Bei Internetfahndung denkt man dieser Tage zuerst an Spionage, die NSA und Edward Snowden. Aber was ist mit den Cybercops, die zum Beispiel für das bayerische LKA arbeiten? Ihre Arbeit verdient Respekt
Was weiß Amerikas National Security Agency über jeden von uns? Wie genau und wo zapfen die am besten ausgestatteten Cyberspione der Welt die Datenleitungen an? Diese Fragen und viele mehr sind seit den Enthüllungen des Edward Snowden zwar gestellt, aber längst nicht erschöpfend beantwortet. Doch nicht nur die Geheimdienste werfen ihre Netze im Internet aus, auch die Polizei muss sich der Tatsache stellen, dass Computer und Internet bei mehr und mehr Straftaten eine entscheidende Rolle spielen. Aber weder können sich die Beamten einfach so über Gesetze hinwegsetzen, noch reicht die normale dreijährige Polizeiausbildung aus um zu lernen, wie man zum Beispiel ein verschlüsseltes Passwort knackt oder eine Computer-Festplatte auswertet. Wie wird man eigentlich Internetermittler, oder, wie sie meist genannt werden, Cybercop?
Der junge Mann, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, macht nicht unbedingt den Eindruck eines Abenteurers. Er hatte einen guten Job. Gut bezahlt, sicher und beim Staat. Aber bloß darauf zu achten, dass in einem Rechenzentrum alles nach Plan läuft, das war ihm auf Dauer zu langweilig. Also beschloss er mit 27, noch einmal neu anzufangen. Er wurde Polizist, doch kein gewöhnlicher. Er ist einer von 38 Computerexperten, die 2010 als Internetkriminalisten bei der Bayerischen Polizei eingestiegen sind.
Spurensuche im Netz: Die Arbeit sogenannter Cybercops wird immer wichtiger für die Polizei.
'Es ist einfach spannend, wenn man dazu beitragen kann, dass Straftaten aufgeklärt werden', sagt der heute 30-Jährige über sein Motiv. 'Man macht sich ja keine Vorstellung, was es da so für Seiten gibt.' Der junge Kriminaloberkommissar beim Landeskriminalamt (LKA) meint damit kinderpornografische Internetseiten. Diejenigen zu ermitteln, die solche Bilder und Videos verbreiten, vor allem aber Täter zu jagen, die Kinder selbst missbrauchen, gehört zu den Hauptarbeitsgebieten der Internetkriminalisten.
Sie warten nicht bloß darauf, dass neue Fälle gemeldet werden. Auf ihren Computern laufen auch Suchprogramme, die einschlägige Seiten automatisiert abrufen und registrieren, wenn neue Bilder eingestellt werden. Die Ermittler versuchen dann herauszubekommen, wer dafür verantwortlich sein könnte. Aber sie müssen schnell sein. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung aus dem Jahr 2010 sind die Internetanbieter nicht mehr verpflichtet, sich zu merken, an wen zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Internetadresse vergeben war. Bernhard Egger, Leiter des Dezernats Fahndung und Erkennungsdienst beim LKA und Chef der Cybercops, wäre es ziemlich egal, wie genau der Zugriff auf diese Daten geregelt wäre, gäbe es denn wenigstens irgendeine Regelung. Denn eines ist für ihn klar: Ohne diese Vorratsdaten haben seine Ermittler kaum eine Chance. Sie seien dann darauf angewiesen, dass ihnen der Zufall hilft, zum Beispiel, wenn ein Kindesmissbrauch im Freien stattfindet und man anhand von Gebäuden oder markanten Punkten in der Landschaft erkennen kann, wo das gewesen sein könnte.
Wie aber wird man fertig damit, dauernd mit den ekelhaften Darstellungen konfrontiert zu sein, mit dem Leid der Kinder? 'Man muss lernen, die Bilder abstrakt zu betrachten', sagt Egger. Und, ergänzt er, bei den fünf Internetkriminalisten im LKA gelte die Regel: 'Stärke heißt auch, dass man mal sagt, diesen Fall kann ich jetzt nicht bearbeiten.' Es kommt auch schon mal vor, dass ein Ermittler vorzeitig nach Hause geht oder eine Pause einlegt - 'wir regeln das flexibel und im Team.'
Internetermittler gibt es auch in anderen Bundesländern - mit einem Unterschied: Sie sind keine Polizisten, sondern arbeiten nur zu. Wenn es ernst wird, wenn zum Beispiel bei der Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung oder ein Haftbefehl erwirkt werden sollen, dann müssen die Internetexperten einen Polizeibeamten hinzuziehen. In Bayern ist man einen anderen Weg gegangen, offenbar mit Erfolg. Kaum ein einschlägiger Kongress, auf dem Egger oder sein Kollege Jürgen Miller, zuständig für Wirtschaftskriminalität, nicht eingeladen werden, um von ihren Erfahrungen zu berichten.
