Seit fast sechs Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen Uli Hoeneß. Es sieht ganz danach aus, dass der Präsident des FC Bayern im August angeklagt wird
Eigentlich kann Uli Hoeneß zufrieden sein an diesem Mittwoch, es ist der 16. Januar 2013: Zwei Tage vor Beginn der Rückrunde steht sein Verein, der FC Bayern, mit neun Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze der 1.Bundesliga, in New York hat er Pep Guardiola als neuen Trainer gewonnen und am Vortag mit Angela Merkel in Berlin zu Mittag gegessen. Er mag die Gespräche mit der Kanzlerin über die Zeitläufte, und, wichtiger noch, die Kanzlerin schätzt ihn.
Und doch läuft nichts mehr rund. Sein Steuerberater schlägt Alarm; der ist morgens von München nach Zürich geflogen, um bei der Vontobel-Bank, wo Hoeneß seit mehr als zehn Jahren ein schwarzes Konto hat, Unterlagen für die geplante Selbstanzeige zu besorgen. Der Stern recherchiert. Ein Reporter hat bei der Bank Fragen wegen eines Kontos gestellt. Der Name Hoeneß ist nicht gefallen, aber wissen die nicht doch etwas? Man muss handeln. Der Berater fliegt zurück, ohne Unterlagen.
Aus seinem am Niederrhein gelegenen Büro reist am Nachmittag eilig noch ein Steueranwalt mit genügend Briefpapier seiner Kanzlei an, und ein Münchner Steuerfahnder, der in Altersteilzeit ist, kommt auch noch raus zu Hoeneß in dessen Anwesen in Bad Wiessee. Ein Steueranwalt, ein Steuerberater, ein Steuerfahnder brüten mit Uli Hoeneß und dessen Sohn Florian nachts ohne detaillierte Unterlagen über einer Selbstanzeige. Ist so etwas real? Nach Mitternacht soll die Bank noch Kontoauszüge auf den E-Mail-Account der Ehefrau von Hoeneß geschickt haben. Bis in den frühen Donnerstagmorgen dauern offenbar die Steuerbasteleien. Auf dem Briefpapier der Kanzlei wird dann die Selbstanzeige ausgedruckt und kurz nach acht Uhr beim Finanzamt eingereicht.
Vontobel hatte Mitte 2012 mal ausgerechnet, dass Hoeneß im Fall des Zustandekommens des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens 6,3 Millionen Euro nachzahlen müsse. Hoeneß hatte auf das Abkommen gesetzt, das dann nicht zustande kam. Am 17. Januar überweist er zehn Millionen Euro als Abschlagszahlung an das für ihn zuständige Finanzamt Miesbach. Die Zahl orientiert sich an der alten Schätzung der Bank und ist nach oben aufgerundet. In Wirklichkeit liegt die Steuerschuld bei knapp 3,2 Millionen Euro.
Was für ein seltsamer Vorgang.
Seit knapp sechs Monaten ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft München II gegen Hoeneß und wird in Kürze entscheiden, ob die Selbstanzeige wirksam war oder nicht. Aus Sicht der Strafverfolger ist sie das eher nicht. Zwar soll die Verteidigung von Hoeneß noch an einer Stellungnahme sitzen, die geprüft werden muss, aber die Umstände deuten darauf hin, dass angeklagt wird - möglicherweise schon Ende Juli, wahrscheinlich im August. Dann käme das Zwischenverfahren. Bis zum Prozessbeginn würde es dauern - ein Termin im November wäre realistisch. Vermutlich geht es dann nicht mehr um die 3,2 Millionen Euro Steuerschuld, sondern um eine deutlich niedrigere Summe, weil das Vontobel-Konto bereits 2001/2002 mit 20Millionen Euro gefüllt wurde - für den Fiskus verjährt Hinterziehung nach zehn Jahren, für den Staatsanwalt nach fünf Jahren.
Theoretisch ist immer noch eine Erledigung des Falles durch Strafbefehl möglich oder sogar durch Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer hohen Geldauflage. Diese Möglichkeiten sind derzeit aber ebenso unwahrscheinlich wie die Verhängung einer Haftstrafe ohne Bewährung im Fall des Prozesses. Der Spiegel berichtet, die Staatsanwaltschaft wolle zwei Jahre Haft mit Bewährung beantragen und eine Geldstrafe in Höhe von 720 Tagessätzen. Mehr geht nicht, wenn einer nicht in Haft kommen soll. In Wirtschaftsprozessen kommt diese Kombination häufiger vor. Aber vorher bräuchte es die Anklage, eine Zulassung durchs Gericht und eine entsprechende Hauptverhandlung.
