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Ein furchtbar netter Mann

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Der Amokläufer von Großpriel hortete Hunderte Waffen

Der spektakuläre Großeinsatz von 135 Polizisten der Sondereinheit Cobra, 200 zusätzlichen Polizisten, Soldaten und Feuerwehrleuten endete nicht mit der erhofften Festnahme: Der Mann, der in der Nacht zum Dienstag in Niederösterreich vier Menschen getötet hatte, wurde nach einer stundenlangen Belagerung tags darauf kurz nach Mitternacht in seinem Bauernhof in Großpriel bei Melk tot aufgefunden. Alois H. war geflüchtet, als er an einer Straßensperre bei Annaberg im Bezirk Lilienfeld angehalten werden sollte; Polizisten suchten dort nach einem Wilderer, der seit Langem in der Gegend sein Unwesen trieb. Der Täter erschoss einen Polizisten und einen Sanitäter und, wenig später, auf der Flucht einen weiteren Polizisten. Einen dritten nahm er als Geisel, fuhr mit ihm in dessen Streifenwagen davon - und erschoss auch den nach der Ankunft in seinem Wohnhaus. Dort hielt sich der Täter dann verschanzt.

 

Polizisten sichern die Zufahrt zum Hof des Amokläufers von Großpriel

Von den frühen Morgenstunden an hatte die Polizei das Haus umstellt, doch der Sturm auf den Hof, der wie eine bewaffnete Festung dalag, gelang erst gegen halb sieben am Abend im Schutz von Panzern des Bundesheeres. Gefunden wurde die Leiche von H. wiederum erst nach mehr als sechs Stunden. Die Polizisten hatten das verwinkelte Gebäude samt seinen vielen Nebengebäuden systematisch durchsucht und waren überaus vorsichtig vorgegangen, um weitere Opfer zu vermeiden. Die Leiche von Alois H. fand sich schließlich verkohlt in einem versteckten Kellerraum. Der Raum habe früher als Atombunker gedient, teilte Polizeisprecher Roland Scherscher mit; der Täter habe offenbar selbst das Feuer gelegt. Der Tote habe sich in "entsprechendem Zustand" befunden, wie der Polizeisprecher lakonisch feststellte.

Damit endete ein Großeinsatz, wie ihn Österreich selten gesehen hat. Der Schock über den Verlauf der 24 Stunden, die vergehen mussten, bis H. in seinem Bunker entdeckt wurde, steckt nicht nur den Einsatzkräften in den Knochen. Fragen werden laut: ob der Tod von insgesamt fünf Menschen nicht vermeidbar war, ob die Polizei schlecht vorbereitet gewesen sei oder unprofessionell agiert habe. Die Einsatzleitung wiegelt ab: Der Mann sei mit einer Brutalität vorgegangen, mit der niemand habe rechnen können. Er habe Munition benützt, die selbst schusssichere Westen der Beamten durchschlug, und habe seine Opfer regelrecht "liquidiert".

Nachbarn hatten Alois H. als netten Menschen und vorbildlichen Jäger bezeichnet; die Behörden teilten mit, er sei unbescholten. Mittlerweile jedoch werden zahlreiche Informationen bekannt, die ein anderes Bild zeichnen. Demnach lebte der Mann seit dem Tod seiner Frau vor 18 Jahren allein, seine einzige Gesellschaft soll sein Schäferhund Burgi gewesen sein, auf den er regelrecht fixiert gewesen sei. Einem Freund soll er nach der Tat am Telefon gestanden haben, er habe ein zweites Ich; er sei schizophren.

Mittlerweile hat die Polizei auch bekannt gegeben, dass Alois H. verdächtigt wird, vor Jahren einen Jäger angegriffen und verletzt zu haben. Bei der Durchsuchung seines Hauses seien außerdem "Hinweise auf weitere Straftaten" gefunden worden. Die Zahl der Waffen, die man bei H. gefunden habe, bewege sich im "dreistelligen Bereich".

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