Am gestrigen Donnerstag war es genau drei Jahre her, dass Cablegate, der größte Wikileaks-Coup, die amerikanische Diplomatie erschütterte und Julian Assange zur weltbekannten Figur wurde.
Der Wikileaks-Gründer Julian Assange flüchtete im Juni 2012 in die Botschaft Ecuadors und kann bis heute nicht von dort hinaus gelangen ohne gestgenommen zu werden.
Seit bald anderthalb Jahren lebt er nun in einem Zimmer im Haus No. 3, Hans Crescent, gleich gegenüber dem Hinterausgang des Kaufhauses Harrods. Draußen im noblen Londoner Stadtteil Knightsbridge bevölkern Touristen aus den Golfstaaten teure Restaurants und Cafés, die für Assange unerreichbar sind. Im Juni 2012 hat sich der Wikileaks-Gründer in die Botschaft Ecuadors geflüchtet, die in dem edwardianischen Backsteinbau eine Wohnung belegt hat. Das südamerikanische Land hat im Asyl gewährt, aber aus der Botschaft hinaus und zu einem Flugzeug nach Quito gelangen kann Assange nicht, ohne von der britischen Polizei festgenommen zu werden.
In Schweden will man ihn nach wie vor wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung vernehmen, ein Ansinnen, hinter dem Assange und die Seinen seit Jahren einen reinen Vorwand wittern, seiner habhaft werden zu können, um ihn an die USA auszuliefern. Dort waren nach Cablegate in der Tat öffentlich alle möglichen Anklagen gegen Assange ins Gespräch gebracht worden, oft wurde dabei der Espionage Act aus dem Ersten Weltkrieg als rechtliche Grundlage genannt.
Politiker beider großen Parteien hatten mächtig die Trommel gerührt und gar, wie etwa Mitch McConnell, der Minderheitsführer im Senat, oder wie der republikanische Abgeordnete Peter King aus NewYork, eine Behandlung Julian Assanges als Terrorist gefordert. Und tatsächlich konnte einem die Härte, mit der gegen Assanges Informantin Chelsea (früher Bradley) Manning vorgegangen wurde, und die Vehemenz, mit der mittlerweile Edward Snowden gedroht wird, als Menetekel erscheinen.
Und nun soll mit einem Mal dieses Damoklesschwert nicht mehr über dem Silberschopf des Australiers baumeln? Das jedenfalls hatte am Dienstag die Washington Post berichtet und sich dabei auf nicht namentlich genannte Quellen aus dem US-Justizministerium berufen (SZ vom 27. November). Dort habe man "so gut wie entschieden", dass gegen den 42 Jahre alten Assange keine Anklage erhoben werden könne, ohne gleichzeitig einen Präzedenzfall zu schaffen, der die Arbeit klassischer Medien bedrohen würde - von einem "New-York-Times-Problem" sprächen die Beamten. Anders als Chelsea (früher Bradley) Manning habe Assange Staatsgeheimnisse nicht selbst verraten beziehungsweise geleakt (schließlich kannte er sie ja gar nicht), sondern sie lediglich veröffentlicht. Das aber gehöre zu den normalen und verfassungsmäßig geschützten Tätigkeiten von Medien und Journalisten - mit denen Wikileaks die Veröffentlichungen ja zudem koordiniert hatte. Wenn die amerikanischen Behörden das tatsächlich so sähen, würden sie implizit das seit langem öffentlich bekundete Selbstverständnis von Wikileaks bestätigen, dass man in erster Linie eine journalistische Organisation sei.
Aber dort gibt man sich skeptisch, dass nun wirklich alles vorbei sein soll. Zunächst wisse man nicht, um wen genau es sich bei den anonym bleibenden Quellen der Washington Post handle, und könne deren Motivation nicht beurteilen. Zudem sei auch dem Artikel zufolge nach wie vor eine Grand Jury einberufen, die die Aktivitäten von Assange und der Plattform Wikileaks seit Jahren untersucht. Dabei gehe es nicht nur um die reine Publikation der Depeschen, sondern auch um Vorwürfe der Verschwörung.
Und dann ermittle das Justizministerium ja auch noch in der Causa Snowden und im Fall Stratfor, der privaten Sicherheitsfirma, deren Interna Wikileaks veröffentlicht hatte. Assanges amerikanischer Anwalt Barry Pollack forderte die US-Justiz in der britischen Zeitung Guardian auf, sich offiziell zu äußern: "Herr Assange würde eine formelle, unzweideutige Stellungnahme des Justizministeriums begrüßen, dass es keine Anklage gegen ihn erhoben hat und auch in der Zukunft nicht wird. Leider ist das Justizministerium bis heute nicht bereit gewesen, eine solche Stellungnahme abzugeben." Erst mit einer solchen Zusicherung, so heißt es auch von Wikileaks selbst, könne möglicherweise "dieses für die Pressefreiheit düstere Kapitel geschlossen werden".
Selbst wenn die USA aber nun mit heiligem Ehrenwort versicherten, auf eine Strafverfolgung Assanges ein für allemal zu verzichten, so wäre es für ihn noch immer schwierig sein Botschaftsexil zu verlassen. Denn durch die Flucht an den Hans Crescent verstieß er gegen die Kautionsauflagen des Londoner Gerichts. Das ist zwar für sich genommen kein strafbarer Akt, aber sobald er die Botschaft verließe, müsste er festgenommen und einem Richter vorgeführt werden, der dann zu entscheiden hätte, wie weiter zu verfahren ist. Auf Ärger mit der britischen Justiz müsste sich der Australier Julian Assange also auch noch gefasst machen - ganz abgesehen davon, was aus den schwedischen Ermittlungen würde.