Der Fall Hoeneß ist ziemlich kompliziert geblieben, und es kursieren viele Gerüchte. Angeblich gibt es eine zweite Selbstanzeige von Hoeneß, die eine andere Kanzlei angefertigt haben soll. Richtig ist, dass sein Steuerberater nach Einleitung des Verfahrens zwei-oder dreimal Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft einreichte, bis dann Beamte am 20.März Hoeneß heimsuchten, ihn festnahmen und gegen Kaution in Höhe von fünf Millionen Euro wieder auf freien Fuß ließen. Dass der Haftbefehl nicht gelöscht wurde, deutet darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft ihrem alten Verdacht weiter anhängt.
Die Stern-Recherchen in Sachen Vontobel-Konto liegen wie ein Schatten über dem Fall. Die Staatsanwaltschaft ging früh davon aus, Hoeneß sei gewarnt worden, und habe nur deshalb überstürzt die dünne Selbstanzeige gemacht. Nach Paragraf 371 der Abgabenordnung zieht die Selbstanzeige nicht, wenn sie abgegeben wird, nachdem die Steuerstraftat bereits entdeckt ist, oder wenn der Steuerbetrüger mit der Entdeckung rechnen muss.
Wie die Süddeutsche erfuhr, macht das Telefonat eines Stern-Reporters mit der Münchner Steuerfahndung den Fall noch undurchsichtiger. Der Journalist soll am Nachmittag des 16. Januar bei der Steuerfahndung angerufen und erklärt haben, ein großer bayerischer Fußballverein habe bei Vontobel eine Riesensumme angelegt und ein Riesenguthaben sei auf das Konto einer Person übertragen worden.
Der Name Hoeneß fiel in dem Telefonat nicht, auch nicht der Name des FC Bayern. Zwar erschien am 17. Januar eine Stern-Geschichte über ein Konto bei Vontobel, aber darin finden sich weder der Name Hoeneß noch der Name des FC Bayern. Auch gab es damals keine Anfrage des Magazins bei dem Bayern-Präsidenten, und bei den Durchsuchungen und Ermittlungen wurde nichts gefunden, was den Schluss zulässt, Hoeneß sei durch den Stern aktiv gewarnt worden. Aber die Staatsanwaltschaft hält den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Stern-Veröffentlichung und der Abgabe der Selbstanzeige offenbar nicht für einen Zufall.
Eigentlich kann Uli Hoeneß zufrieden sein an diesem Mittwoch, es ist der 16. Januar 2013: Zwei Tage vor Beginn der Rückrunde steht sein Verein, der FC Bayern, mit neun Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze der 1.Bundesliga, in New York hat er Pep Guardiola als neuen Trainer gewonnen und am Vortag mit Angela Merkel in Berlin zu Mittag gegessen. Er mag die Gespräche mit der Kanzlerin über die Zeitläufte, und, wichtiger noch, die Kanzlerin schätzt ihn.
Und doch läuft nichts mehr rund. Sein Steuerberater schlägt Alarm; der ist morgens von München nach Zürich geflogen, um bei der Vontobel-Bank, wo Hoeneß seit mehr als zehn Jahren ein schwarzes Konto hat, Unterlagen für die geplante Selbstanzeige zu besorgen. Der Stern recherchiert. Ein Reporter hat bei der Bank Fragen wegen eines Kontos gestellt. Der Name Hoeneß ist nicht gefallen, aber wissen die nicht doch etwas? Man muss handeln. Der Berater fliegt zurück, ohne Unterlagen.
Aus seinem am Niederrhein gelegenen Büro reist am Nachmittag eilig noch ein Steueranwalt mit genügend Briefpapier seiner Kanzlei an, und ein Münchner Steuerfahnder, der in Altersteilzeit ist, kommt auch noch raus zu Hoeneß in dessen Anwesen in Bad Wiessee. Ein Steueranwalt, ein Steuerberater, ein Steuerfahnder brüten mit Uli Hoeneß und dessen Sohn Florian nachts ohne detaillierte Unterlagen über einer Selbstanzeige. Ist so etwas real? Nach Mitternacht soll die Bank noch Kontoauszüge auf den E-Mail-Account der Ehefrau von Hoeneß geschickt haben. Bis in den frühen Donnerstagmorgen dauern offenbar die Steuerbasteleien. Auf dem Briefpapier der Kanzlei wird dann die Selbstanzeige ausgedruckt und kurz nach acht Uhr beim Finanzamt eingereicht.