Die Ermittler stehen ja alle vor derselben schwierigen Situation: Die Anzeigen häufen sich, bei denen es um Kriminalität im Zusammenhang mit Computern und Internet geht, aber der Polizei fehlen Fachkräfte mit entsprechenden Kenntnissen. In Bayern sprangen die Behörden daher über den Schatten ihrer eigenen Ausbildungsrichtlinien und schufen eine Art Turboausbildung zum Polizisten: IT-Fachleute werden dabei in einem Jahr mit allem vertraut gemacht, was Polizisten wissen müssen. Vor allem geht es um das Polizeiaufgabengesetz und um die Vorschriften des Strafgesetzbuchs. Richtige Polizisten, das gibt Miller zu, sind sie dann noch nicht, den Rest lernen sie aber unter Anleitung erfahrener Beamter on the job.
Cybercops tragen übrigens auch Waffen, haben diese bisher jedoch nur beim Schießtraining benutzt. Das Training aber ist Pflicht. Wer die geforderte Trefferquote nicht schafft, muss womöglich die Waffe abgeben. Auch sonst gelten die gleichen Anforderungen wie im Polizeidienst, sagt Miller: 'Wer noch nie joggen gegangen ist, der kriegt schon Probleme beim 3000-Meter-Lauf.' Für den klassischen Nerd, der am PC sitzt und kaum Sport treibt, kann das eine unüberwindbare Hürde sein.
Überrannt wird die Personalabteilung jedenfalls nicht gerade mit Bewerbungen. Bei der ersten Einstellungsrunde 2010 gab es noch zahlreiche Interessenten, von denen viele die Anforderungen nicht erfüllten. Ein Informatikstudium mindestens an einer Fachhochschule ist Pflicht, bevorzugt werden Bewerber, die bereits ein paar Jahre Berufserfahrung gesammelt haben. Bei der zweiten Runde, die am 5.August zu Ende geht, ist der Zulauf bis jetzt noch ziemlich überschaubar, vor allem im Bereich der Wirtschaftskriminalität. Die 2010 an Bord gekommen sind, machen ihren Job aber gerne, versichert Egger. Je nach Qualifikation werden sie als Kommissar oder Oberkommissar eingestellt, die Einstiegsgehälter liegen zwischen knapp 2000 und knapp 2700 Euro netto im Monat. In der freien Wirtschaft wird deutlich mehr bezahlt. Ohne eine Portion Idealismus ist diese Arbeit eben einfach nicht zu machen.
Was weiß Amerikas National Security Agency über jeden von uns? Wie genau und wo zapfen die am besten ausgestatteten Cyberspione der Welt die Datenleitungen an? Diese Fragen und viele mehr sind seit den Enthüllungen des Edward Snowden zwar gestellt, aber längst nicht erschöpfend beantwortet. Doch nicht nur die Geheimdienste werfen ihre Netze im Internet aus, auch die Polizei muss sich der Tatsache stellen, dass Computer und Internet bei mehr und mehr Straftaten eine entscheidende Rolle spielen. Aber weder können sich die Beamten einfach so über Gesetze hinwegsetzen, noch reicht die normale dreijährige Polizeiausbildung aus um zu lernen, wie man zum Beispiel ein verschlüsseltes Passwort knackt oder eine Computer-Festplatte auswertet. Wie wird man eigentlich Internetermittler, oder, wie sie meist genannt werden, Cybercop?
Der junge Mann, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, macht nicht unbedingt den Eindruck eines Abenteurers. Er hatte einen guten Job. Gut bezahlt, sicher und beim Staat. Aber bloß darauf zu achten, dass in einem Rechenzentrum alles nach Plan läuft, das war ihm auf Dauer zu langweilig. Also beschloss er mit 27, noch einmal neu anzufangen. Er wurde Polizist, doch kein gewöhnlicher. Er ist einer von 38 Computerexperten, die 2010 als Internetkriminalisten bei der Bayerischen Polizei eingestiegen sind.
Spurensuche im Netz: Die Arbeit sogenannter Cybercops wird immer wichtiger für die Polizei.
'Es ist einfach spannend, wenn man dazu beitragen kann, dass Straftaten aufgeklärt werden', sagt der heute 30-Jährige über sein Motiv. 'Man macht sich ja keine Vorstellung, was es da so für Seiten gibt.' Der junge Kriminaloberkommissar beim Landeskriminalamt (LKA) meint damit kinderpornografische Internetseiten. Diejenigen zu ermitteln, die solche Bilder und Videos verbreiten, vor allem aber Täter zu jagen, die Kinder selbst missbrauchen, gehört zu den Hauptarbeitsgebieten der Internetkriminalisten.
