Eine der angesehensten Zeitungen gehört bald dem Gründer eines Online-Versandhauses. Wie wird das Amerikas Medienbranche verändern? Bei Jeff Bezos treffen die ersten Tipps und Warnungen ein.
Die Nachricht, dass die Washington Post für 250 Millionen Dollar an Jeff Bezos, den Gründer und Chef des Internet-Versandhauses Amazon, verkauft wird, war immerhin selbst noch einmal richtig klassisches Futter für den Journalismus. Seitdem darf nun auf allen Kanälen die Frage verhandelt werden, was das für dessen Zukunft heißt. Und die Art der Reaktionen ist vielleicht schon ein Teil der Antwort.
Ungenutzte Zeitungsboxen unweit der Druckerei der Washington Post
Überwiegend ist Amerika immer noch dabei, sich begreiflich zu machen, was da überhaupt passiert ist. Warum, rätseln von David Remnick im New Yorker bis zu den Analysten auf den Wirtschaftsblogs zur Zeit alle, warum kauft ausgerechnet ein Internetpionier eine Traditionszeitung? Eine der Antworten: Weil Amazon schon sein Geld mit dem Verkauf von Büchern verdient hat, also mit traditionell bedrucktem Papier. Am Ende dreht es sich immer um die eine Sache: das diffizile Verhältnis von Print und Online. Dabei ist es bezeichnend genug, wie sehr sich allein schon der Begriff der "Reaktion" durch das Internet verändert hat. Es heißt, die Geschäftsführung habe von den Mitarbeitern der Washington Post verlangt, nach der Verkündung der Neuigkeiten erst einmal zehn Minuten lang vom Twittern abzusehen. Zehn Minuten - ein neuer Kürzestrekord für eine Nachrichtensperre - waren offenbar nötig, um auf den Telefontasten Primärlaute der Überraschung zu finden, und eine weitere Stunde, um sarkastisch zu werden. Der Kolumnist Ezra Klein schrieb erst: "Das kommt unerwartet", und später: "Ich habe eine Menge Zeug von Jeff Bezos" Unternehmen gekauft, also ist das jetzt hier nur fair."
Jeff Bezos erwirbt die Washington Post als Privatmann, nicht als Zukauf zu Amazon. Dass in den Twitter-Reaktionen trotzdem meistens auf Amazon abgestellt wird, verrät einiges über die Ängste, zum Content-Lieferanten eines Online-Versands zu werden.
Gene Weingarten, der vielleicht prominenteste Kolumnist der Zeitung, zeigte ein anderes Reiz-Reaktion-Muster. Seine erste Mitteilung lautete: "Ungghkh." Etwas später aber schrieb er, seine Reaktion sei jetzt offiziell diese: Wenn der bisherige Eigentümer Don Graham sage, der Verkauf an Bezos sei das Richtige, dann glaube er ihm das. Einen Tag später hatte er den tieferen Sinn dieses Meinungsumschwungs dann in einem offenen Brief an Bezos auf der Website der Washington Post noch einmal ausformuliert. Es ist nichts anderes als die Aufforderung, mit dem Geld aus dem Internetgeschäft nach Wegen zu suchen, den klassischen Journalismus wieder profitabel zu machen - und nicht umgekehrt.
Eine Traditionszeitung für 250 Millionen seien gemessen an Bezos Gesamtvermögen ungefähr das Äquivalent zum Kauf eines 2003er Honda Civic für ihn, Weingarten. Er wolle deswegen nicht hoffen, dass das Blatt für Bezos nur ein billiges Spielzeug ist oder gar "ein Vehikel, um seine größeren Geschäfte voranzutreiben". Er sei als junger Mann einmal Redakteur beim Sonntagsmagazin des Miami Herald gewesen, als deren Herausgeber den Wunsch äußerten, das Heft möge über die Silver Knights Awards berichten, eine Preisverleihung für jahrgangsbeste Oberschüler - dummerweise ausgerichtet und finanziert von eben jenen Besitzern des Herald. Die Redaktion habe sich geweigert, und die Besitzer hätten dies, wenn auch grummelnd, akzeptiert. Dies könnte eigentlich als die Moral von der Geschichte dastehen.
Vorsichtshalber fügte Weingarten aber noch eine boshafte Pointe an: "Wikipedia sagt mir nun, einer der Silver Knight Gewinner in jenem Jahr war der kleine Jeffrey Bezos von der Miami Palmetto High School. Haha."
