Der scheidende Trainer Jupp Heynckes kann sich der Komplimente kaum erwehren, gibt aber weiter Rätsel auf. Erst am Dienstag will er sich zu seiner Zukunft äußern.
Früher, lange vor der Erfindung der Digitalfotografie, wäre es die klassische Situation für den Maler am Hofe gewesen. Drei Männer, verschränkt, die Arme einander um die Schultern geschlungen. Bleiben Sie doch mal bitte so stehen! Drei, vier, fünf, sechs, sieben Tage lang, so lange eben, bis aus der Situation ein Gemälde geworden ist. Ein Augenblick, festgehalten für die Ewigkeit. Die drei Männer auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions verharrten jedoch nur für Sekunden. Für viele Fotografen standen sie zu kurz Modell. Viele verpassten diesen Moment der Ruhe, der zum Bild des Abends wurde.
Dass es durchaus ein bisschen altertümlich zuging am Samstag nach dem 3:2-Pokalsieg des FC Bayern über den VfBStuttgart, war auch aus den Formulierungen von Matthias Sammer abzuleiten. Ungefähr in jenem Moment, in dem Jupp Heynckes, Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger zur Troika verschmolzen, hielt Sammer beim Fernsehsender Sky ein Kurzreferat. Inhalt: Die Aura des Trainers Heynckes und dessen Talent zum Guru. 'Was ich für sehr wichtig erachte', setzte Sammer an, der als Sportvorstand des FC Bayern der Vorgesetzte von Heynckes war, 'ist erstens, dass er jetzt Gott sei dank die Anerkennung bekommt, von der ich immer gespürt habe, dass er sie gerne hätte. Und zweitens, dass ich profitiert habe von ihm: eine gewisse Weisheit und Gelassenheit in der Führung - das hat mir sehr gut getan.'
Viele Bilder überlagerten sich an diesem Abend. Große und kleine Szenen, bedeutungsschwere und beiläufige. Dass Meister Heynckes, 68, dem Schüler Sammer, 45, noch immer mit einer gewissen Reserviertheit begegnet, war kurz zu beobachten, als der Abpfiff ertönte. Sammer war der erste Gratulant, eine kurze Umarmung, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wie schwer es den beiden gefallen war, sich zusammenzuraufen, war eine der großen Münchner Geschichten dieser Saison. Sammer hatte sein Amt erst kurz vor Saisonstart übernommen, als Konsequenz aus der Niederlage im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea. Er kiebitzte zunächst permanent beim Training, Heynckes fühlte sich unangenehm beobachtet, man stritt, man raufte sich zusammen, man steckte Grenzen und Kompetenzen ab, blieb aber stets auf Distanz. Doch niemand, der in den FC Bayern hineinhorcht, der den Spielern zuhört, bezweifelt heute noch, dass aus der Reibung eine Energiequelle wurde. Dass sich aus dieser Gegensätzlichkeit, hier Heynckes, der Ex-Stürmer vom Niederrhein, dort Sammer, der Ex-Regisseur aus Dresden, Stuttgart, Dortmund, zentrale Impulse ergaben. Und dass dies wesentlich dazu beitrug, dass Heynckes, Lahm und Schweinsteiger am Ende, quasi als Abschlussbild einer strapaziösen, in jeder Hinsicht historischen Saison, zum Gruppenbild zusammenfanden. Als Projektionsfläche der großen Gefühle.
Drei Männer, die oft über sich lesen mussten, ja, gut, schön, aber was bleibt denn unterm Strich? Finale erreicht, Finale vergeigt! Lahm und Schweinsteiger galten bereits als Hauptdarsteller einer Generation der Verlierer, weil die Spiele im Fußball so inflationär geworden sind, dass Krämerseelen nur noch Titel zählen. 2010 das Champions-League-Finale verloren gegen Inter Mailand, 2012 gegen Chelsea - und in der Nationalelf standen immer wieder die Spanier quer. Doch was taten die beiden? Sie verharrten kurz, doch sie resignierten nie. Schweinsteiger spielte weiter seine hunderttausend Druck- und Verlagerungspässe im zentralen Mittelfeld. Und Lahm wetzte die rechte Außenlinie rauf und runter, machte Kilometer auf Kilometer, stets die Angst im Nacken, dass all die Mühsal umsonst sein, dass es am Ende doch wieder schief gehen könne. Sisyphos hatte es gegen diese beiden einst vergleichsweise leicht mit seinem Stein am Berg.
