Quantcast
Channel: jetzt.de - SZ
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3345

'Lassen Sie sich nicht kleinkriegen'

$
0
0
In der Bundestagsdebatte über die Quote wirbt die Opposition um die Unterstützung der CDU-Frauen, doch die schweigen oder sind gar nicht erst erschienen. Nur eine Befürworterin aus der Union traut sich ans Pult

Berlin - Die Frauen, auf die es ankam, haben an diesem Freitag einfach geschwiegen. Ursula von der Leyen, die ansonsten so wortgewaltige Kämpferin für die Quote, schaute der Debatte einfach nur zu. Kristina Schröder, die eigentlich zuständige Frauenministerin, mied das Rednerpult in seltener Eintracht mit der Kollegin ebenfalls. Angela Merkel war erst gar nicht in den Bundestag gekommen. Und Rita Pawelski, die Chefin der Frauen in der Unionsfraktion, versteckte sich in der dritten Reihe. An diesem Morgen konnte niemand übersehen, wie unangenehm der Koalition die Debatte war.

Im September hatte sich der Bundesrat dank der Unterstützung zweier CDU-Ministerpräsidenten für eine feste Frauenquote in Aufsichtsräten ausgesprochen - für die Opposition ein erster Durchbruch im jahrelangem Kampf für eine Quote. Union und FDP wollten den Gesetzentwurf der Länderkammer eigentlich in einem Bundestagsausschuss versanden lassen. Aber dann brachten SPD und Grüne den Entwurf als eigenen Antrag in den Bundestag ein. Und so ließ sich die Debatte über die Frauenquote nicht mehr vermeiden.





Renate Künast eröffnete die Debatte furios: 'Nichts hat sich geändert in 63Jahren Grundgesetz, nichts hat sich geändert seit der Selbstverpflichtung der Unternehmen vor zehn Jahren', schrie die grüne Fraktionschefin mehr in den Saal als dass sie sprach. Wenn es nach der Qualifikation ginge, müssten 'die Vorstände voller Frauen sein'. Die hätten 'die besseren Abschlüsse und die besseren Qualifikationen'. Trotzdem seien die Vorstände noch immer eine Männer-Domäne. Eingedenk dessen hätten die Frauen das 'Schröder-von-der-Leyen-Theater und Führung Merkels' satt. Die eine Ministerin sei gegen die Quote, die andere dafür - und die Bundeskanzlerin lasse alle gewähren. Die Bundesrepublik sei deshalb im internationalen Gleichstellungsranking schon auf Platz 13 zurückgefallen. In einem eindringlichen Appell forderte die Grüne die Unterstützer einer Frauenquote in den Reihen von Union und FDP auf, das zu ändern. 'Die Frauen des Landes bitten um Ihre Stimme, damit sie endlich gleiche Chancen wie die Männer haben', sagte Künast. Sie 'bitte die Frauen in der CDU, sich nicht kleinkriegen zu lassen'. Die Grünen würden ihnen 'die Hand ausstrecken'.

Doch von den vielen Quoten-Befürworterinnen in der Koalition traute sich an diesem Tag nur eine Frau ans Rednerpult: Die CDU-Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker. Frauen in Top-Positionen der Wirtschaft seien kein 'Luxusthema', sagte sie - auch an die Adresse der vielen Quoten-Gegner in den Reihen der Koalition. Trotz einiger Fortschritte gebe es noch immer zu wenig Frauen in den Unternehmensführungen. Von allein werde sich nichts daran ändern. Es wäre ja schön, wenn es für die Unternehmensführungen bisher 'eine Bestenauswahl' gebe. Aber das glaubten doch bestenfalls die Vorstände selber. 'Deshalb brauchen wir jetzt eine gesetzliche Regelung', sagte Winkelmeier-Becker. Eine Flexi-Quote, wie sie Schröder fordert, lehnte die Abgeordnete ab. Dass der Adressat einer Regelung selbst über deren Kriterien entscheiden dürfe, sei unsinnig - 'das hat noch nie funktioniert.'

Von der Opposition wurde Winkelmeier-Becker für ihre 'mutige Rede' gelobt. Ihre eigenen Reihen hat sie jedoch nicht sonderlich überzeugt. Der CDU-Abgeordnete Stephan Harbarth sagte, seine Fraktion setze statt auf starre Quoten auf 'passgenaue Lösungen'. Es sei nicht einzusehen, dass es über alle Branchen hinweg dieselbe Quote gelten solle. Bei Konzernen wie Thyssen-Krupp oder Volkswagen liege der Frauenanteil an den Beschäftigten nur bei gut zehn Prozent. Außerdem betreffe der Gesetzentwurf des Bundesrats nur wenige Frauen in den Aufsichtsräten. Anders als Schröders Flexi-Quote kümmere er sich nicht 'um die nachgeordneten Ebenen'. Statt die gläserne Decke für Frauen durchlässiger zu machen, wolle die Opposition lediglich 'ein paar Frauen auf die gläserne Decke draufsetzen'.

Wegen der Usancen des Bundestags wurde am Ende der Debatte noch nicht über den Gesetzentwurf abgestimmt. Er muss jetzt erst einmal in den Ausschüssen beraten werden. Danach werden aber auch die Frauen Farbe bekennen müssen, die am Freitag nur geschwiegen haben.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 3345