Französische Demonstranten vergleichen ihren Schwulenhass nun mit ihrem Widerstand gegen Deutschland und Italien im Zweiten Weltkrieg.
Der Stundenplan des Lycée Buffon im Pariser 15. Arrondissement sah für den vergangenen Montag eine "Commémoration" vor, eine Gedenkfeier. Vor siebzig Jahren wurde der Conseil National de la Résistance gegründet, der Nationale Widerstandsrat gegen die deutschen Besatzer. Also neun bis elf Uhr, Klassenraum der letzten Grundschulstufe, Gäste: Staatschef François Hollande, acht Résistance-Veteranen, der Bildungsminister.
Buffon ist nicht irgendein Lycée, sondern eine Wiege der Widerstandsbewegung. Fünf Buffon-Schüler wurden 1943 erschossen ("Märtyrer von Buffon"), von hier aus machte sich bereits im November 1940 ein patriotischer Demonstrationszug auf den Weg zum Grab des Unbekannten Soldaten.
Doch die Gedenkfeier am Montag geriet zu dem, woraus François Hollandes politischer Alltag neuerdings zu bestehen scheint - zu einer Zankveranstaltung. Vor der Schule versammelten sich mehrere Dutzend Demonstranten der Bewegung "Manif pour tous" (Demo für alle), die sich auf keinen Fall mit dem Homo-Ehe-Gesetz abfinden wollen. Offenbar haben sie beschlossen, den Präsidenten bei jedem Termin zu begleiten, von dem sie Wind bekommen (Anlass egal), um dabei gegen Schwule zu protestieren.
Bei einem Aufmarsch der homophoben Protestbewegung "Manif pour tous" am 26. Mai kam es zu Ausschreitungen.
"Manif pour tous" ist, wie der Name schon sagt, für ziemlich jeden offen. Auch für eine Bewegung namens "Der französische Frühling", die dem Staatschef wohl besonders auf den Keks geht. Der französische Frühling bezieht sich eigentlich auf den arabischen Frühling, beschwört aber auch gerne die französische Vergangenheit. Kürzlich hat der französische Frühling zur "Résistance" gegen die Homo-Ehe aufgerufen. Die politischen Kräfte, die hinter dem Gesetz stünden, seien alle "collabos". Kollaborateure.
Da es in Frankreich bereits einige Gruppen gibt, die sich als Erben der Résistance sehen - sie kämpfen hauptsächlich gegen Halal-Würstchen und Moscheen -, sah sich Präsident Hollande nun gezwungen, dieser inflationären Geschichtsbesinnung einen Riegel vorzuschieben. "Worte haben immer einen Sinn", sagte er in die Mikros, die ihm, anders als die Manif-Demonstranten, in das Schulgebäude folgen durften. "Man muss ihre Bedeutung beachten. Keiner hat das Recht, diese Worte zu benutzen, um heute seine Ideen zu verteidigen - wenn man das Ideen nennen kann."
Danach klang es nach einer Geschichtsstunde für die letzte Grundschulstufe: "La Résistance, das bezog sich auf den Nazismus, auf die Besatzung. Die Kollaborateure, das waren die Franzosen, die an der Seite des Besatzers standen. Und der Faschismus, der Nazismus, die Diktatur, das ist eine Epoche, die glücklicherweise längst vergangen ist."
Schwer vorstellbar, was passieren würde, wenn in München die Initiative Ausländerstopp mal auf die Idee käme, sich auf die Weiße Rose zu besinnen. In Frankreich ist nun viel los, Hollande muss sich gegen den Vorwurf verteidigen, er sei ein Sprachdiktator. Ein Internetleser von Le Monde schreibt: "Wenn die Macht die Bedeutung von Worten kontrollieren will - das ist Faschismus."
"Dieser arme Hollande sieht sich als Meister des Wortes", schreibt ein anderer Leser. "Er hat sich zur Mission gemacht, den Wortschatz seinen Gedanken anzupassen, um diese uns aufzuzwingen. (. . .) Die Schwulen sind Lämmer, und ihre Gegner sind lauter Identitätsneurotiker, Extremisten, Faschisten. Geht es so weiter, müsste man alle Worte verbieten, die er hasst: Reichtum, Finanzen, Opposition, Sarkozy. Bald wird la France in la Hollande umbenannt."