'Wir haben uns für alles belohnt, was wir uns in den letzten Jahren erarbeitet haben', stellte Lahm in Berlin fest, und auch Schweinsteiger kam schnell auf den späten Lohn der Fron zu sprechen: 'Viele erwarten sehr viel von uns. Wir auch von uns selber. Aber das dann auch zu schaffen, kostet sehr viel mentale Kraft. Deshalb sind wir nicht nur erleichtert, sondern auch stolz, dass wir das geschafft haben.'
Berlin war allerdings nur noch der Nachschlag, richtig schwer war auch der Gewinn der Meisterschaft nicht, schwer war es eine Woche zuvor in London gewesen, im dritten Champions-League-Finale des FC Bayern seit 2010. Wo die psychische Hürde unglaublich hoch lag, wo Versagensängste plagten, zumal gegen Borussia Dortmund, den Rivalen aus der eigenen Liga. Wo die alten Bilder plötzlich im Kopf auftauchten wie ein schlechter Film, beispielsweise von Schweinsteigers Fehlversuch im Elfmeterschießen gegen Chelsea im Jahr zuvor. In letzter Sekunde war damals alles an einem Torpfosten zerschellt.
All das scheint überwunden zu sein. Jenen, die von der Generation der Verlierer sprachen, wurde am Sonntagnachmittag auf dem Münchner Rathausbalkon reichlich Silberware präsentiert. Wer versuchen würde, alle drei Trophäen, Meisterschale, Europacup und DFB-Pokal, aufeinander zu stapeln, der könnte, mit ein wenig Geschick, locker einen kompletten Philipp Lahm dahinter verstecken. Drei Trophäen als Beleg für den größten Erfolg, den je ein deutscher Bundesligist erreicht hat. Der kaum zu wiederholen sein wird, der jedoch weiterhin ein Geheimnis offen lässt: Was wird jetzt aus Jupp Heynckes?
'Jupp!, Jupp!, Jupp!' - im Stakkato hatten die Fans ihn nach Abpfiff vor ihre Kurve zitiert. Heynckes ging für die Welle tief in die Knie; er ließ sich von seinen Spielern hoch in die Luft werfen, gerade so, als wolle er aller Welt beweisen: Der Jupp ist fit!
Das Pokalfinale zuvor hatte er gecoacht wie ein Karajan im Aerobic-Kurs. Fingerzeig hier, Fingerzeig dort, Hände in die Tasche, Hände aus der Tasche, Drehung um die eigene Achse. Immer hektischer rotierend, je mehr der trügerische 3:0-Vorsprung nach Toren von Thomas Müller (37., Elfmeter) und Mario Gomez (48. und 61.) auf 3:2 zusammenschmolz. Dieses eine Tor Vorsprung, das galt es über die Zeit zu retten. Und Heynckes, der Fuchtel-Karajan, stand plötzlich auf dem Platz. Nicht einmal der vierte Schiedsrichter, die sonst so strenge Ordnungsmacht, wagte es, ihn energisch zurück in sein Revier, die Coaching-Zone, zu verweisen. Alle wussten es ja, es sollte sein letztes Spiel sein, nach über 1000 allein in der Bundesliga als Spieler und als Trainer. Oder doch nicht?
Vorbei ist es erst, wenn es vorbei ist. Wann das sein wird, will Heynckes ganz allein entscheiden. Eine letzte, demonstrative Reaktion darauf, dass die Bayern im Winter verfügt hatten, wann es für ihn vorbei sein soll. Dass Pep Guardiola als sein Nachfolger kommen wird. Heynckes hatte gefragt werden wollen, auch wenn er das nie so eindeutig formuliert hatte. Und allzu gerne, das wurde in der Folge deutlich, wäre er geblieben. Nun nimmt er sich das letzte Wort, macht es zu seiner eigenen Inszenierung: 'Ich habe mich entschlossen, am Dienstag eine Pressekonferenz zu geben, um mich von den Münchner Journalisten zu verabschieden. Dabei wäre ich auch Näheres zu meiner Zukunft sagen.'
Rente jetzt, mit 68? Oder vielleicht doch erst mit 69, denn seit Wochen geistert auf dem internationalen Transfermarkt das Gerücht, Heynckes könne doch einer Offerte von Real Madrid erliegen. Dort gibt es nach dem Abschied von José Mourinho eine Vakanz, aber will er wirklich noch einmal zurück zu jenem Klub, der 1998, einen Tag nach dem Gewinn der Champions League, an ihm die Kündigung vollzog?
