Eine Untersuchung der Sprache von Computerspielern
Wenn Zocker auf den Putz hauen, wird's hermetisch. Der Skatklopper erlaubt sich beim Contrabieten "ein Stößchen zu geben", und der Schafkopfer ruft die "Hundsg'vögelte" zu Hilfe, nämlich die Karte Schellen-As, auf der eine von einem Hund bedrängte Sau abgebildet ist. Bei Unbedarften erzeugen solche Sprachrituale Staunen, bei den Kombattanten jedoch so etwas wie corporate identity: Wer die kessere Lippe einsetzt, sticht manchmal auch ohne Trumpf. Bei Gamern verhält es sich ähnlich. Gamer sind Computerspieler, die mit ihren Gegnern im Internet als Polizisten, Untote, Trolle, Blutelfen oder Terroristen wetteifern. Sie pflegen in ihren Unterhaltungen eine Sprache, die so befremdlich ist, dass der Passauer Sprachwissenschaftlers Frederik Weinert dazu geneigt ist, ihr den Stempel Soziolekt aufzudrücken. Ob die Gamer damit Kartenspielern wirklich etwas voraus haben?
Gamer pflegen untereinander eine eigene Sprache - höchste Zeit also, für eine linguistische Untersuchung!
Wer Respekt will, muss die Sprache nicht nur verstehen, sondern sie auch anwenden. "In Gaming-Communitys", schreibt Weinert, sei es wichtig, sprachliche Eigenheiten der Gamersprache zu "verwenden, um sich als integrationswilliges Individuum darzustellen". Wer seine Anfängerfrage auch anfängerhaft formuliert, wird gerne mal isoliert und verspottet. Insofern passt Weinerts Beitrag über "Gamersprache" bestens in einen Tagungsband, der sich "Sprachminderheit, Identität und Sprachbiographie" nennt. Das Buch begründet eine von Nicole Eller-Wildfeuer und Alfred Wildfeuer herausgegebene linguistische Reihe mit dem Titel "Sprachen im Kontakt" (Edition Vulpes, Regensburg 2013). Es enthält unter anderem Studien über deutschsprachige Minderheiten zwischen Colorado, Neuseeland und dem Fersental sowie eine interessante Analyse von Intensivpartikeln (echt, voll, krass...) in den Jugendzeitschriften Bravo und Mädchen - und über die Gamersprache.
Wenn Frederik Weinert mit kritischem Unterton bemerkt, Gamer seien "in den Massenmedien häufig als nicht sozialisierte Sonderlinge dargestellt", liefert er genau für diese Sichtweise gute Argumente. Anfeindungen und Beleidigungen seien in Gamerforen an der Tagesordnung: Den Unmut der Spielgefährten zieht ein Gamer dann auf sich, wenn er sich standardsprachlich und damit unkooperativ ausdrückt. "Integrationswillige Individuen" hingegen pauken die neue Sprache - wobei ein neues Vokabular ebenso zu erlernen ist wie teilweise skurrile Flexionsformnen. Ist das laut Weinert seit etwa fünf Jahren existierende Akronym afklo noch insofern einfach einzudeutschen, als man den Absender dieser Mitteilung beim Vollbringen der Notdurft vermuten darf, braucht man beim Übersetzen der Abkürzung afk eindeutig Insiderwissen. Es heißt: away from keyboard. Also: nicht da.
In manchen Spielen wird gezaubert, das heißt, die Gamer kämpfen um Zauberpunkte und rücken dadurch in höhere Stufen vor. Immerhin kommen bei diesem Zeitvertreib nicht nur bizarre, sondern auch drollige Begriffe zustande. Buff etwa steht für Stärkungszauber. Weinert hat in einem Gamerforum das Determinativkompositum "Bierbuff" gefunden. Er deutet es so, dass in der fraglichen Gamer-Runde "reales Bier getrunken wird, wodurch die Spielatmosphäre lockerer wird". Der Bierkonsum werde mit "einem virtuellen Stärkungszauber (Buff) gleichgesetzt". Warum sollen solche Ausdrücke nicht auch einmal in die Standardsprache hineinwachsen? Mit Idiotismen wie bash0rn, ess0rn und ihrem kryptischen Geplänkel um die Zahl 1337 herum bleiben die Gamer hermetisch genug. Sie nennen sich gegenseitig Kellerkinder, und das meinen sie nicht einmal negativ.
