"Bild"-Geschichten im Internet sollen jetzt Geld kosten.
Das große Ding ist Storytelling, seit einiger Zeit schon. Da geht es darum, eine dröge oder knifflige Sache mit einer guten Story aufzuhübschen. Das funktioniert in der Werbung, der Politik, überall eigentlich. Das Pentagon zum Beispiel setzt bei der Ausbildung junger Soldaten Filme ein, die es in Hollywood drehen lässt und die in Anmutung von Computerspielen von Abenteuern erzählen statt von realen Krisen.
Im Journalismus gibt es große Geschichtenerzähler, immer schon, aber keiner nutzt Storytelling auch im Marketing so intensiv wie der Axel-Springer-Verlag. Krise ist knifflig, Abenteuer die bessere Geschichte, und so spielen auch am Montagabend in Berlin Kapuzenpullis und Kingsize-Betten eine Rolle, die sich Vorstandskollegen im Silicon Valley teilten, wo Bild-Chef Kai Diekmann neun Monate lang Revolutionsluft schnupperte. Auch im Konferenzraum im 19. Stock herrscht digitale Goldgräberstimmung. Es ist viel vom "Paradigmenwechsel" die Rede. Matthias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende, spricht vom Ende der "Freibierkultur" und einem Schritt, der "womöglich Bedeutung für die ganze Verlagsbranche in Deutschland" habe. Die ganze Bühne ist ein federnder Schritt, ein buzz, Krawatte trägt nur Döpfner, der Rest gefährlich weit aufgeknöpfte Hemden, die Mitte-Entsprechung des Valley-Hoodies. Damen in bildroten Kurzkleidern bedienen Aufzüge mit Ipads.
Was im 19. Stock erklärt werden muss, ist heikel, gilt der Boulevardleser doch als geizig: Deutschlands größte Tageszeitung soll im Internet kostenpflichtig werden, in Teilen jedenfalls. Was kostet, heißt: Bild Plus. Vom 11. Juni an führt Springer die Paywall ein, Diekmann ist bis dahin zurück. Anders als bei der Welt, bei der man im Netz 20 Artikel gratis lesen kann, bevor die Schranke kommt, gibt es auf Bild.de immer kostenpflichtige und kostenfreie Inhalte. Freemium-Modell heißt das im Paid-Content-Sprech. Man wolle mit einer Quote von 20 zu 80 starten, heißt es, 80 Prozent der Inhalte sind also erstmal weiter frei, Bild.de-Chef Manfred Hart sagt, dass er 50 zu 50 absehbar für realistisch hält.
Es gibt drei Monatsabos, die immer für Computer, Smartphone und Tablet gelten. Für 4,99 Euro hat der Nutzer Zugang zu allen Inhalten im Internet, für 9,99 Euro gibt es zusätzlich das Epaper der Bild, der Bild am Sonntag und aller Regionalausgaben. Für 14,99 Euro gibt es dazu noch einen Abreißblock mit Gutscheinen für den Kiosk. Wer dahin geht, aber kein Digitalabo hat, findet in Bild einen Zugangscode, der als Tagespass für Bezahlinhalte auf Bild.de gedacht ist. Für 99 Cent kann jedes Angebot einen Monat lang getestet werden.
Das "Bild"-Logo mit einem Plus steht für das neue Bezahlmodel auf bild.de.
Ein Treiber soll die Bundesliga sein, Springer hat für etwa 24 Millionen Euro für vier Jahre die Rechte erworben. Zu allen Paketen kann man den Fußball für 2,99 Euro im Monat dazubuchen. Dafür gibt es eine Stunde nach Abpfiff die Highlights als Clips in bis zu sechs Minuten Länge, Interviews, den direkten Kontakt zur Redaktion, personalisierte Tabellen. Man wolle bewusst vor dem Start der Bundesliga im Herbst BildPlus auf den Markt bringen, sagt Donata Hopfen, die als Geschäftsführerin BildDigital das Paykonzept maßgeblich verantwortet. "Wir wollen ein journalistisches Produkt etablieren", sagt sie. "Fußball ist viel, aber nicht alles, darauf allein dürfen wir uns nicht verlassen." Zwar seien 63 Prozent der Bild-Nutzer männlich, aber insgesamt nur ein Drittel fußballinteressiert. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht ein Angebot schaffen, das durch ein anderes gestützt wird, sondern eines, das einen eigenen Mehrwert hat." Vor allem muss ein Paymodell auch dann noch funktionieren, wenn die Bundesligarechte in vier Jahren womöglich wieder weg sind.
