Das Wasser ist rot vom Blut der Delfine. Japanische Tierfänger sortieren die besten Delfine für Seaworld & Co aus, die restlichen töten sie.
Im November hat Tokio Caroline Kennedy wie eine Prinzessin empfangen. Mit ihr als der neuen US-Botschafterin würden die Beziehungen zwischen Japan und den USA noch viel besser, machte die Presse ihren Lesern weis und publizierte Fotos der fünf Jahre alten Caroline auf dem Arm ihres Vaters, John F. Kennedys. Die Tochter des vor 60 Jahren ermordeten US-Präsidenten liebe die japanische Küche; und sie werde Japans Frauen Mut machen, für sich wichtigere Rollen zu beanspruchen, hieß es. Am Wochenende aber ging die 56-Jährige auf Twitter in die Offensive: die Treibjagd und das Schlachten von Delfinen in Taiji auf der Kii-Halbinsel bezeichnete sie als „unmenschlich”; sie sei „tief beunruhigt”. Auch die US-Regierung, so Kennedy weiter, sei gegen das „Fischen per Treibjagd”.
Die Fischer von Taiji treiben jedes Jahr Delfinherden in eine Bucht. Dort sortieren sie erst die besten Tiere aus, um sie später an Delfinarien zu verkaufen. Die anderen metzeln sie mit Langspeeren Stich um Stich tot, ihr Sterben zieht sich über zehn bis 20 Minuten hin, und das Wasser der Bucht verfärbt sich blutrot. In Taiji wird das Fleisch der Delfine gegessen, allerdings geht die Nachfrage stetig zurück. Das hängt auch damit zusammen, dass im Fleisch von Delfinen und Walen zu hohe Dosen an Quecksilber festgestellt wurden. Vor vier Jahren machte ein Dokumentarfilm von National Geographic das Schlachten von Taiji weltweit bekannt. In Japan versuchten Rechtsnationalisten, die Vorführungen des Films zu verhindern. Die Regierung in Tokio wehrte sich damals wie heute gegen alle Vorwürfe mit dem immergleichen Argument, das sei eben eine japanische Tradition. Das Land verbitte sich Einmischungen in seine Kultur. In Europa werde schließlich auch Wild gejagt. Kabinettssekretär Yoshihide Suga wies Kennedys Vorwürfe am Montag zurück und verteidigte das Schlachten, es geschehe „ordnungsgemäß und im Rahmen des Gesetzes”. Seine Regierung werde Washington ihre Position erklären.
Die jüngste Kritik war indes nicht die erste umstrittene Amtshandlung Kennedys. Ende Dezember hatte sie Abes Besuch am Yasukuni-Schrein, dem umstrittenen Kriegerdenkmal, an dem nicht nur Gefallene, sondern auch einige verurteilte Kriegsverbrecher geehrt werden, für eine Diplomatin ungewöhnlich scharf verurteilt. Abe schickte deshalb vorige Woche einen Sondergesandten nach Washington, um sich bei Präsident Obama zu beschweren.
Dabei fing alles so ambitioniert an: Als Kennedy im November Abe ihre erste Aufwartung machte, hatte der extra die zwei einzigen Frauen seines Kabinetts einbestellt, als wollte er der Amerikanerin zeigen, wie offen er sei. Dass die Botschafterin sich nun öffentlich, emotional und spontan über die Tabus der japanischen Nationalisten auslässt, damit hatte er gewiss nicht gerechnet.