Wenn Zocker auf den Putz hauen, wird's hermetisch. Der Skatklopper erlaubt sich beim Contrabieten "ein Stößchen zu geben", und der Schafkopfer ruft die "Hundsg'vögelte" zu Hilfe, nämlich die Karte Schellen-As, auf der eine von einem Hund bedrängte Sau abgebildet ist. Bei Unbedarften erzeugen solche Sprachrituale Staunen, bei den Kombattanten jedoch so etwas wie corporate identity: Wer die kessere Lippe einsetzt, sticht manchmal auch ohne Trumpf. Bei Gamern verhält es sich ähnlich. Gamer sind Computerspieler, die mit ihren Gegnern im Internet als Polizisten, Untote, Trolle, Blutelfen oder Terroristen wetteifern. Sie pflegen in ihren Unterhaltungen eine Sprache, die so befremdlich ist, dass der Passauer Sprachwissenschaftlers Frederik Weinert dazu geneigt ist, ihr den Stempel Soziolekt aufzudrücken. Ob die Gamer damit Kartenspielern wirklich etwas voraus haben?
Gamer pflegen untereinander eine eigene Sprache - höchste Zeit also, für eine linguistische Untersuchung!
Wer Respekt will, muss die Sprache nicht nur verstehen, sondern sie auch anwenden. "In Gaming-Communitys", schreibt Weinert, sei es wichtig, sprachliche Eigenheiten der Gamersprache zu "verwenden, um sich als integrationswilliges Individuum darzustellen". Wer seine Anfängerfrage auch anfängerhaft formuliert, wird gerne mal isoliert und verspottet. Insofern passt Weinerts Beitrag über "Gamersprache" bestens in einen Tagungsband, der sich "Sprachminderheit, Identität und Sprachbiographie" nennt. Das Buch begründet eine von Nicole Eller-Wildfeuer und Alfred Wildfeuer herausgegebene linguistische Reihe mit dem Titel "Sprachen im Kontakt" (Edition Vulpes, Regensburg 2013). Es enthält unter anderem Studien über deutschsprachige Minderheiten zwischen Colorado, Neuseeland und dem Fersental sowie eine interessante Analyse von Intensivpartikeln (echt, voll, krass...) in den Jugendzeitschriften Bravo und Mädchen - und über die Gamersprache.
Wenn Frederik Weinert mit kritischem Unterton bemerkt, Gamer seien "in den Massenmedien häufig als nicht sozialisierte Sonderlinge dargestellt", liefert er genau für diese Sichtweise gute Argumente. Anfeindungen und Beleidigungen seien in Gamerforen an der Tagesordnung: Den Unmut der Spielgefährten zieht ein Gamer dann auf sich, wenn er sich standardsprachlich und damit unkooperativ ausdrückt. "Integrationswillige Individuen" hingegen pauken die neue Sprache - wobei ein neues Vokabular ebenso zu erlernen ist wie teilweise skurrile Flexionsformnen. Ist das laut Weinert seit etwa fünf Jahren existierende Akronym afklo noch insofern einfach einzudeutschen, als man den Absender dieser Mitteilung beim Vollbringen der Notdurft vermuten darf, braucht man beim Übersetzen der Abkürzung afk eindeutig Insiderwissen. Es heißt: away from keyboard. Also: nicht da.
In manchen Spielen wird gezaubert, das heißt, die Gamer kämpfen um Zauberpunkte und rücken dadurch in höhere Stufen vor. Immerhin kommen bei diesem Zeitvertreib nicht nur bizarre, sondern auch drollige Begriffe zustande. Buff etwa steht für Stärkungszauber. Weinert hat in einem Gamerforum das Determinativkompositum "Bierbuff" gefunden. Er deutet es so, dass in der fraglichen Gamer-Runde "reales Bier getrunken wird, wodurch die Spielatmosphäre lockerer wird". Der Bierkonsum werde mit "einem virtuellen Stärkungszauber (Buff) gleichgesetzt". Warum sollen solche Ausdrücke nicht auch einmal in die Standardsprache hineinwachsen? Mit Idiotismen wie bash0rn, ess0rn und ihrem kryptischen Geplänkel um die Zahl 1337 herum bleiben die Gamer hermetisch genug. Sie nennen sich gegenseitig Kellerkinder, und das meinen sie nicht einmal negativ.