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Ein Kabinett, viele Signale

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Ägyptens neue politische Führung setzt sich aus den verschiedensten Lagern zusammen - das Militär ist stark vertreten, auch im Ausland angesehene Personen wie Mohammed el-Baradei erhalten hohe Posten.

Kairo - Das neue Kabinett war noch keine 24 Stunden im Amt, als die Muslimbrüder bereits den Druck auf die Minister erhöhten. Hunderte Anhänger des militärisch entmachteten Präsidenten Mohammed Mursi sind am Mittwoch vor den Regierungssitz in der Nähe des Tahrir-Platzes in Kairo gezogen, haben Mursi-Bilder geschwenkt und 'Nieder mit der Militärherrschaft' gerufen.

Das Kabinett von Übergangspremier Hasem el-Beblawi - nach ägyptischen Maßstäben in Blitzgeschwindigkeit zusammengestellt - umfasst 33 Minister und hat nach den Worten der Muslimbrüder keinerlei Legitimität: 'Wir nehmen daran nicht teil. Es wurde von Panzern ins Amt gesetzt', sagte ein Sprecher der Muslimbrüder. Auch andere Islamisten fehlen im Kabinett, dafür berief Beblawi so viele Christen, Frauen und Aktivisten wie noch nie.



Übergangspremier Hasem el-Beblawi hat sein neues Kabinett vorgestellt – die Muslimbrüder sprechen der Regierung allerdings die Legitimität ab.

Das neue Kabinett sendet viele Signale gleichzeitig aus, das mächtigste trägt Uniform und stand im Gruppenbild ganz vorn: Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi ist - entgegen früheren Dementis - nun doch erster Vizepremier geworden, was es selbst in der an Militärregierungen reichen Geschichte Ägyptens wohl noch nie gab. Damit hat Sisi, der Anfang Juli den Sturz Mursis nach Massendemonstrationen einleitete, nicht einmal so getan, als würde er sich politisch im Hintergrund halten. Es hätte ohnehin niemand geglaubt.

Die Vorbehalte des Auslands angesichts der militärischen Macht sollen Personen wie Mohammed el-Baradei als Vizepräsident entkräften. Vizepremier Siad Bahaa el-Din hat Erfahrung in der ägyptischen Zentralbank und ist als Minister für Internationale Zusammenarbeit für ausländische Stiftungen zuständig - ein Streitpunkt zwischen Ägypten und dem Ausland, seit einige Institutionen, darunter die Konrad-Adenauer-Stiftung, geschlossen wurden. Dritter Vizepremier und Hochschulminister wird Hossam Eissa, einer der Mitgründer von Baradeis 'Verfassung'- Partei.

Angesichts der verzweifelten wirtschaftlichen Lage zielen ohnehin einige Besetzungen - wie auch der Posten des Premierministers mit dem Finanzexperten Beblawi selbst - auf Vertrauensbildung im Ausland. Finanzminister ist Ahmed Galal, Ökonom mit Weltbank-Erfahrung und Leiter eines unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstituts. Nabil Fahmi, einst Botschafter in Amerika, wird Außenminister, er soll eine beruhigende Personale für die ratlosen Diplomaten im Westen sein.

Nach der Kritik an der Ausgrenzung von Frauen, Christen und moderaten Muslimen durch die Muslimbrüder beschreitet Beblawi nun den umgekehrten weg: Gleich drei Frauen hat er ins Amt geholt. Informationsministerin Dorreja Scharaf el-Din, eine ehemalige Filmkritikerin, die das ungeliebte Amt eigentlich abwickeln soll. Sie war Funktionärin in Mubaraks Regierungspartei NDP und dürfte damit all jenen Argumente liefern, die den Putsch gegen Mursi vor allem als Türöffner für die Kräfte des alten Regimes sehen. Gesundheitsministerin Maha el-Rabat soll den unterfinanzierten, überfüllen Moloch des Gesundheitswesens übernehmen. Und als Umweltministerin schließlich tritt die Christin Laila Iskander an, die einen Namen als Expertin für Müllentsorgung hat - auch dies eine der schlimmsten Plagen in den Millionenstädten Ägyptens. Die Berufung einer Aktivistin gehört zu den Überraschungen im Kabinett ebenso wie der neue Arbeitsminister, der bekannte Gewerkschafter Kamal Abu Eita, der unter Mursi und Mubarak Proteste organisierte. Zwei weitere Christen, einer für das Forschungsressort, einer für das Industrieministerium, geben der koptischen Minderheit ungewohntes Gewicht im Kabinett. Für die Islamisten, die Frauen und Christen in Führungspositionen nur schwer verkraften, sind sie eine Provokation.

Bemerkenswert ist indes, dass dennoch einige Minister aus dem Mursi-Kabinett ihre Posten fortführen können, allen voran Innenminister Mohammed Ibrahim. Berichten zufolge soll Mursi ihn als Zugeständnis an die Polizei eingesetzt haben, allerdings war Ibrahim weder bei den Anti-Mursi-Demonstranten noch in der eigenen Truppe beliebt. Die einen warfen ihm Brutalität im Umgang mit Protestlern vor, etwa nach den Urteilen gegen Angeklagte in einem Fußballmassaker in Port Said. Die Polizisten sahen ihn als Mann der Bruderschaft und zwangen ihn. beim Begräbnis eines Polizisten eine Moschee zu verlassen. Auch Ex-Premier Kamal al-Gansuri, der bereits unter Mubarak als Premier diente, ist wieder an Bord: Als Berater von Übergangspräsident Adli Mansur.

Unterdessen wurde die EU-Außenbeauftrage Catherine Ashton in Kairo erwartete. Sie hatte, ebenso wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle, zur Einbeziehung der Muslimbrüder in die politische Zukunft des Landes aufgerufen.

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