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Freispruch mit Zündstoff

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Der wegen Mordes an dem schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin angeklagte George Zimmerman ist von einem Gericht in Florida für nicht schuldig befunden worden. Das Urteil löst eine neue Rassismus-Debatte in den USA aus

Manche hatten vorausgesagt, dass es landesweit zu Unruhen kommen werde nach einem Freispruch, aber die Jury ließ sich nicht beirren. Nachdem sie 16 Stunden und 20 Minuten beraten hatten, kehrten die Geschworenen in den Gerichtssaal zurück mit ihrem Urteil: Der Angeklagte George Zimmerman, der im Februar 2012 einen schwarzen Teenager erschossen hatte, ist nicht schuldig - weder des Mordes, wie von der Anklage behauptet, noch des Totschlags. Die sechs weiblichen Geschworenen wirkten ziemlich erschöpft, aber ihre Entscheidung war einstimmig.

So endet ein Kriminalfall, der gewöhnlich begann, aber schnell zum Symbol wurde: für die Diskriminierung der Schwarzen in Amerika, für Selbstjustiz, für Waffengewalt. Das Opfer, der damals 17 Jahre alte schwarze Schüler Trayvon Martin, ging in der Tatnacht friedlich die Straße entlang, er besuchte eine Bekannte in dem umzäunten Wohnviertel in Sanford, Florida, und hatte gerade Süßigkeiten gekauft. Es regnete, er hatte die Kapuze seines Pullovers hochgezogen. Er war unbewaffnet.





Zimmerman, damals 28, Sohn eines Weißen und einer Latina, war Mitglied der Bürgerwehr und hielt Martin ohne weitere Anhaltspunkte für verdächtig. Obwohl ihm die Polizei am Telefon davon abriet, folgte er Martin und stellte ihn. Es folgte eine Schlägerei, an deren Ende Zimmerman seinem Gegner mit einer Neun-Millimeter-Pistole ins Herz schoss.

Die Staatsanwaltschaft hatte Zimmerman als Möchtegern-Sheriff beschrieben, der süchtig gewesen sei nach Anerkennung und jene gehasst habe, die er für kriminelle Eindringlinge hielt. Er habe nicht aus Notwehr gehandelt, sondern Martin töten wollen. Aber es ist nicht gelungen, die Jury von der Mord-Anklage zu überzeugen.

Trotz aufwendiger Versuche den Ablauf der Tat vor Gericht zu rekonstruieren, blieben wichtige Fragen unbeantwortet. Unklar war zum Beispiel, wer beim Faustkampf über wem kniete, wer also in der körperlichen Auseinandersetzung überlegen war. Zimmerman behauptete, er sei am Boden gelegen, während Martin ihn misshandelt habe; nur mit seiner Waffe habe er größere Gefahr für Leben und Gesundheit abwenden können. Der Anklage gelang es nicht, diese Version jenseits aller vernünftigen Zweifel zu widerlegen. Die meisten Prozessbeobachter hatten deswegen einen Freispruch Zimmermans vorausgesagt. Die Jury, die während der drei Prozesswochen von der Außenwelt isoliert war, sah das schließlich genauso.

Das Urteil sorgte umgehend für Proteste im ganzen Land. Vor dem Gerichtsgebäude in Sanford sammelten sich hundert Demonstranten, die ihre Fäuste reckten und Plakate zeigten, auf denen zum Beispiel 'Keine Gerechtigkeit, kein Friede' stand. Auch in der US-Hauptstadt Washington gingen mehrere Hundert, überwiegend junge Menschen auf die Straße - unter ihnen etliche Weiße. Auf ihren Plakaten stand 'Hört auf, schwarze Männer zu kriminalisieren' oder 'Nur das Leben der Weißen ist in Amerika geschützt'. Ein junger Schwarzer fragte, wie man sich denn kleiden müsse, um nicht als Krimineller verdächtigt zu werden. Eine weiße Frau verlangte, dass Touristen den Staat Florida boykottieren.

In Großstädten wie Los Angeles war die Polizei in Alarmbereitschaft, weil sie mit Unruhen rechnete. In Los Angeles war es 1992 zu schweren Ausschreitungen gekommen, als Polizisten freigesprochen wurden, die einen Schwarzen misshandelt hatten. In der Nacht zum Sonntag aber blieben die Proteste in den Vereinigten Staaten weitgehend friedlich, obwohl aus einzelnen Städten wie dem kalifornischen Oakland Vandalismus gemeldet wurde. Dort zerstörten Demonstranten einen Polizeiwagen, schlugen Fenster ein und besprühten Gebäude.

Der Fall hatte Amerikas Schwarze, aber auch viele Weiße von Beginn an empört. Erstens wegen dem, was die Amerikaner 'racial profiling' nennen: Jemand wird von Polizei oder Bürgerwehr nur deswegen verdächtigt, weil er schwarz ist und einen Kapuzenpullover trägt. Zweitens reagierte die Polizei in Sanford scheinbar desinteressiert auf den Tod Martins; auch Wochen nach der Tat hatte sie Zimmerman nicht festgenommen. Kritiker werfen der Staatsanwaltschaft vor, dass sie daraufhin - womöglich auch aus politischen Gründen - überreagiert habe. Sie habe Zimmerman wegen Mordes angeklagt, obwohl die Beweislage dies nie hergegeben habe. Gleichwohl fürchtete die Verteidigung, dass sich die Jury von der Stimmung im Land werde beeinflussen lassen. In ihrem Schlussplädoyer bat sie die Geschworenen, alle Emotionen beiseitezulassen.

Zimmerman, der Vergeltung fürchtet und deswegen eine schusssichere Weste trägt, verließ das Gericht als freier Mann. Die Staatsanwältin Angela Cory wies den Vorwurf zurück, sie habe sich übernommen. 'Wir waren überzeugt, dass Zimmermans Geisteshaltung den Mord-Vorwurf rechtfertigte', sagte sie.

Die Eltern Trayvon Martins waren nicht zur Urteilsverkündung erschienen; ihr Anwalt Benjamin Crump richtete nach dem Urteil aus, ihre Herzen seien gebrochen. Er stellte Trayvon Martin in eine Reihe mit den Opfern der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Er dankte allen Unterstützern und bat sie darum, friedlich zu bleiben. Crump las eine Twitter-Botschaft von Bernice King vor, der Tochter Martin Luther Kings: 'Wie auch immer der Zimmerman-Prozess ausgeht, wir müssen unseren Kampf nach den Worten meines Vaters stets auf der hohen Ebene der Würde und Disziplin führen.'

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