Mit ihren fehlerhaften Ratings tragen Rating Agenturen beteits ihren Teil zur Wirtschaftskrise bei. Standard & Poor's wurde jetzt für seine ungenauen Analysen in Australien verurteilt.
Gut möglich, dass mancher Spanier oder Italiener nun Schadenfreude empfindet. Schadenfreude über die Strafzahlung für die Rating-Agentur Standard&Poor"s, die beste Noten für Finanzprodukte vergab, die australischen Kommunen dann aber 90 Prozent Verlust bescherten. Schadenfreude ist als Regung grundsätzlich verwerflich, doch in diesem Fall gelten womöglich mildernde Umstände. Denn Rating-Agenturen wie S&P haben Krisenstaaten wie Spanien und Italien derart abgewertet, dass sie die Krise noch verschärfen. Nun wurde erstmals eine Agentur für ihre Noten von einem Gericht verurteilt. Das wäre ein Anlass, die immense Macht dieser Institutionen über die Staaten der Welt in Frage zu stellen.
Angekratzter Ruf: Die Rating Agentur Standard & Poor's
Vor ein paar Jahren waren Ratingagenturen nur ein paar Spezialisten vertraut. Inzwischen sind sie als Oberlehrer, gar Scharfrichter bekannt. Regelmäßig vermelden die Hauptnachrichten ihre Urteile von alttestamentarischer Wucht. Irische Staatspapiere? Ramsch! Portugal? Ramsch. Spanien? Fast Ramsch. Es sind Urteile, die Investoren abschrecken, diesen Ländern dringend benötigtes Geld zu geben. Die Legitimation der bevorzugt angelsächsischen Agenturen für solche Urteile erscheint dünn. In den Boomjahren haben sie sich angreifbar gemacht, weil sie Schrottpapieren Supernoten verliehen, wie die australischen Richter in Erinnerung rufen. 'Ich hoffe, wir sind reich, bevor dieses Kartenhaus zusammenbricht', mailte damals ein Ratinganalyst einem Kollegen - kurz bevor tatsächlich alles in der Finanzkrise zusammenbrach, woran die Agenturen mit ihren schlampigen Bewertungen mitschuldig sind. In der Eurokrise wiederum machen sich die Standard & Poor"s dieser Welt auf andere Weise angreifbar: Sie senkten ausgerechnet in dem Moment den Daumen über Spanien und Italien, als diese Länder die ehrgeizigsten Reformen ihrer jüngeren Geschichte beschlossen. Statt durch ihre Leistungen Vertrauen bei Investoren zu erwerben, blieben diese Staaten am Kapitalmarkt Parias.
Natürlich wäre es falsch, die Agenturen als Auslöser der Eurokrise zu betrachten. Und natürlich schlagen manche Politiker gerne auf die Notengeber ein, um von eigenen Fehlern abzulenken. Die Euro-Staaten in Südeuropa lebten jahrelang über ihre Verhältnisse, verschuldeten sich zu stark - und verdienten sich so das Misstrauen der Anleger. Doch selbst wer nicht jede Schelte der Politiker teilt, findet an den Agenturen einiges auszusetzen. Sie sind kein guter Ratgeber - denn sie verstärken Trends, statt sie kritisch zu begleiten. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Bewerter nicht Teil der Lösung sind, sondern Teil des Problems. So wie sie den Finanzboom durch Jubelnoten verstärkten, verschärfen sie das Eurodrama durch überharte Urteile gegen Krisenstaaten. Warum sich das überschuldete Amerika passabler Noten erfreut, während Spanien fast Ramsch sein soll, ist ökonomisch kaum zu erklären.
Europa sollte deshalb vorangehen, die Allmacht der Agenturen zu brechen. Auf dem Tisch liegt ein Gesetz aus Brüssel, das Bewerter schärfer reguliert. Doch was bisher in den Verhandlungen herauskam, erscheint nicht ausreichend. Wer den Einfluss der Notengeber wirklich reduzieren will, muss zu anderen Maßnahmen greifen. Etwa die Agenturen für ihre Urteile haftbar machen, wenn ihnen Fehler nachzuweisen sind - oder Vorschriften aufheben, die großen Anlegern nur den Kauf von Papieren erlauben, die ein Rating haben. Ehrliche Politiker werden auch einräumen, dass Europa den Agenturen selbst zu viel Macht gegeben hat: durch zu zögerliche Antwort auf die Krise. Wenn die Regierungen nun demonstrieren, dass sie wirklich hinter dem Euro stehen, nimmt das den Agenturen viel von ihrer Macht.