Aber was ist Mehrwert im Boulevard? Wenn die DNA von Bild ist, exklusiven Rummel zu erzeugen, birgt es eine Gefahr, hinter einer Mauer zu verschwinden. Und wenn er nicht exklusiv ist, konkurriert er mit Portalen, die den Stoff gratis anbieten. Andreas Wiele, im Vorstand zuständig für Bild, sagt, allen sei klar, dass sich etwa die Trennung eines Glamourpaares in Sekundenschnelle im Internet verbreite. Die Nachricht als solche werde auch weiter frei bleiben. Im Paybereich gebe es exklusive Interviews, Fotos oder Videos.
Dass die Zeitung im teuersten Abo enthalten ist, stärkt Print symbolisch in schweren Zeiten, aber wer geht schon zum Kiosk, wenn er die abfotografierte Version, das Epaper, bereits digital hat? Andreas Wiele schwärmt vom "Kreislauf von Print und Digital", und davon, dass BildPlus auch so etwas wie ein "Familienabo" sei. Die Zeitung ist also für Muttern. Oder fürs Album der bedrohten Arten. Einer der vielen Valley-Touristen bei Springer sagt, dass Print nicht die Zukunft sei. Digital kann ein Abo auf fünf Endgeräten genutzt werden.
Für Springer hängt viel von Paid Content ab. Die Auflage der gedruckten Bild ist innerhalb von zehn Jahren von vier Millionen auf 2,4 Millionen Stück gefallen, die teuren Fußballrechte müssen refinanziert werden, die Story von den digital natives bei Springer sich auch rechnen. Matthias Döpfner will Springer zum "führenden digitalen Medienkonzern" ausbauen, bereits heute erwirtschaftet der Verlag fast 40 Prozent seines Umsatzes im Internet. "Wir wissen, es kann auch nicht funktionieren", sagt Döpfner, der in Kalifornien auch ein Kingsize-Bett geteilt haben soll. Gibt es einen Plan B für BildPlus? Ja, sagt Döpfner. Was besagt der? "Wir versuchen es weiter."
Das große Ding ist Storytelling, seit einiger Zeit schon. Da geht es darum, eine dröge oder knifflige Sache mit einer guten Story aufzuhübschen. Das funktioniert in der Werbung, der Politik, überall eigentlich. Das Pentagon zum Beispiel setzt bei der Ausbildung junger Soldaten Filme ein, die es in Hollywood drehen lässt und die in Anmutung von Computerspielen von Abenteuern erzählen statt von realen Krisen.
Im Journalismus gibt es große Geschichtenerzähler, immer schon, aber keiner nutzt Storytelling auch im Marketing so intensiv wie der Axel-Springer-Verlag. Krise ist knifflig, Abenteuer die bessere Geschichte, und so spielen auch am Montagabend in Berlin Kapuzenpullis und Kingsize-Betten eine Rolle, die sich Vorstandskollegen im Silicon Valley teilten, wo Bild-Chef Kai Diekmann neun Monate lang Revolutionsluft schnupperte. Auch im Konferenzraum im 19. Stock herrscht digitale Goldgräberstimmung. Es ist viel vom "Paradigmenwechsel" die Rede. Matthias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende, spricht vom Ende der "Freibierkultur" und einem Schritt, der "womöglich Bedeutung für die ganze Verlagsbranche in Deutschland" habe. Die ganze Bühne ist ein federnder Schritt, ein buzz, Krawatte trägt nur Döpfner, der Rest gefährlich weit aufgeknöpfte Hemden, die Mitte-Entsprechung des Valley-Hoodies. Damen in bildroten Kurzkleidern bedienen Aufzüge mit Ipads.
Was im 19. Stock erklärt werden muss, ist heikel, gilt der Boulevardleser doch als geizig: Deutschlands größte Tageszeitung soll im Internet kostenpflichtig werden, in Teilen jedenfalls. Was kostet, heißt: Bild Plus. Vom 11. Juni an führt Springer die Paywall ein, Diekmann ist bis dahin zurück. Anders als bei der Welt, bei der man im Netz 20 Artikel gratis lesen kann, bevor die Schranke kommt, gibt es auf Bild.de immer kostenpflichtige und kostenfreie Inhalte. Freemium-Modell heißt das im Paid-Content-Sprech. Man wolle mit einer Quote von 20 zu 80 starten, heißt es, 80 Prozent der Inhalte sind also erstmal weiter frei, Bild.de-Chef Manfred Hart sagt, dass er 50 zu 50 absehbar für realistisch hält.
