören würden.

Das hat zumindest mit der ersten Single "Get Lucky" ja schon mal sehr gut geklappt. Fernseh- und Festival-Spots und Plakatwände halfen kräftig. Wie stark sind Sie beide eigentlich in das Marketing des Albums involviert gewesen?
Thomas Bangalter: Sehr stark. Für uns ist das Plakat zu einem Film genauso wichtig wie der Film selbst.

Warum?
Thomas Bangalter: Weil wir das Marketing immer als eine Fortsetzung unseres kreativen Prozesses sehen. Und wir wollten für die neue Platte Aufregung erzeugen. Als es also darum ging, wie wir die Platte präsentieren wollen haben wir beschlossen einige Ideen aus der Zeit vor MTV und dem Internet aufzugreifen. Als man den Sunset Boulevard entlang fahren und das Plakat für ein neues Album von David Bowie oder Pink Floyd sehen konnte.

Die berühmteste Robo-Crew des zeitgenössischen Pop liebt die gute alte Plakatwand?

Thomas Bangalter: Unsere Vorstellungskraft spricht diese Art von physischer Präsenz einfach stärker an als Internetwerbung. Wir wollten keine Online-Banner schalten. Wir kommunizieren schließlich selbst kaum über das Internet, wir haben zum Beispiel keinen Twitter-Account. Uns gefällt die Idee, das Internet unserem Publikum zu überlassen.

Das Internet hat schließlich für so große Aufmerksamkeit für Daft Punk gesorgt, dass sich manche von der Kampagne überrollt fühlten. Stört Sie diese Kritik?
Thomas Bangalter: Wir respektieren es, wenn Leute genervt sind. Aber Filme oder TV-Serien sollten kein Monopol darauf haben, aus einer Neuveröffentlichung ein Ereignis zu machen. Wir wollten die Musik in der Mainstream-Kultur feiern. In gewisser Hinsicht wollten wir eine Art Superproduktion. Über hundert Leute haben an dieser Platte mitgearbeitet, es hat fünf Jahre gedauert, um sie fertigzustellen. Und wir wollten dieses Konzept einer großen Produktion beim Marketing weiterführen und so auch all den Leuten danken, die mitgeholfen haben. Aber wir denken nicht, das wir da etwas überreizt haben. Wir zwingen ja niemanden unsere Musik zu kaufen, wir haben kein Videos gemacht und sind nicht im Fernsehen aufgetreten. Wir haben nur sehr wenige Informationen herausgegeben, die sich dann glücklicherweise viral etwas überproportional verbreitet haben.

Was antworteten Sie, wenn man Sie fragte, was Sie bei der Arbeit an "Random Access Memories" gelernt haben?
Thomas Bangalter: Wir mussten viel recherchieren und lernen wie man Mikrofone platziert oder Overdubs erstellt. Vom "Tron"-Soundtrack abgesehen war es schließlich auch unser erstes Album, das wir nicht Zuhause, sondern in einem Studio aufgenommen haben. Aber wir mögen es, uns als Anfänger zu fühlen.

Haben Sie eigentlich jemals darüber nachgedacht, mit Kraftwerk zusammen zu arbeiten, der anderen großen Roboter-Band der Popgeschichte?
Guy-Manuel de Homem-Christo: Nein, wir arbeiten nie mit Robotern.

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