Einerseits kann ein Trainer nicht mehr Schmuck einsammeln, als Heynckes in dieser Saison gehortet hat. Andererseits funktionieren Fußall-Charaktere wie er bisweilen nach simplen, ritterlichen Kriterien: Wo Rechnungen offen sind, müssen sie beglichen werden. Madrid hat er nie vergessen. Einerseits, denkt man, sollte Heynckes aufhören, andererseits würde der Zunft sehr viel Knowhow verloren gehen. Heynckes hält sich weiterhin für extrem belastbar, würde wohl gerne weitermachen, ahnt aber, dass er eine solche Elf wie derzeit beim FC Bayern niemals mehr wiederbekommen dürfte. Zudem ist 68 ein Alter, in dem sich kaum mehr Aufbauarbeit leisten lässt. Man sucht ein fertiges Ensemble.
In Kenntnis all dessen hat der FCBayern ein Angebot erneuert, das Heynckes im Frühjahr, kurz nach Verkündung der Verpflichtung Guardiolas, brüsk zurückgewiesen hatte. 'Du hast eine Carte blanche beim FC Bayern', wiederholte Vorstand Karl-Heinz Rummenigge in der Berliner Nacht in seiner Bankettrede: 'Was auch immer du vorhast in der Zukunft: Wir werden für dich immer eine Tür offen halten - nicht nur wegen deiner Erfolge, sondern wegen deiner Menschlichkeit.'
Als Kronzeuge in humanitären Fragen trat zu guter Letzt auch Franck Ribéry auf: 'Ich sage zu ihm Chapeau! Das hat er sehr gut gemacht. Er ist 68, aber er ist jung, ich bin so glücklich für ihn.'
68 ist jung, gewiss, aber wenn Heynckes nicht aufpasst, hängt er bald doch im Museum. Bei den Alten Meistern, in dieser heroischen Umarmung mit Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm. Man müsste dieses Bild dazu wohl nur ein bisschen digital bearbeiten. Besser aber, man lässt es einfach wie es ist. Schreibt 'Ohne Titel!' drunter und tapeziert damit die ganze Stadt.
Früher, lange vor der Erfindung der Digitalfotografie, wäre es die klassische Situation für den Maler am Hofe gewesen. Drei Männer, verschränkt, die Arme einander um die Schultern geschlungen. Bleiben Sie doch mal bitte so stehen! Drei, vier, fünf, sechs, sieben Tage lang, so lange eben, bis aus der Situation ein Gemälde geworden ist. Ein Augenblick, festgehalten für die Ewigkeit. Die drei Männer auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions verharrten jedoch nur für Sekunden. Für viele Fotografen standen sie zu kurz Modell. Viele verpassten diesen Moment der Ruhe, der zum Bild des Abends wurde.
Dass es durchaus ein bisschen altertümlich zuging am Samstag nach dem 3:2-Pokalsieg des FC Bayern über den VfBStuttgart, war auch aus den Formulierungen von Matthias Sammer abzuleiten. Ungefähr in jenem Moment, in dem Jupp Heynckes, Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger zur Troika verschmolzen, hielt Sammer beim Fernsehsender Sky ein Kurzreferat. Inhalt: Die Aura des Trainers Heynckes und dessen Talent zum Guru. 'Was ich für sehr wichtig erachte', setzte Sammer an, der als Sportvorstand des FC Bayern der Vorgesetzte von Heynckes war, 'ist erstens, dass er jetzt Gott sei dank die Anerkennung bekommt, von der ich immer gespürt habe, dass er sie gerne hätte. Und zweitens, dass ich profitiert habe von ihm: eine gewisse Weisheit und Gelassenheit in der Führung - das hat mir sehr gut getan.'
