Früher war es furchtbar heiß in der Jahrhunderthalle in Bochum-Stahlhausen. Man roch den Schweiß der kleinen Leute mit den starken Armen. Die Gebläse des Hochofens bliesen, bis die Stahlindustrie zugrunde ging und die Halle kalt wurde. Vor ein paar Jahren hat man den Koloss saniert und wieder ein Gebläse eingebaut. Das macht die Jahrhunderthalle nun schön warm - so warm, dass man auch im November prima mit nacktem Oberkörper herumstehen kann. Oder Saltos schlagen.
Urbanatix feiern ihren großen Erfolg. Auch Politiker stehen Schlange um ihre Show zu sehen.
Besnik Selimaj hat sein T-Shirt ausgezogen, zeigt den Leuten noch mal schnell seinen wirklich sehenswerten Oberkörper und macht dann auf der Matte in der Jahrhunderthalle sieben Saltos am Stück - mal so zum warm werden, obwohl es schon ziemlich warm ist.
Das ging alles ziemlich schnell - die sieben Saltos und die Geschichte von Besnik Selimaj und den "Urbanatix". Vor einigen Jahren haben sich ein paar Leute in einer leer stehenden Kirche getroffen, um ein bisschen zusammen zu üben, ein bisschen Breakdance, ein bisschen Akrobatik und Tricking. Vier Jahre später stehen 60 Leute nun in der Jahrhunderthalle auf der Bühne, für eineinhalb Stunden einer ziemlich großartigen Show. 1200 Menschen sind gekommen und zahlen Eintrittspreise von 20 bis 40 Euro. Das muss man sich leisten können im Ruhrgebiet, so viel zu zahlen. Und vor allem so viel zu verlangen. Man übersieht sie leicht, die Erfolgsgeschichten aus dem Pott, weil Deutschland den tiefen Westen ganz gerne mal übersieht. Urbanatix ist aber eine von ihnen. Eine Serie von 14 gefeierten Shows geht gerade zu Ende. Mittlerweile stehen auch die Politiker Schlange, um den Erfolg zu feiern.
Es ist eine Mischung aus Jugendarbeit und Artistenschule, die da entstanden ist in Bochum. Als für das Jahr der Kulturhauptstadt 2010 Projekte gesucht wurden, dachte sich Christian Eggert, 49, man könne doch etwas mit Jugendkultur organisieren, einer Richtung, die sich unter "urban styles" summieren lässt, von Breakdance bis BMX. Die Kulturhauptstadt lehnte erst ab, das Projekt begann trotzdem. In einer leer stehenden Kirche in Essen. Die jungen Leute brachten sich das meiste selbst bei. "Each one, teach one", laute das Prinzip, sagt Eggert. Jeder gibt sein Wissen weiter. Sie brachten sich Tricks und Choreografien bei, und auch Zusammenhalt und Pünktlichkeit, sagt Eggert.
Das kannte nicht jeder bis dahin. "Sozialarbeit 3.0" nennt Eggert es auch. Früher bestand die darin, dass in Jugendzentren ein Tischkicker stand und ein paar langhaarige Sozialpädagogen herumstanden. Dann merkte man, dass die Sozialpädagogen selbst viel lieber kickerten als die Klientel, um die man sich kümmern wollte. Eggert hat das alles mitgemacht, die Zeltlager und Jugendaustausch-Aktionen; er war früher selbst Jugendbetreuer, bevor er dies und das machte und eine eigene Agentur gründete - und eben Urbanatix. Ganz neu war das nicht, auch die Sozialpädagogen versuchen mittlerweile, wieder näher an die Jugend zu rücken, bieten Breakdance-Seminare an und all das. In Bochum hat das Projekt aber ein ganz anderes Niveau erreicht. "Wir machen keine Gutmenschen-Pädagogik", sagt Eggert. Es geht nicht nur darum, den Tag irgendwie rumzukriegen, sondern um eine Perspektive, die lange Sicht,
"Direkt von der Straße holen müssen wir niemanden", sagt Besnik Selimaj, 27. Aber viele kommen aus zumindest ansatzweise prekären Verhältnissen. Man kümmert sich, hilft sich, den Weg zu finden im Leben. Selimaj ist insofern ein Sonderfall, denn er kam nach Bochum, um Bauingenieur zu werden. Aber das wurde ihm zu langweilig. Bei Urbanatix darf er seinen Oberkörper zeigen. Profi ist er sogar geworden: Große Firmen wie Mercedes buchen ihn mittlerweile für Shows in aller Welt.
Im nächsten Jahr soll er auch Trainer werden bei Urbanatix, das Projekt will sich weiter vergrößern. Bisher wurden die 60 Mitglieder alle aus Nordrhein-Westfalen gecastet, in Zukunft soll das Projekt offener werden. Eine große Trainingshalle wird gesucht, das Land zahlt Zuschüsse.
Urbanatix hat sich mittlerweile zu einem Magneten entwickelt für alles, was irgendwie hip ist im Ruhrgebiet. Mode-Designerinnen machen die Kostüme, die großen Konzerne sponsern die Auftritte. Es tut sich was im Pott, der ja sehr lange nicht so recht wusste, wohin es geht, der seine Vergangenheit musealisierte, der die alten Zechen und die Jahrhunderthalle sanierte, dann aber manchmal nicht so recht wusste, was denn nun da rein sollte. Jetzt weiß man in Bochum zumindest, was am besten in die Jahrhunderthalle passt.