Vontobel hatte Mitte 2012 mal ausgerechnet, dass Hoeneß im Fall des Zustandekommens des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens 6,3 Millionen Euro nachzahlen müsse. Hoeneß hatte auf das Abkommen gesetzt, das dann nicht zustande kam. Am 17. Januar überweist er zehn Millionen Euro als Abschlagszahlung an das für ihn zuständige Finanzamt Miesbach. Die Zahl orientiert sich an der alten Schätzung der Bank und ist nach oben aufgerundet. In Wirklichkeit liegt die Steuerschuld bei knapp 3,2 Millionen Euro.
Was für ein seltsamer Vorgang.
Seit knapp sechs Monaten ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft München II gegen Hoeneß und wird in Kürze entscheiden, ob die Selbstanzeige wirksam war oder nicht. Aus Sicht der Strafverfolger ist sie das eher nicht. Zwar soll die Verteidigung von Hoeneß noch an einer Stellungnahme sitzen, die geprüft werden muss, aber die Umstände deuten darauf hin, dass angeklagt wird - möglicherweise schon Ende Juli, wahrscheinlich im August. Dann käme das Zwischenverfahren. Bis zum Prozessbeginn würde es dauern - ein Termin im November wäre realistisch. Vermutlich geht es dann nicht mehr um die 3,2 Millionen Euro Steuerschuld, sondern um eine deutlich niedrigere Summe, weil das Vontobel-Konto bereits 2001/2002 mit 20Millionen Euro gefüllt wurde - für den Fiskus verjährt Hinterziehung nach zehn Jahren, für den Staatsanwalt nach fünf Jahren.
Theoretisch ist immer noch eine Erledigung des Falles durch Strafbefehl möglich oder sogar durch Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer hohen Geldauflage. Diese Möglichkeiten sind derzeit aber ebenso unwahrscheinlich wie die Verhängung einer Haftstrafe ohne Bewährung im Fall des Prozesses. Der Spiegel berichtet, die Staatsanwaltschaft wolle zwei Jahre Haft mit Bewährung beantragen und eine Geldstrafe in Höhe von 720 Tagessätzen. Mehr geht nicht, wenn einer nicht in Haft kommen soll. In Wirtschaftsprozessen kommt diese Kombination häufiger vor. Aber vorher bräuchte es die Anklage, eine Zulassung durchs Gericht und eine entsprechende Hauptverhandlung.
Der Fall Hoeneß ist ziemlich kompliziert geblieben, und es kursieren viele Gerüchte. Angeblich gibt es eine zweite Selbstanzeige von Hoeneß, die eine andere Kanzlei angefertigt haben soll. Richtig ist, dass sein Steuerberater nach Einleitung des Verfahrens zwei-oder dreimal Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft einreichte, bis dann Beamte am 20.März Hoeneß heimsuchten, ihn festnahmen und gegen Kaution in Höhe von fünf Millionen Euro wieder auf freien Fuß ließen. Dass der Haftbefehl nicht gelöscht wurde, deutet darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft ihrem alten Verdacht weiter anhängt.
Die Stern-Recherchen in Sachen Vontobel-Konto liegen wie ein Schatten über dem Fall. Die Staatsanwaltschaft ging früh davon aus, Hoeneß sei gewarnt worden, und habe nur deshalb überstürzt die dünne Selbstanzeige gemacht. Nach Paragraf 371 der Abgabenordnung zieht die Selbstanzeige nicht, wenn sie abgegeben wird, nachdem die Steuerstraftat bereits entdeckt ist, oder wenn der Steuerbetrüger mit der Entdeckung rechnen muss.
Wie die Süddeutsche erfuhr, macht das Telefonat eines Stern-Reporters mit der Münchner Steuerfahndung den Fall noch undurchsichtiger. Der Journalist soll am Nachmittag des 16. Januar bei der Steuerfahndung angerufen und erklärt haben, ein großer bayerischer Fußballverein habe bei Vontobel eine Riesensumme angelegt und ein Riesenguthaben sei auf das Konto einer Person übertragen worden.
Der Name Hoeneß fiel in dem Telefonat nicht, auch nicht der Name des FC Bayern. Zwar erschien am 17. Januar eine Stern-Geschichte über ein Konto bei Vontobel, aber darin finden sich weder der Name Hoeneß noch der Name des FC Bayern. Auch gab es damals keine Anfrage des Magazins bei dem Bayern-Präsidenten, und bei den Durchsuchungen und Ermittlungen wurde nichts gefunden, was den Schluss zulässt, Hoeneß sei durch den Stern aktiv gewarnt worden. Aber die Staatsanwaltschaft hält den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Stern-Veröffentlichung und der Abgabe der Selbstanzeige offenbar nicht für einen Zufall.