Viele Bilder überlagerten sich an diesem Abend. Große und kleine Szenen, bedeutungsschwere und beiläufige. Dass Meister Heynckes, 68, dem Schüler Sammer, 45, noch immer mit einer gewissen Reserviertheit begegnet, war kurz zu beobachten, als der Abpfiff ertönte. Sammer war der erste Gratulant, eine kurze Umarmung, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wie schwer es den beiden gefallen war, sich zusammenzuraufen, war eine der großen Münchner Geschichten dieser Saison. Sammer hatte sein Amt erst kurz vor Saisonstart übernommen, als Konsequenz aus der Niederlage im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea. Er kiebitzte zunächst permanent beim Training, Heynckes fühlte sich unangenehm beobachtet, man stritt, man raufte sich zusammen, man steckte Grenzen und Kompetenzen ab, blieb aber stets auf Distanz. Doch niemand, der in den FC Bayern hineinhorcht, der den Spielern zuhört, bezweifelt heute noch, dass aus der Reibung eine Energiequelle wurde. Dass sich aus dieser Gegensätzlichkeit, hier Heynckes, der Ex-Stürmer vom Niederrhein, dort Sammer, der Ex-Regisseur aus Dresden, Stuttgart, Dortmund, zentrale Impulse ergaben. Und dass dies wesentlich dazu beitrug, dass Heynckes, Lahm und Schweinsteiger am Ende, quasi als Abschlussbild einer strapaziösen, in jeder Hinsicht historischen Saison, zum Gruppenbild zusammenfanden. Als Projektionsfläche der großen Gefühle.
Drei Männer, die oft über sich lesen mussten, ja, gut, schön, aber was bleibt denn unterm Strich? Finale erreicht, Finale vergeigt! Lahm und Schweinsteiger galten bereits als Hauptdarsteller einer Generation der Verlierer, weil die Spiele im Fußball so inflationär geworden sind, dass Krämerseelen nur noch Titel zählen. 2010 das Champions-League-Finale verloren gegen Inter Mailand, 2012 gegen Chelsea - und in der Nationalelf standen immer wieder die Spanier quer. Doch was taten die beiden? Sie verharrten kurz, doch sie resignierten nie. Schweinsteiger spielte weiter seine hunderttausend Druck- und Verlagerungspässe im zentralen Mittelfeld. Und Lahm wetzte die rechte Außenlinie rauf und runter, machte Kilometer auf Kilometer, stets die Angst im Nacken, dass all die Mühsal umsonst sein, dass es am Ende doch wieder schief gehen könne. Sisyphos hatte es gegen diese beiden einst vergleichsweise leicht mit seinem Stein am Berg.
'Wir haben uns für alles belohnt, was wir uns in den letzten Jahren erarbeitet haben', stellte Lahm in Berlin fest, und auch Schweinsteiger kam schnell auf den späten Lohn der Fron zu sprechen: 'Viele erwarten sehr viel von uns. Wir auch von uns selber. Aber das dann auch zu schaffen, kostet sehr viel mentale Kraft. Deshalb sind wir nicht nur erleichtert, sondern auch stolz, dass wir das geschafft haben.'
Berlin war allerdings nur noch der Nachschlag, richtig schwer war auch der Gewinn der Meisterschaft nicht, schwer war es eine Woche zuvor in London gewesen, im dritten Champions-League-Finale des FC Bayern seit 2010. Wo die psychische Hürde unglaublich hoch lag, wo Versagensängste plagten, zumal gegen Borussia Dortmund, den Rivalen aus der eigenen Liga. Wo die alten Bilder plötzlich im Kopf auftauchten wie ein schlechter Film, beispielsweise von Schweinsteigers Fehlversuch im Elfmeterschießen gegen Chelsea im Jahr zuvor. In letzter Sekunde war damals alles an einem Torpfosten zerschellt.
All das scheint überwunden zu sein. Jenen, die von der Generation der Verlierer sprachen, wurde am Sonntagnachmittag auf dem Münchner Rathausbalkon reichlich Silberware präsentiert. Wer versuchen würde, alle drei Trophäen, Meisterschale, Europacup und DFB-Pokal, aufeinander zu stapeln, der könnte, mit ein wenig Geschick, locker einen kompletten Philipp Lahm dahinter verstecken. Drei Trophäen als Beleg für den größten Erfolg, den je ein deutscher Bundesligist erreicht hat. Der kaum zu wiederholen sein wird, der jedoch weiterhin ein Geheimnis offen lässt: Was wird jetzt aus Jupp Heynckes?
'Jupp!, Jupp!, Jupp!' - im Stakkato hatten die Fans ihn nach Abpfiff vor ihre Kurve zitiert. Heynckes ging für die Welle tief in die Knie; er ließ sich von seinen Spielern hoch in die Luft werfen, gerade so, als wolle er aller Welt beweisen: Der Jupp ist fit!
