Der Lebenspartner des NSA-Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald wurde am Londoner Flughafen neun Stunden von der Polizei festgehalten.
Buenos Aires/London - Am Montagmorgen landete David Miranda wieder in Rio de Janeiro, doch der Ärger um seine Verhaftung geht weiter. Neun Stunden lang war der brasilianische Lebensgefährte des US-Journalisten und Edward-Snowden-Vertrauten Glenn Greenwald während eines Zwischenstopps am Sonntag auf dem Londoner Flughafen Heathrow festgehalten worden - als Vorwand diente das britische Anti-Terrorgesetz. Der 28-jährige Miranda kam aus Berlin, wo er sich zur Übergabe von Dokumenten mit der Amerikanerin Laura Poitras getroffen hatte. Greenwald und die Dokumentarfilmerin Poitras veröffentlichen seit Wochen Material des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA), das ihnen der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden übergeben hat und einen globalen Lauschangriff offenbart. Brasiliens Regierung bezeichnete die Schikane gegen Miranda als "nicht zu rechtfertigende Maßnahme".
Der US-Journalist und Snowden-Vertraute Glenn Greenwald mit seinem Lebensgefährten David Miranda. Neun Stunden war Miranda am Sonntag in London festgehalten worden.
Der Marketing-Student Miranda schilderte nach seiner Rückkehr nach Rio, wie ihm während seines Zwangsaufenthalts in London Pass, Laptop, UBS-Stick, Mobiltelefon und Kamera abgenommen worden seien. Sechs Agenten hätten ihn verhört. Miranda will sich wegen des Zwischenfalls an den Senat und die US-Behörden wenden. Er lebt in Rio mit dem Kolumnisten Glenn Greenwald, der in der englischen Zeitung Guardian über Snowdens Enthüllungen berichtet. Im Gespräch mit der SZ hatte Greenwald kürzlich beklagt, dass er verfolgt werde. "Ab jetzt werde ich in meinen Reportagen im Guardian noch radikaler", sagte Greenwald, der seinen Freund Miranda am Flughafen von Rio abholte, so die Zeitung O Globo. "Das alles war ein klarer Versuch der Einschüchterung."
Die Affäre erinnert an das Vorgehen gegen den bolivianischen Präsidenten Evo Morales Anfang Juli in Wien. Morales war auf dem Rückflug aus Moskau von mehreren EU-Staaten die Überfluggenehmigung verweigert worden, weil eine US-Botschaft behauptet hatte, Edward Snowden sei an Bord der Regierungsmaschine. Morales musste notlanden und saß stundenlang am Flughafen Schwechat fest. Der IT-Spezialist Snowden war im Juni aus Hawaii nach Hongkong geflüchtet und übergab Greenwald und Poitras geheime Unterlagen über die Abhörpraxis der NSA, die USA machten daraufhin seinen Pass ungültig und erhoben Anklage. Nach wochenlangem Aufenthalt im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo bekam Snowden am 1. August für zunächst ein Jahr Asyl in Russland.
Greenwalds brasilianischer Lebensgefährte war am Sonntagmorgen um 8.05 Uhr von der britischen Polizei aufgehalten worden. Die Beamten beriefen sich auf Paragraf 7 des "Anti Terrorism Act 2000". Das Gesetz erlaubt es der Polizei, Terrorverdächtige bis zu neun Stunden lang festzuhalten und zu befragen. Nach 8:55 Stunden ließen sie Miranda ziehen.
Sowohl die Beschlagnahme als auch die Dauer der Befragung im Fall Miranda sind ungewöhnlich. 97 Prozent aller Reisenden, die unter Berufung auf Paragraf 7 aufgehalten werden, werden nach weniger als einer Stunde wieder entlassen. Dass Miranda so lange wie maximal möglich festgehalten wurde, wertet sein Partner Glenn Greenwald als Zeichen dafür, "dass eine Botschaft an die diejenigen geschickt werden soll, die über die NSA und den britischen Geheimdienst berichten". Quellen zu verfolgen und zu verurteilen sei schlimm. "Journalisten einzusperren, die die Wahrheit erzählen, ist schlimmer. Verwandte von Journalisten zu verhaften ist schlicht despotisch."
Amnesty International und die Vereinigung Reporter ohne Grenzen protestieren gegen das Vorgehen der Behörden. Auch britische Politiker sind besorgt. Für den Labour-Abgeordneten Tom Watson ist es "beinahe unmöglich", dass jemand gedacht habe, Miranda sei wirklich ein Terrorverdächtiger. Der Paragraf sei kein Freibrief, um beliebige Reisende festzuhalten. Watson sagte: "Wir müssen wissen, ob Minister von dieser Entscheidung wussten und wer genau sie autorisiert hat." Er nannte die Aktion "eine Attacke auf den Journalismus". Es sei Aufgabe der Politik, so etwas in Zukunft zu verhindern.
Der Vorsitzende des parlamentarischen Innenausschusses, Keith Vaz, will den Chef von Scotland Yard nach Hintergründen befragen. Das Vorgehen der Polizei nannte er "außergewöhnlich". Vaz sagte: "Diejenigen von uns, die das Gesetz seinerzeit im Parlament verschiedet haben, konnten sicherlich nicht erwarten, dass es in dieser Weise angewandt würde." Vaz findet es bemerkenswert, dass Miranda unter Berufung auf ein Gesetz zur Terrorabwehr festgehalten wurde, obwohl er lediglich der Lebenspartner eines investigativen Journalisten sei. "Mag sein, dass die Polizei eine absolut schlüssige Erklärung hat", sagte Vaz, "aber die würde ich gern hören."