Der Stundenplan des Lycée Buffon im Pariser 15. Arrondissement sah für den vergangenen Montag eine "Commémoration" vor, eine Gedenkfeier. Vor siebzig Jahren wurde der Conseil National de la Résistance gegründet, der Nationale Widerstandsrat gegen die deutschen Besatzer. Also neun bis elf Uhr, Klassenraum der letzten Grundschulstufe, Gäste: Staatschef François Hollande, acht Résistance-Veteranen, der Bildungsminister.
Buffon ist nicht irgendein Lycée, sondern eine Wiege der Widerstandsbewegung. Fünf Buffon-Schüler wurden 1943 erschossen ("Märtyrer von Buffon"), von hier aus machte sich bereits im November 1940 ein patriotischer Demonstrationszug auf den Weg zum Grab des Unbekannten Soldaten.
Doch die Gedenkfeier am Montag geriet zu dem, woraus François Hollandes politischer Alltag neuerdings zu bestehen scheint - zu einer Zankveranstaltung. Vor der Schule versammelten sich mehrere Dutzend Demonstranten der Bewegung "Manif pour tous" (Demo für alle), die sich auf keinen Fall mit dem Homo-Ehe-Gesetz abfinden wollen. Offenbar haben sie beschlossen, den Präsidenten bei jedem Termin zu begleiten, von dem sie Wind bekommen (Anlass egal), um dabei gegen Schwule zu protestieren.
Bei einem Aufmarsch der homophoben Protestbewegung "Manif pour tous" am 26. Mai kam es zu Ausschreitungen.
"Manif pour tous" ist, wie der Name schon sagt, für ziemlich jeden offen. Auch für eine Bewegung namens "Der französische Frühling", die dem Staatschef wohl besonders auf den Keks geht. Der französische Frühling bezieht sich eigentlich auf den arabischen Frühling, beschwört aber auch gerne die französische Vergangenheit. Kürzlich hat der französische Frühling zur "Résistance" gegen die Homo-Ehe aufgerufen. Die politischen Kräfte, die hinter dem Gesetz stünden, seien alle "collabos". Kollaborateure.
Da es in Frankreich bereits einige Gruppen gibt, die sich als Erben der Résistance sehen - sie kämpfen hauptsächlich gegen Halal-Würstchen und Moscheen -, sah sich Präsident Hollande nun gezwungen, dieser inflationären Geschichtsbesinnung einen Riegel vorzuschieben. "Worte haben immer einen Sinn", sagte er in die Mikros, die ihm, anders als die Manif-Demonstranten, in das Schulgebäude folgen durften. "Man muss ihre Bedeutung beachten. Keiner hat das Recht, diese Worte zu benutzen, um heute seine Ideen zu verteidigen - wenn man das Ideen nennen kann."
Danach klang es nach einer Geschichtsstunde für die letzte Grundschulstufe: "La Résistance, das bezog sich auf den Nazismus, auf die Besatzung. Die Kollaborateure, das waren die Franzosen, die an der Seite des Besatzers standen. Und der Faschismus, der Nazismus, die Diktatur, das ist eine Epoche, die glücklicherweise längst vergangen ist."
Schwer vorstellbar, was passieren würde, wenn in München die Initiative Ausländerstopp mal auf die Idee käme, sich auf die Weiße Rose zu besinnen. In Frankreich ist nun viel los, Hollande muss sich gegen den Vorwurf verteidigen, er sei ein Sprachdiktator. Ein Internetleser von Le Monde schreibt: "Wenn die Macht die Bedeutung von Worten kontrollieren will - das ist Faschismus."
"Dieser arme Hollande sieht sich als Meister des Wortes", schreibt ein anderer Leser. "Er hat sich zur Mission gemacht, den Wortschatz seinen Gedanken anzupassen, um diese uns aufzuzwingen. (. . .) Die Schwulen sind Lämmer, und ihre Gegner sind lauter Identitätsneurotiker, Extremisten, Faschisten. Geht es so weiter, müsste man alle Worte verbieten, die er hasst: Reichtum, Finanzen, Opposition, Sarkozy. Bald wird la France in la Hollande umbenannt."