Das Jobcenter Pinneberg gibt in einem Ratgeber Spartipps für Hartz-IV-Empfänger. Die Geschichte geht gut aus
Berlin - Knut Fischer, 51, Bürokaufmann, ist seit eineinhalb Jahren arbeitslos - und muss jetzt erstmals Hartz IV beantragen. Seine Frau Sylvia hat einen Minijob in der Altenpflege, Tochter Laura und Sohn Ben gehen noch in die Schule. Die Personen gibt es aber nicht wirklich. Sie sind die Hauptfiguren in einem Ratgeber des Jobcenters Pinneberg, der Empfänger des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) über ihre Rechte und Pflichten aufklären soll. Das wäre nicht weiter der Rede wert, wenn es die Fischers nicht am Donnerstag auf die Seite zwei der Bild-Zeitung geschafft hätten - mit einer Überschrift, die aufhorchen lässt: 'Hartz-IV-Empfänger sollen weniger Fleisch essen und ihre Möbel verkaufen', heißt es in dem Blatt.
In der mehr als 100 Seiten starken Broschüre mit ein paar etwas all zu bemühten Comic-Bildern wird geschildert, wie die Fischers sich in der für sie neuen Hartz-IV-Welt zurechtfinden. Sie erfahren, wie viel Platz sie zum Wohnen haben dürfen, was vom Ersparten bleibt, wie eine gute Bewerbung aussieht oder was man hinzuverdienen darf. All das ist so verständlich aufbereitet, dass BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt über den Internetdienst Twitter schrieb: 'Jobcenter Pinneberg hat einen tollen ALG2-Ratgeber herausgegeben.'
Hunger? Dann sollte man laut dem neuen Hartz-IV-Ratgeber lieber nicht zu Einkaufen gehen.
Die Fischers, so viel ist klar, sind jedenfalls eine Musterfamilie, und in der wird noch viel geredet. Beim Essen überlegen die Vier zum Beispiel, wie sie sparen können. Prompt beschließt der Familienrat, eine Woche auf Fleisch zu verzichten. Und Tochter Laura findet das sogar gut: 'Ich will sowieso Vegetarier werden', sagt sie.
Weiter hinten, auf Seite 83, hat Martina, die Freundin der Mutter und selbst ehemalige Hartz-IV-Bezieherin, einen anderen heißen Spartipp parat: Sie rät beim gemeinsamen Einkaufen im Discounter, nicht einen Sechserpack Mineralwasser in den Einkaufswagen zu legen, sondern Leitungswasser zu trinken. Sylvia Fischer reagiert skeptisch - ihr Sohn trinkt nur Cola. Und sonst? Die Möbel kommen natürlich auch vor, aber nur unter der Rubrik 'Unser Erspartes - was wird angerechnet?' Hier erfährt Knut Fischer, dass er die 515 Euro aus dem Verkauf eines alten Schrankes, einer Kommode und aus dem Erlös vom letzten Flohmarkt-Stand behalten darf.
Am Ende der Broschüre finden sich noch ein paar allgemeine Spartipps. Das Jobcenter Pinneberg rät zum Beispiel, Heizkörper nicht zuzustellen, den Stand-by-Betrieb bei elektronischen Geräten auszuschalten, in alte WC-Spülkästen eine moderne Wasserspülung mit Stopp-Taste einzubauen - und ja, zu duschen, 'statt ein Vollbad zu nehmen'. Es gibt den Rat: 'Gehen Sie nie hungrig einkaufen. Denn dann landen meist mehr Lebensmittel in ihrem Einkaufswagen, als Sie zeitnah verbrauchen können.' Außerdem wird empfohlen, bei Waschmitteln nicht immer Perls mitzunehmen. 'Auch Discounter haben Waschmittel, die laut Stiftung Warentest teilweise besser und billiger als die teuren Markenprodukte sind', steht in der Broschüre.
Eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit sagt dazu: 'Das sind Tipps, die sich jeder Otto-Normal-Verbraucher zu eigen machen kann, wenn er denn will.' Das Jobcenter fordere aber niemanden auf, Möbel zu verkaufen oder kein Fleisch zu essen. 'Das ist wirklich Blödsinn.'
So sehen es anscheinend auch die Hartz-IV-Empfänger, zumindest in Pinneberg. Dort heißt es, der Wegweiser komme gut an - offenbar trotz der heilen Welt, die sich darin findet. Die Geschichte hat nämlich ein gutes Ende: Vater Knut bekommt einen Job in einer Metallfirma, sein Chef zahlt ihm sogar einen Englischkurs. Und Sylvia, so heißt es im Text weiter, 'ist unglaublich stolz auf Knut'.