Buenos Aires/London - Am Montagmorgen landete David Miranda wieder in Rio de Janeiro, doch der Ärger um seine Verhaftung geht weiter. Neun Stunden lang war der brasilianische Lebensgefährte des US-Journalisten und Edward-Snowden-Vertrauten Glenn Greenwald während eines Zwischenstopps am Sonntag auf dem Londoner Flughafen Heathrow festgehalten worden - als Vorwand diente das britische Anti-Terrorgesetz. Der 28-jährige Miranda kam aus Berlin, wo er sich zur Übergabe von Dokumenten mit der Amerikanerin Laura Poitras getroffen hatte. Greenwald und die Dokumentarfilmerin Poitras veröffentlichen seit Wochen Material des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA), das ihnen der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden übergeben hat und einen globalen Lauschangriff offenbart. Brasiliens Regierung bezeichnete die Schikane gegen Miranda als "nicht zu rechtfertigende Maßnahme".
Der US-Journalist und Snowden-Vertraute Glenn Greenwald mit seinem Lebensgefährten David Miranda. Neun Stunden war Miranda am Sonntag in London festgehalten worden.
Der Marketing-Student Miranda schilderte nach seiner Rückkehr nach Rio, wie ihm während seines Zwangsaufenthalts in London Pass, Laptop, UBS-Stick, Mobiltelefon und Kamera abgenommen worden seien. Sechs Agenten hätten ihn verhört. Miranda will sich wegen des Zwischenfalls an den Senat und die US-Behörden wenden. Er lebt in Rio mit dem Kolumnisten Glenn Greenwald, der in der englischen Zeitung Guardian über Snowdens Enthüllungen berichtet. Im Gespräch mit der SZ hatte Greenwald kürzlich beklagt, dass er verfolgt werde. "Ab jetzt werde ich in meinen Reportagen im Guardian noch radikaler", sagte Greenwald, der seinen Freund Miranda am Flughafen von Rio abholte, so die Zeitung O Globo. "Das alles war ein klarer Versuch der Einschüchterung."
Die Affäre erinnert an das Vorgehen gegen den bolivianischen Präsidenten Evo Morales Anfang Juli in Wien. Morales war auf dem Rückflug aus Moskau von mehreren EU-Staaten die Überfluggenehmigung verweigert worden, weil eine US-Botschaft behauptet hatte, Edward Snowden sei an Bord der Regierungsmaschine. Morales musste notlanden und saß stundenlang am Flughafen Schwechat fest. Der IT-Spezialist Snowden war im Juni aus Hawaii nach Hongkong geflüchtet und übergab Greenwald und Poitras geheime Unterlagen über die Abhörpraxis der NSA, die USA machten daraufhin seinen Pass ungültig und erhoben Anklage. Nach wochenlangem Aufenthalt im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo bekam Snowden am 1. August für zunächst ein Jahr Asyl in Russland.
Greenwalds brasilianischer Lebensgefährte war am Sonntagmorgen um 8.05 Uhr von der britischen Polizei aufgehalten worden. Die Beamten beriefen sich auf Paragraf 7 des "Anti Terrorism Act 2000". Das Gesetz erlaubt es der Polizei, Terrorverdächtige bis zu neun Stunden lang festzuhalten und zu befragen. Nach 8:55 Stunden ließen sie Miranda ziehen.
Sowohl die Beschlagnahme als auch die Dauer der Befragung im Fall Miranda sind ungewöhnlich. 97 Prozent aller Reisenden, die unter Berufung auf Paragraf 7 aufgehalten werden, werden nach weniger als einer Stunde wieder entlassen. Dass Miranda so lange wie maximal möglich festgehalten wurde, wertet sein Partner Glenn Greenwald als Zeichen dafür, "dass eine Botschaft an die diejenigen geschickt werden soll, die über die NSA und den britischen Geheimdienst berichten". Quellen zu verfolgen und zu verurteilen sei schlimm. "Journalisten einzusperren, die die Wahrheit erzählen, ist schlimmer. Verwandte von Journalisten zu verhaften ist schlicht despotisch."
Amnesty International und die Vereinigung Reporter ohne Grenzen protestieren gegen das Vorgehen der Behörden. Auch britische Politiker sind besorgt. Für den Labour-Abgeordneten Tom Watson ist es "beinahe unmöglich", dass jemand gedacht habe, Miranda sei wirklich ein Terrorverdächtiger. Der Paragraf sei kein Freibrief, um beliebige Reisende festzuhalten. Watson sagte: "Wir müssen wissen, ob Minister von dieser Entscheidung wussten und wer genau sie autorisiert hat." Er nannte die Aktion "eine Attacke auf den Journalismus". Es sei Aufgabe der Politik, so etwas in Zukunft zu verhindern.
Der Vorsitzende des parlamentarischen Innenausschusses, Keith Vaz, will den Chef von Scotland Yard nach Hintergründen befragen. Das Vorgehen der Polizei nannte er "außergewöhnlich". Vaz sagte: "Diejenigen von uns, die das Gesetz seinerzeit im Parlament verschiedet haben, konnten sicherlich nicht erwarten, dass es in dieser Weise angewandt würde." Vaz findet es bemerkenswert, dass Miranda unter Berufung auf ein Gesetz zur Terrorabwehr festgehalten wurde, obwohl er lediglich der Lebenspartner eines investigativen Journalisten sei. "Mag sein, dass die Polizei eine absolut schlüssige Erklärung hat", sagte Vaz, "aber die würde ich gern hören."