Das Pokalfinale zuvor hatte er gecoacht wie ein Karajan im Aerobic-Kurs. Fingerzeig hier, Fingerzeig dort, Hände in die Tasche, Hände aus der Tasche, Drehung um die eigene Achse. Immer hektischer rotierend, je mehr der trügerische 3:0-Vorsprung nach Toren von Thomas Müller (37., Elfmeter) und Mario Gomez (48. und 61.) auf 3:2 zusammenschmolz. Dieses eine Tor Vorsprung, das galt es über die Zeit zu retten. Und Heynckes, der Fuchtel-Karajan, stand plötzlich auf dem Platz. Nicht einmal der vierte Schiedsrichter, die sonst so strenge Ordnungsmacht, wagte es, ihn energisch zurück in sein Revier, die Coaching-Zone, zu verweisen. Alle wussten es ja, es sollte sein letztes Spiel sein, nach über 1000 allein in der Bundesliga als Spieler und als Trainer. Oder doch nicht?
Vorbei ist es erst, wenn es vorbei ist. Wann das sein wird, will Heynckes ganz allein entscheiden. Eine letzte, demonstrative Reaktion darauf, dass die Bayern im Winter verfügt hatten, wann es für ihn vorbei sein soll. Dass Pep Guardiola als sein Nachfolger kommen wird. Heynckes hatte gefragt werden wollen, auch wenn er das nie so eindeutig formuliert hatte. Und allzu gerne, das wurde in der Folge deutlich, wäre er geblieben. Nun nimmt er sich das letzte Wort, macht es zu seiner eigenen Inszenierung: 'Ich habe mich entschlossen, am Dienstag eine Pressekonferenz zu geben, um mich von den Münchner Journalisten zu verabschieden. Dabei wäre ich auch Näheres zu meiner Zukunft sagen.'
Rente jetzt, mit 68? Oder vielleicht doch erst mit 69, denn seit Wochen geistert auf dem internationalen Transfermarkt das Gerücht, Heynckes könne doch einer Offerte von Real Madrid erliegen. Dort gibt es nach dem Abschied von José Mourinho eine Vakanz, aber will er wirklich noch einmal zurück zu jenem Klub, der 1998, einen Tag nach dem Gewinn der Champions League, an ihm die Kündigung vollzog?
Einerseits kann ein Trainer nicht mehr Schmuck einsammeln, als Heynckes in dieser Saison gehortet hat. Andererseits funktionieren Fußall-Charaktere wie er bisweilen nach simplen, ritterlichen Kriterien: Wo Rechnungen offen sind, müssen sie beglichen werden. Madrid hat er nie vergessen. Einerseits, denkt man, sollte Heynckes aufhören, andererseits würde der Zunft sehr viel Knowhow verloren gehen. Heynckes hält sich weiterhin für extrem belastbar, würde wohl gerne weitermachen, ahnt aber, dass er eine solche Elf wie derzeit beim FC Bayern niemals mehr wiederbekommen dürfte. Zudem ist 68 ein Alter, in dem sich kaum mehr Aufbauarbeit leisten lässt. Man sucht ein fertiges Ensemble.
In Kenntnis all dessen hat der FCBayern ein Angebot erneuert, das Heynckes im Frühjahr, kurz nach Verkündung der Verpflichtung Guardiolas, brüsk zurückgewiesen hatte. 'Du hast eine Carte blanche beim FC Bayern', wiederholte Vorstand Karl-Heinz Rummenigge in der Berliner Nacht in seiner Bankettrede: 'Was auch immer du vorhast in der Zukunft: Wir werden für dich immer eine Tür offen halten - nicht nur wegen deiner Erfolge, sondern wegen deiner Menschlichkeit.'
Als Kronzeuge in humanitären Fragen trat zu guter Letzt auch Franck Ribéry auf: 'Ich sage zu ihm Chapeau! Das hat er sehr gut gemacht. Er ist 68, aber er ist jung, ich bin so glücklich für ihn.'
68 ist jung, gewiss, aber wenn Heynckes nicht aufpasst, hängt er bald doch im Museum. Bei den Alten Meistern, in dieser heroischen Umarmung mit Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm. Man müsste dieses Bild dazu wohl nur ein bisschen digital bearbeiten. Besser aber, man lässt es einfach wie es ist. Schreibt 'Ohne Titel!' drunter und tapeziert damit die ganze Stadt.