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Vertretungsstunde bei Frau Merkel

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Die Kanzlerin besucht eine Schule und erzählt vom Mauerbau

Vertretungsstunde, das ist ja eigentlich der Moment für gepflegte Gemeinheiten. Da lassen Schüler die eingewechselte Lehrkraft auflaufen. Insofern war es ein Bruch mit einer gewachsenen Tradition, als die Bundeskanzlerin am Dienstagmorgen von den Kindern und Jugendlichen des Berliner Heinrich-Schliemann-Gymnasiums mit Blumen empfangen wurde. Sie war gekommen, um eine Vertretungsstunde im Fach Geschichte zu halten, auf Einladung des Spiesser, einer anzeigenfinanzierten Gratiszeitschrift für Jugendliche, deren Auflage seit längerem die Bravo überrundet hat. Die Kanzlerin übernahm die vierte Stunde, den Grundkurs Q3 bei Herrn Dittmann; das ist eine überschaubare Gruppe von Oberstufenschülern, unter ihnen sind erste Wahlberechtigte. Thema war der Bau der Berliner Mauer, der am 13.August 1961 begann. Anstatt einen Kranz niederzulegen, beging Merkel den Jahrestag so im Gespräch mit Jugendlichen, die es ihr auf der Höhe des Bundestagswahlkampfs mit lautem Begrüßungsjubel auf dem Pausenhof dankten. Ein angenehmer Termin.



Angela Merkel als Vertretungsleherin in der Berliner Schliemannschule

Gerade jungen Menschen müsse verdeutlicht werden, wie die DDR-Führung die Freiheitsrechte ihrer Bürger mit Füßen getreten habe, hatte Merkels Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) zuvor gesagt. Während Neumann gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an der Mauer-Gedenkstätte in der Hauptstadt Kränze zum Gedenken an die Mauertoten niederlegte, teilte die Kanzlerin am Heinrich-Schliemann-Gymnasium Arbeitsblätter aus.

Von der Unterrichtsstunde, die hinter verschlossener Tür stattfand, war hinterher nur zu erfahren: Merkel sei streng gewesen, zumindest am Anfang der Stunde. Die Schüler sollten auf einer Karte von Berlin einzeichnen, wo ihrer Ansicht nach der Mauer verlaufen sei. Erst danach sei die Frage an der Tafel aufgelöst worden. So ganz treffsicher waren die Schüler dabei wohl nicht.

Trotzdem kam man gut ins Gespräch. "Überraschend gut" fand eine Schülerin den Auftritt Merkels - gerade weil es offenbar nicht nur um die Mauer, sondern auch um Merkel selbst ging. Als die Mauer 1989 fiel, war die heutige Kanzlerin mit einer Freundin in der Sauna; die Geschichte hat sie schon öfter erzählt. Als die Mauer hochgezogen wurde, war sie erst sieben Jahre alt. In ihrer Familie sei damals aber viel gesprochen wurden, sagte Merkel am Dienstag. An das Erschrecken ihrer Eltern könne sie sich gut erinnern.

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