Berlin - Knut Fischer, 51, Bürokaufmann, ist seit eineinhalb Jahren arbeitslos - und muss jetzt erstmals Hartz IV beantragen. Seine Frau Sylvia hat einen Minijob in der Altenpflege, Tochter Laura und Sohn Ben gehen noch in die Schule. Die Personen gibt es aber nicht wirklich. Sie sind die Hauptfiguren in einem Ratgeber des Jobcenters Pinneberg, der Empfänger des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) über ihre Rechte und Pflichten aufklären soll. Das wäre nicht weiter der Rede wert, wenn es die Fischers nicht am Donnerstag auf die Seite zwei der Bild-Zeitung geschafft hätten - mit einer Überschrift, die aufhorchen lässt: 'Hartz-IV-Empfänger sollen weniger Fleisch essen und ihre Möbel verkaufen', heißt es in dem Blatt.
In der mehr als 100 Seiten starken Broschüre mit ein paar etwas all zu bemühten Comic-Bildern wird geschildert, wie die Fischers sich in der für sie neuen Hartz-IV-Welt zurechtfinden. Sie erfahren, wie viel Platz sie zum Wohnen haben dürfen, was vom Ersparten bleibt, wie eine gute Bewerbung aussieht oder was man hinzuverdienen darf. All das ist so verständlich aufbereitet, dass BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt über den Internetdienst Twitter schrieb: 'Jobcenter Pinneberg hat einen tollen ALG2-Ratgeber herausgegeben.'
Hunger? Dann sollte man laut dem neuen Hartz-IV-Ratgeber lieber nicht zu Einkaufen gehen.
Die Fischers, so viel ist klar, sind jedenfalls eine Musterfamilie, und in der wird noch viel geredet. Beim Essen überlegen die Vier zum Beispiel, wie sie sparen können. Prompt beschließt der Familienrat, eine Woche auf Fleisch zu verzichten. Und Tochter Laura findet das sogar gut: 'Ich will sowieso Vegetarier werden', sagt sie.
Weiter hinten, auf Seite 83, hat Martina, die Freundin der Mutter und selbst ehemalige Hartz-IV-Bezieherin, einen anderen heißen Spartipp parat: Sie rät beim gemeinsamen Einkaufen im Discounter, nicht einen Sechserpack Mineralwasser in den Einkaufswagen zu legen, sondern Leitungswasser zu trinken. Sylvia Fischer reagiert skeptisch - ihr Sohn trinkt nur Cola. Und sonst? Die Möbel kommen natürlich auch vor, aber nur unter der Rubrik 'Unser Erspartes - was wird angerechnet?' Hier erfährt Knut Fischer, dass er die 515 Euro aus dem Verkauf eines alten Schrankes, einer Kommode und aus dem Erlös vom letzten Flohmarkt-Stand behalten darf.
Am Ende der Broschüre finden sich noch ein paar allgemeine Spartipps. Das Jobcenter Pinneberg rät zum Beispiel, Heizkörper nicht zuzustellen, den Stand-by-Betrieb bei elektronischen Geräten auszuschalten, in alte WC-Spülkästen eine moderne Wasserspülung mit Stopp-Taste einzubauen - und ja, zu duschen, 'statt ein Vollbad zu nehmen'. Es gibt den Rat: 'Gehen Sie nie hungrig einkaufen. Denn dann landen meist mehr Lebensmittel in ihrem Einkaufswagen, als Sie zeitnah verbrauchen können.' Außerdem wird empfohlen, bei Waschmitteln nicht immer Perls mitzunehmen. 'Auch Discounter haben Waschmittel, die laut Stiftung Warentest teilweise besser und billiger als die teuren Markenprodukte sind', steht in der Broschüre.
Eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit sagt dazu: 'Das sind Tipps, die sich jeder Otto-Normal-Verbraucher zu eigen machen kann, wenn er denn will.' Das Jobcenter fordere aber niemanden auf, Möbel zu verkaufen oder kein Fleisch zu essen. 'Das ist wirklich Blödsinn.'
So sehen es anscheinend auch die Hartz-IV-Empfänger, zumindest in Pinneberg. Dort heißt es, der Wegweiser komme gut an - offenbar trotz der heilen Welt, die sich darin findet. Die Geschichte hat nämlich ein gutes Ende: Vater Knut bekommt einen Job in einer Metallfirma, sein Chef zahlt ihm sogar einen Englischkurs. Und Sylvia, so heißt es im Text weiter, 'ist unglaublich stolz auf Knut'.