Das erzählt nun seinerseits eine Menge über die Gemütslage im klassischen Journalismus. Über die Reaktion von Bezos ist bislang nichts bekannt.
Die Nachricht, dass die Washington Post für 250 Millionen Dollar an Jeff Bezos, den Gründer und Chef des Internet-Versandhauses Amazon, verkauft wird, war immerhin selbst noch einmal richtig klassisches Futter für den Journalismus. Seitdem darf nun auf allen Kanälen die Frage verhandelt werden, was das für dessen Zukunft heißt. Und die Art der Reaktionen ist vielleicht schon ein Teil der Antwort.
Ungenutzte Zeitungsboxen unweit der Druckerei der Washington Post
Überwiegend ist Amerika immer noch dabei, sich begreiflich zu machen, was da überhaupt passiert ist. Warum, rätseln von David Remnick im New Yorker bis zu den Analysten auf den Wirtschaftsblogs zur Zeit alle, warum kauft ausgerechnet ein Internetpionier eine Traditionszeitung? Eine der Antworten: Weil Amazon schon sein Geld mit dem Verkauf von Büchern verdient hat, also mit traditionell bedrucktem Papier. Am Ende dreht es sich immer um die eine Sache: das diffizile Verhältnis von Print und Online. Dabei ist es bezeichnend genug, wie sehr sich allein schon der Begriff der "Reaktion" durch das Internet verändert hat. Es heißt, die Geschäftsführung habe von den Mitarbeitern der Washington Post verlangt, nach der Verkündung der Neuigkeiten erst einmal zehn Minuten lang vom Twittern abzusehen. Zehn Minuten - ein neuer Kürzestrekord für eine Nachrichtensperre - waren offenbar nötig, um auf den Telefontasten Primärlaute der Überraschung zu finden, und eine weitere Stunde, um sarkastisch zu werden. Der Kolumnist Ezra Klein schrieb erst: "Das kommt unerwartet", und später: "Ich habe eine Menge Zeug von Jeff Bezos" Unternehmen gekauft, also ist das jetzt hier nur fair."
Jeff Bezos erwirbt die Washington Post als Privatmann, nicht als Zukauf zu Amazon. Dass in den Twitter-Reaktionen trotzdem meistens auf Amazon abgestellt wird, verrät einiges über die Ängste, zum Content-Lieferanten eines Online-Versands zu werden.
Gene Weingarten, der vielleicht prominenteste Kolumnist der Zeitung, zeigte ein anderes Reiz-Reaktion-Muster. Seine erste Mitteilung lautete: "Ungghkh." Etwas später aber schrieb er, seine Reaktion sei jetzt offiziell diese: Wenn der bisherige Eigentümer Don Graham sage, der Verkauf an Bezos sei das Richtige, dann glaube er ihm das. Einen Tag später hatte er den tieferen Sinn dieses Meinungsumschwungs dann in einem offenen Brief an Bezos auf der Website der Washington Post noch einmal ausformuliert. Es ist nichts anderes als die Aufforderung, mit dem Geld aus dem Internetgeschäft nach Wegen zu suchen, den klassischen Journalismus wieder profitabel zu machen - und nicht umgekehrt.
Eine Traditionszeitung für 250 Millionen seien gemessen an Bezos Gesamtvermögen ungefähr das Äquivalent zum Kauf eines 2003er Honda Civic für ihn, Weingarten. Er wolle deswegen nicht hoffen, dass das Blatt für Bezos nur ein billiges Spielzeug ist oder gar "ein Vehikel, um seine größeren Geschäfte voranzutreiben". Er sei als junger Mann einmal Redakteur beim Sonntagsmagazin des Miami Herald gewesen, als deren Herausgeber den Wunsch äußerten, das Heft möge über die Silver Knights Awards berichten, eine Preisverleihung für jahrgangsbeste Oberschüler - dummerweise ausgerichtet und finanziert von eben jenen Besitzern des Herald. Die Redaktion habe sich geweigert, und die Besitzer hätten dies, wenn auch grummelnd, akzeptiert. Dies könnte eigentlich als die Moral von der Geschichte dastehen.
Vorsichtshalber fügte Weingarten aber noch eine boshafte Pointe an: "Wikipedia sagt mir nun, einer der Silver Knight Gewinner in jenem Jahr war der kleine Jeffrey Bezos von der Miami Palmetto High School. Haha."
Das erzählt nun seinerseits eine Menge über die Gemütslage im klassischen Journalismus. Über die Reaktion von Bezos ist bislang nichts bekannt.