Es gibt drei Monatsabos, die immer für Computer, Smartphone und Tablet gelten. Für 4,99 Euro hat der Nutzer Zugang zu allen Inhalten im Internet, für 9,99 Euro gibt es zusätzlich das Epaper der Bild, der Bild am Sonntag und aller Regionalausgaben. Für 14,99 Euro gibt es dazu noch einen Abreißblock mit Gutscheinen für den Kiosk. Wer dahin geht, aber kein Digitalabo hat, findet in Bild einen Zugangscode, der als Tagespass für Bezahlinhalte auf Bild.de gedacht ist. Für 99 Cent kann jedes Angebot einen Monat lang getestet werden.
Das "Bild"-Logo mit einem Plus steht für das neue Bezahlmodel auf bild.de.
Ein Treiber soll die Bundesliga sein, Springer hat für etwa 24 Millionen Euro für vier Jahre die Rechte erworben. Zu allen Paketen kann man den Fußball für 2,99 Euro im Monat dazubuchen. Dafür gibt es eine Stunde nach Abpfiff die Highlights als Clips in bis zu sechs Minuten Länge, Interviews, den direkten Kontakt zur Redaktion, personalisierte Tabellen. Man wolle bewusst vor dem Start der Bundesliga im Herbst BildPlus auf den Markt bringen, sagt Donata Hopfen, die als Geschäftsführerin BildDigital das Paykonzept maßgeblich verantwortet. "Wir wollen ein journalistisches Produkt etablieren", sagt sie. "Fußball ist viel, aber nicht alles, darauf allein dürfen wir uns nicht verlassen." Zwar seien 63 Prozent der Bild-Nutzer männlich, aber insgesamt nur ein Drittel fußballinteressiert. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht ein Angebot schaffen, das durch ein anderes gestützt wird, sondern eines, das einen eigenen Mehrwert hat." Vor allem muss ein Paymodell auch dann noch funktionieren, wenn die Bundesligarechte in vier Jahren womöglich wieder weg sind.
Aber was ist Mehrwert im Boulevard? Wenn die DNA von Bild ist, exklusiven Rummel zu erzeugen, birgt es eine Gefahr, hinter einer Mauer zu verschwinden. Und wenn er nicht exklusiv ist, konkurriert er mit Portalen, die den Stoff gratis anbieten. Andreas Wiele, im Vorstand zuständig für Bild, sagt, allen sei klar, dass sich etwa die Trennung eines Glamourpaares in Sekundenschnelle im Internet verbreite. Die Nachricht als solche werde auch weiter frei bleiben. Im Paybereich gebe es exklusive Interviews, Fotos oder Videos.
Dass die Zeitung im teuersten Abo enthalten ist, stärkt Print symbolisch in schweren Zeiten, aber wer geht schon zum Kiosk, wenn er die abfotografierte Version, das Epaper, bereits digital hat? Andreas Wiele schwärmt vom "Kreislauf von Print und Digital", und davon, dass BildPlus auch so etwas wie ein "Familienabo" sei. Die Zeitung ist also für Muttern. Oder fürs Album der bedrohten Arten. Einer der vielen Valley-Touristen bei Springer sagt, dass Print nicht die Zukunft sei. Digital kann ein Abo auf fünf Endgeräten genutzt werden.
Für Springer hängt viel von Paid Content ab. Die Auflage der gedruckten Bild ist innerhalb von zehn Jahren von vier Millionen auf 2,4 Millionen Stück gefallen, die teuren Fußballrechte müssen refinanziert werden, die Story von den digital natives bei Springer sich auch rechnen. Matthias Döpfner will Springer zum "führenden digitalen Medienkonzern" ausbauen, bereits heute erwirtschaftet der Verlag fast 40 Prozent seines Umsatzes im Internet. "Wir wissen, es kann auch nicht funktionieren", sagt Döpfner, der in Kalifornien auch ein Kingsize-Bett geteilt haben soll. Gibt es einen Plan B für BildPlus? Ja, sagt Döpfner. Was besagt der? "Wir versuchen es weiter."