Urbanatix feiern ihren großen Erfolg. Auch Politiker stehen Schlange um ihre Show zu sehen.
Besnik Selimaj hat sein T-Shirt ausgezogen, zeigt den Leuten noch mal schnell seinen wirklich sehenswerten Oberkörper und macht dann auf der Matte in der Jahrhunderthalle sieben Saltos am Stück - mal so zum warm werden, obwohl es schon ziemlich warm ist.
Das ging alles ziemlich schnell - die sieben Saltos und die Geschichte von Besnik Selimaj und den "Urbanatix". Vor einigen Jahren haben sich ein paar Leute in einer leer stehenden Kirche getroffen, um ein bisschen zusammen zu üben, ein bisschen Breakdance, ein bisschen Akrobatik und Tricking. Vier Jahre später stehen 60 Leute nun in der Jahrhunderthalle auf der Bühne, für eineinhalb Stunden einer ziemlich großartigen Show. 1200 Menschen sind gekommen und zahlen Eintrittspreise von 20 bis 40 Euro. Das muss man sich leisten können im Ruhrgebiet, so viel zu zahlen. Und vor allem so viel zu verlangen. Man übersieht sie leicht, die Erfolgsgeschichten aus dem Pott, weil Deutschland den tiefen Westen ganz gerne mal übersieht. Urbanatix ist aber eine von ihnen. Eine Serie von 14 gefeierten Shows geht gerade zu Ende. Mittlerweile stehen auch die Politiker Schlange, um den Erfolg zu feiern.
Es ist eine Mischung aus Jugendarbeit und Artistenschule, die da entstanden ist in Bochum. Als für das Jahr der Kulturhauptstadt 2010 Projekte gesucht wurden, dachte sich Christian Eggert, 49, man könne doch etwas mit Jugendkultur organisieren, einer Richtung, die sich unter "urban styles" summieren lässt, von Breakdance bis BMX. Die Kulturhauptstadt lehnte erst ab, das Projekt begann trotzdem. In einer leer stehenden Kirche in Essen. Die jungen Leute brachten sich das meiste selbst bei. "Each one, teach one", laute das Prinzip, sagt Eggert. Jeder gibt sein Wissen weiter. Sie brachten sich Tricks und Choreografien bei, und auch Zusammenhalt und Pünktlichkeit, sagt Eggert.
Das kannte nicht jeder bis dahin. "Sozialarbeit 3.0" nennt Eggert es auch. Früher bestand die darin, dass in Jugendzentren ein Tischkicker stand und ein paar langhaarige Sozialpädagogen herumstanden. Dann merkte man, dass die Sozialpädagogen selbst viel lieber kickerten als die Klientel, um die man sich kümmern wollte. Eggert hat das alles mitgemacht, die Zeltlager und Jugendaustausch-Aktionen; er war früher selbst Jugendbetreuer, bevor er dies und das machte und eine eigene Agentur gründete - und eben Urbanatix. Ganz neu war das nicht, auch die Sozialpädagogen versuchen mittlerweile, wieder näher an die Jugend zu rücken, bieten Breakdance-Seminare an und all das. In Bochum hat das Projekt aber ein ganz anderes Niveau erreicht. "Wir machen keine Gutmenschen-Pädagogik", sagt Eggert. Es geht nicht nur darum, den Tag irgendwie rumzukriegen, sondern um eine Perspektive, die lange Sicht,
"Direkt von der Straße holen müssen wir niemanden", sagt Besnik Selimaj, 27. Aber viele kommen aus zumindest ansatzweise prekären Verhältnissen. Man kümmert sich, hilft sich, den Weg zu finden im Leben. Selimaj ist insofern ein Sonderfall, denn er kam nach Bochum, um Bauingenieur zu werden. Aber das wurde ihm zu langweilig. Bei Urbanatix darf er seinen Oberkörper zeigen. Profi ist er sogar geworden: Große Firmen wie Mercedes buchen ihn mittlerweile für Shows in aller Welt.
Im nächsten Jahr soll er auch Trainer werden bei Urbanatix, das Projekt will sich weiter vergrößern. Bisher wurden die 60 Mitglieder alle aus Nordrhein-Westfalen gecastet, in Zukunft soll das Projekt offener werden. Eine große Trainingshalle wird gesucht, das Land zahlt Zuschüsse.
Urbanatix hat sich mittlerweile zu einem Magneten entwickelt für alles, was irgendwie hip ist im Ruhrgebiet. Mode-Designerinnen machen die Kostüme, die großen Konzerne sponsern die Auftritte. Es tut sich was im Pott, der ja sehr lange nicht so recht wusste, wohin es geht, der seine Vergangenheit musealisierte, der die alten Zechen und die Jahrhunderthalle sanierte, dann aber manchmal nicht so recht wusste, was denn nun da rein sollte. Jetzt weiß man in Bochum zumindest, was am besten in die Jahrhunderthalle passt.