Gut möglich, dass mancher Spanier oder Italiener nun Schadenfreude empfindet. Schadenfreude über die Strafzahlung für die Rating-Agentur Standard&Poor"s, die beste Noten für Finanzprodukte vergab, die australischen Kommunen dann aber 90 Prozent Verlust bescherten. Schadenfreude ist als Regung grundsätzlich verwerflich, doch in diesem Fall gelten womöglich mildernde Umstände. Denn Rating-Agenturen wie S&P haben Krisenstaaten wie Spanien und Italien derart abgewertet, dass sie die Krise noch verschärfen. Nun wurde erstmals eine Agentur für ihre Noten von einem Gericht verurteilt. Das wäre ein Anlass, die immense Macht dieser Institutionen über die Staaten der Welt in Frage zu stellen.
Angekratzter Ruf: Die Rating Agentur Standard & Poor's
Vor ein paar Jahren waren Ratingagenturen nur ein paar Spezialisten vertraut. Inzwischen sind sie als Oberlehrer, gar Scharfrichter bekannt. Regelmäßig vermelden die Hauptnachrichten ihre Urteile von alttestamentarischer Wucht. Irische Staatspapiere? Ramsch! Portugal? Ramsch. Spanien? Fast Ramsch. Es sind Urteile, die Investoren abschrecken, diesen Ländern dringend benötigtes Geld zu geben. Die Legitimation der bevorzugt angelsächsischen Agenturen für solche Urteile erscheint dünn. In den Boomjahren haben sie sich angreifbar gemacht, weil sie Schrottpapieren Supernoten verliehen, wie die australischen Richter in Erinnerung rufen. 'Ich hoffe, wir sind reich, bevor dieses Kartenhaus zusammenbricht', mailte damals ein Ratinganalyst einem Kollegen - kurz bevor tatsächlich alles in der Finanzkrise zusammenbrach, woran die Agenturen mit ihren schlampigen Bewertungen mitschuldig sind. In der Eurokrise wiederum machen sich die Standard & Poor"s dieser Welt auf andere Weise angreifbar: Sie senkten ausgerechnet in dem Moment den Daumen über Spanien und Italien, als diese Länder die ehrgeizigsten Reformen ihrer jüngeren Geschichte beschlossen. Statt durch ihre Leistungen Vertrauen bei Investoren zu erwerben, blieben diese Staaten am Kapitalmarkt Parias.
Natürlich wäre es falsch, die Agenturen als Auslöser der Eurokrise zu betrachten. Und natürlich schlagen manche Politiker gerne auf die Notengeber ein, um von eigenen Fehlern abzulenken. Die Euro-Staaten in Südeuropa lebten jahrelang über ihre Verhältnisse, verschuldeten sich zu stark - und verdienten sich so das Misstrauen der Anleger. Doch selbst wer nicht jede Schelte der Politiker teilt, findet an den Agenturen einiges auszusetzen. Sie sind kein guter Ratgeber - denn sie verstärken Trends, statt sie kritisch zu begleiten. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Bewerter nicht Teil der Lösung sind, sondern Teil des Problems. So wie sie den Finanzboom durch Jubelnoten verstärkten, verschärfen sie das Eurodrama durch überharte Urteile gegen Krisenstaaten. Warum sich das überschuldete Amerika passabler Noten erfreut, während Spanien fast Ramsch sein soll, ist ökonomisch kaum zu erklären.
Europa sollte deshalb vorangehen, die Allmacht der Agenturen zu brechen. Auf dem Tisch liegt ein Gesetz aus Brüssel, das Bewerter schärfer reguliert. Doch was bisher in den Verhandlungen herauskam, erscheint nicht ausreichend. Wer den Einfluss der Notengeber wirklich reduzieren will, muss zu anderen Maßnahmen greifen. Etwa die Agenturen für ihre Urteile haftbar machen, wenn ihnen Fehler nachzuweisen sind - oder Vorschriften aufheben, die großen Anlegern nur den Kauf von Papieren erlauben, die ein Rating haben. Ehrliche Politiker werden auch einräumen, dass Europa den Agenturen selbst zu viel Macht gegeben hat: durch zu zögerliche Antwort auf die Krise. Wenn die Regierungen nun demonstrieren, dass sie wirklich hinter dem Euro stehen, nimmt das den Agenturen viel von ihrer Macht.