Sie warten nicht bloß darauf, dass neue Fälle gemeldet werden. Auf ihren Computern laufen auch Suchprogramme, die einschlägige Seiten automatisiert abrufen und registrieren, wenn neue Bilder eingestellt werden. Die Ermittler versuchen dann herauszubekommen, wer dafür verantwortlich sein könnte. Aber sie müssen schnell sein. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung aus dem Jahr 2010 sind die Internetanbieter nicht mehr verpflichtet, sich zu merken, an wen zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Internetadresse vergeben war. Bernhard Egger, Leiter des Dezernats Fahndung und Erkennungsdienst beim LKA und Chef der Cybercops, wäre es ziemlich egal, wie genau der Zugriff auf diese Daten geregelt wäre, gäbe es denn wenigstens irgendeine Regelung. Denn eines ist für ihn klar: Ohne diese Vorratsdaten haben seine Ermittler kaum eine Chance. Sie seien dann darauf angewiesen, dass ihnen der Zufall hilft, zum Beispiel, wenn ein Kindesmissbrauch im Freien stattfindet und man anhand von Gebäuden oder markanten Punkten in der Landschaft erkennen kann, wo das gewesen sein könnte.
Wie aber wird man fertig damit, dauernd mit den ekelhaften Darstellungen konfrontiert zu sein, mit dem Leid der Kinder? 'Man muss lernen, die Bilder abstrakt zu betrachten', sagt Egger. Und, ergänzt er, bei den fünf Internetkriminalisten im LKA gelte die Regel: 'Stärke heißt auch, dass man mal sagt, diesen Fall kann ich jetzt nicht bearbeiten.' Es kommt auch schon mal vor, dass ein Ermittler vorzeitig nach Hause geht oder eine Pause einlegt - 'wir regeln das flexibel und im Team.'
Internetermittler gibt es auch in anderen Bundesländern - mit einem Unterschied: Sie sind keine Polizisten, sondern arbeiten nur zu. Wenn es ernst wird, wenn zum Beispiel bei der Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung oder ein Haftbefehl erwirkt werden sollen, dann müssen die Internetexperten einen Polizeibeamten hinzuziehen. In Bayern ist man einen anderen Weg gegangen, offenbar mit Erfolg. Kaum ein einschlägiger Kongress, auf dem Egger oder sein Kollege Jürgen Miller, zuständig für Wirtschaftskriminalität, nicht eingeladen werden, um von ihren Erfahrungen zu berichten.
Die Ermittler stehen ja alle vor derselben schwierigen Situation: Die Anzeigen häufen sich, bei denen es um Kriminalität im Zusammenhang mit Computern und Internet geht, aber der Polizei fehlen Fachkräfte mit entsprechenden Kenntnissen. In Bayern sprangen die Behörden daher über den Schatten ihrer eigenen Ausbildungsrichtlinien und schufen eine Art Turboausbildung zum Polizisten: IT-Fachleute werden dabei in einem Jahr mit allem vertraut gemacht, was Polizisten wissen müssen. Vor allem geht es um das Polizeiaufgabengesetz und um die Vorschriften des Strafgesetzbuchs. Richtige Polizisten, das gibt Miller zu, sind sie dann noch nicht, den Rest lernen sie aber unter Anleitung erfahrener Beamter on the job.
Cybercops tragen übrigens auch Waffen, haben diese bisher jedoch nur beim Schießtraining benutzt. Das Training aber ist Pflicht. Wer die geforderte Trefferquote nicht schafft, muss womöglich die Waffe abgeben. Auch sonst gelten die gleichen Anforderungen wie im Polizeidienst, sagt Miller: 'Wer noch nie joggen gegangen ist, der kriegt schon Probleme beim 3000-Meter-Lauf.' Für den klassischen Nerd, der am PC sitzt und kaum Sport treibt, kann das eine unüberwindbare Hürde sein.
Überrannt wird die Personalabteilung jedenfalls nicht gerade mit Bewerbungen. Bei der ersten Einstellungsrunde 2010 gab es noch zahlreiche Interessenten, von denen viele die Anforderungen nicht erfüllten. Ein Informatikstudium mindestens an einer Fachhochschule ist Pflicht, bevorzugt werden Bewerber, die bereits ein paar Jahre Berufserfahrung gesammelt haben. Bei der zweiten Runde, die am 5.August zu Ende geht, ist der Zulauf bis jetzt noch ziemlich überschaubar, vor allem im Bereich der Wirtschaftskriminalität. Die 2010 an Bord gekommen sind, machen ihren Job aber gerne, versichert Egger. Je nach Qualifikation werden sie als Kommissar oder Oberkommissar eingestellt, die Einstiegsgehälter liegen zwischen knapp 2000 und knapp 2700 Euro netto im Monat. In der freien Wirtschaft wird deutlich mehr bezahlt. Ohne eine Portion Idealismus ist diese Arbeit eben einfach nicht zu machen.