Es könnte einem fast als besonders raffinierter Zug der USA erscheinen, wenn man Assange einfach diesem Dilemma überließe.
Der Wikileaks-Gründer Julian Assange flüchtete im Juni 2012 in die Botschaft Ecuadors und kann bis heute nicht von dort hinaus gelangen ohne gestgenommen zu werden.
Seit bald anderthalb Jahren lebt er nun in einem Zimmer im Haus No. 3, Hans Crescent, gleich gegenüber dem Hinterausgang des Kaufhauses Harrods. Draußen im noblen Londoner Stadtteil Knightsbridge bevölkern Touristen aus den Golfstaaten teure Restaurants und Cafés, die für Assange unerreichbar sind. Im Juni 2012 hat sich der Wikileaks-Gründer in die Botschaft Ecuadors geflüchtet, die in dem edwardianischen Backsteinbau eine Wohnung belegt hat. Das südamerikanische Land hat im Asyl gewährt, aber aus der Botschaft hinaus und zu einem Flugzeug nach Quito gelangen kann Assange nicht, ohne von der britischen Polizei festgenommen zu werden.
In Schweden will man ihn nach wie vor wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung vernehmen, ein Ansinnen, hinter dem Assange und die Seinen seit Jahren einen reinen Vorwand wittern, seiner habhaft werden zu können, um ihn an die USA auszuliefern. Dort waren nach Cablegate in der Tat öffentlich alle möglichen Anklagen gegen Assange ins Gespräch gebracht worden, oft wurde dabei der Espionage Act aus dem Ersten Weltkrieg als rechtliche Grundlage genannt.
Politiker beider großen Parteien hatten mächtig die Trommel gerührt und gar, wie etwa Mitch McConnell, der Minderheitsführer im Senat, oder wie der republikanische Abgeordnete Peter King aus NewYork, eine Behandlung Julian Assanges als Terrorist gefordert. Und tatsächlich konnte einem die Härte, mit der gegen Assanges Informantin Chelsea (früher Bradley) Manning vorgegangen wurde, und die Vehemenz, mit der mittlerweile Edward Snowden gedroht wird, als Menetekel erscheinen.
Und nun soll mit einem Mal dieses Damoklesschwert nicht mehr über dem Silberschopf des Australiers baumeln? Das jedenfalls hatte am Dienstag die Washington Post berichtet und sich dabei auf nicht namentlich genannte Quellen aus dem US-Justizministerium berufen (SZ vom 27. November). Dort habe man "so gut wie entschieden", dass gegen den 42 Jahre alten Assange keine Anklage erhoben werden könne, ohne gleichzeitig einen Präzedenzfall zu schaffen, der die Arbeit klassischer Medien bedrohen würde - von einem "New-York-Times-Problem" sprächen die Beamten. Anders als Chelsea (früher Bradley) Manning habe Assange Staatsgeheimnisse nicht selbst verraten beziehungsweise geleakt (schließlich kannte er sie ja gar nicht), sondern sie lediglich veröffentlicht. Das aber gehöre zu den normalen und verfassungsmäßig geschützten Tätigkeiten von Medien und Journalisten - mit denen Wikileaks die Veröffentlichungen ja zudem koordiniert hatte. Wenn die amerikanischen Behörden das tatsächlich so sähen, würden sie implizit das seit langem öffentlich bekundete Selbstverständnis von Wikileaks bestätigen, dass man in erster Linie eine journalistische Organisation sei.
Aber dort gibt man sich skeptisch, dass nun wirklich alles vorbei sein soll. Zunächst wisse man nicht, um wen genau es sich bei den anonym bleibenden Quellen der Washington Post handle, und könne deren Motivation nicht beurteilen. Zudem sei auch dem Artikel zufolge nach wie vor eine Grand Jury einberufen, die die Aktivitäten von Assange und der Plattform Wikileaks seit Jahren untersucht. Dabei gehe es nicht nur um die reine Publikation der Depeschen, sondern auch um Vorwürfe der Verschwörung.
Und dann ermittle das Justizministerium ja auch noch in der Causa Snowden und im Fall Stratfor, der privaten Sicherheitsfirma, deren Interna Wikileaks veröffentlicht hatte. Assanges amerikanischer Anwalt Barry Pollack forderte die US-Justiz in der britischen Zeitung Guardian auf, sich offiziell zu äußern: "Herr Assange würde eine formelle, unzweideutige Stellungnahme des Justizministeriums begrüßen, dass es keine Anklage gegen ihn erhoben hat und auch in der Zukunft nicht wird. Leider ist das Justizministerium bis heute nicht bereit gewesen, eine solche Stellungnahme abzugeben." Erst mit einer solchen Zusicherung, so heißt es auch von Wikileaks selbst, könne möglicherweise "dieses für die Pressefreiheit düstere Kapitel geschlossen werden".
Selbst wenn die USA aber nun mit heiligem Ehrenwort versicherten, auf eine Strafverfolgung Assanges ein für allemal zu verzichten, so wäre es für ihn noch immer schwierig sein Botschaftsexil zu verlassen. Denn durch die Flucht an den Hans Crescent verstieß er gegen die Kautionsauflagen des Londoner Gerichts. Das ist zwar für sich genommen kein strafbarer Akt, aber sobald er die Botschaft verließe, müsste er festgenommen und einem Richter vorgeführt werden, der dann zu entscheiden hätte, wie weiter zu verfahren ist. Auf Ärger mit der britischen Justiz müsste sich der Australier Julian Assange also auch noch gefasst machen - ganz abgesehen davon, was aus den schwedischen Ermittlungen würde.
Es könnte einem fast als besonders raffinierter Zug der USA erscheinen, wenn man Assange einfach diesem Dilemma überließe.