Gute Fragen: „Wenn neun von zehn Beamten korrupt sind, wer soll dann wen zur Rechenschaft ziehen?“ Oder die: „Mehr als 137 Länder und Gebiete auf der Welt haben sich Regeln gegeben, wonach Amtsträger ihre Vermögensverhältnisse offenlegen müssen. Warum geht das in China nicht?“
Xu Zhiyong heißt der Mann, der diese Fragen gestellt hat. Xu ist Rechtsanwalt, einer der bekanntesten in China, klug, eloquent, beseelt. Einst, in besseren Zeiten, zierte er die Cover chinesischer Hochglanzmagazine und wurde im staatlichen Rundfunk für seinen Einsatz gegen Unrecht und Willkür gepriesen. Am Mittwoch stand der 40-Jährige in Peking vor Gericht. Der Anklage zufolge wegen „unerlaubter Versammlung“ und „Störung der öffentlichen Ordnung“. In Wirklichkeit, weil er gemeinsam mit seinen Mitstreitern von der Neuen Bürgerbewegung diese Fragen stellte.
„Unsere Mission ist es nicht, die Macht zu erlangen, sondern die Macht zu beschränken.“ Worte aus dem Schlussplädoyer von Xu Zhiyong vom Mittwoch. Das war das gemeinsame Ziel von Xu und seinen Mitstreitern, deren Prozesse für Donnerstag und Freitag angesetzt waren. Es war das Ziel der mehr als 5000 Mitglieder, auf die ihre Bewegung in nur etwas mehr als einem Jahr, auch mithilfe von Internet und sozialen Medien, angestiegen war – für ein politisch so restriktives Land wie China eine erstaunliche Menge, auch das erschreckte die Staatsmacht. Es ist der bedeutendste Prozess gegen Bürgerrechtler seit dem Jahr 2009, damals wurde Liu Xiaobo der Prozess gemacht, jenem Schriftsteller, der ein Jahr später als Häftling den Friedensnobelpreis erhielt.
Unterstützer des Bürgerrechtlers Xu Zhiyong bei einer Demonstration in Beijing.
Das Engagement für Rechtsstaatlichkeit und Freiheit haben die jetzigen Angeklagten mit dem intellektuellen Essayisten Liu Xiaobo gemein. Eines allerdings unterscheidet ihre Neue Bürgerbewegung: Sie haben sich seit der Gründung im Jahr 2012 stark auf ein ganz konkretes Ziel konzentriert, auf den Kampf gegen die Korruption. Sie glaubten sich darin einig mit dem neuen starken Mann Xi Jinping, der im November 2012 die Macht als Parteichef und wenig später als Staatspräsident übernahm. Die Aktivisten setzten einige Hoffnung auf Xi, Hoffnung, die sich schnell zerschlug. Die Polizei nahm im vergangenen Jahr mehr als hundert aus ihren Reihen fest. Die meisten hatten in kleinen Protesten mit kaum mehr als ein Dutzend Demonstranten mit Plakaten und Bannern die Funktionäre der Kommunistischen Partei aufgefordert, ihr Vermögen offenzulegen. Zhao Changqing, der Historiker und Bürgerrechtler, der am Donnerstag vor Gericht sollte, dessen Prozess nun aber verschoben wurde, rief in Peking eine Serie von Abendessen ins Leben. Gleichgesinnte trafen sich am Essenstisch und debattierten dabei über Korruption und Transparenz. Die Anklage gegen ihn lautet nun auf „Versammlung einer Menge, um die öffentliche Ordnung zu stören“.
Transparenz. Die Partei fürchtet den Ruf danach. Heute vielleicht noch mehr als früher. In diesem Jahr, am 4. Juni, jährt sich das Massaker an der Demokratiebewegung vom Platz des Himmlischen Friedens zum 25. Mal. Die KP-Führung hat nicht vergessen, dass es schon 1989 der Zorn auf die Korruption und der Ruf nach Transparenz war, der die Demonstranten auf die Straße trieb. Wirtschaft und Wohlstand in den Städten vor allem sind seither gewachsen, gleichzeitig aber ist die Korruption aus dem Ruder gelaufen, und mit ihr die soziale Ungleichheit.
Die Kluft zwischen Arm und Reich in dem sich selbst noch immer „kommunistisch“ nennenden China ist längst größer als in den USA. China zählte im vergangenen Jahr mehr als 300 Dollar-Milliardäre, gleichzeitig leben schätzungsweise noch immer mehr als 300 Millionen Chinesen von weniger als umgerechnet zwei Dollar pro Tag. In China herrscht keine freie Marktwirtschaft, sondern ein autoritärer Staatskapitalismus, bei dem kein Unternehmer groß und reich werden kann ohne Unterstützung oder Duldung durch die Partei. Macht und Geld gehen hier Hand in Hand, deshalb stehen die Reichen und Mächtigen beim Volk unter Generalverdacht: Die Reichen, so die weitverbreitete Meinung, haben ihr Geld im Zweifelsfall nicht redlich erworben, und die Parteifunktionäre halten bei ihnen die Hand auf, wenn sie sich nicht gerade am Volksvermögen bedienen. Auch deshalb sind Enthüllungen wie jene aus den Offshore-Leaks so explosiv für die KP.
Die Zensur mag verhindern, dass das breite Volk von den Offshore-Leaks erfährt oder von dem New-York-Times-Bericht, der dem Klan von Ex-Premier Wen Jiabao Vermögenswerte in Höhe von 2,7 Milliarden Dollar nachwies – aber auch die parteieigenen Schauprozesse wie jener gegen den Eisenbahnminister Liu Zhijun im vergangenen Jahr, der aus dem heimlichen Portfolio des Ministers 16 zu Unrecht angeeignete Autos, 18 Mätressen und mehr als 350 Wohnungen zutage förderte, sind kaum geeignet, das Vertrauen des längst zynischen Volkes zu stärken.
Fast jeder kennt aus der eigenen Umgebung Geschichten von diesem Bürgermeister oder jenem Parteisekretär, der Millionen zur Seite geschafft hat. „Ein korrupter Beamter wird selbst andere korrupte Beamte befördern. Die Annahme ist: Wenn alle korrupt sind, dann sind alle sicher“, erklärte der Pekinger Verwaltungsprofessor Ren Jianming dem Magazin News China das System: „Einen sauberen Beamten zu befördern hieße ja, sich eine Zeitbombe ins Büro zu holen.“ Das Phänomen der Kader, die ihre Frau, ihr Kind und das angesparte Schmiergeld ins Ausland vorschicken – vorzugsweise in Länder wie die USA, Kanada, Australien oder Singapur – ist so verbreitet, dass die Chinesen dem Typus schon vor Jahren einen eigenen Namen gaben: „Nackte Beamte“ nennen sie solche Funktionäre, die nur mehr alleine zu Hause sind und dort auf einen günstigen Zeitpunkt zur Flucht warten.
Im Februar 2013 schätzte Zhu Lijia, Professor an der Staatlichen Verwaltungsakademie, die Zahl der nackten Beamten auf knapp 1,2 Millionen. In den Taschen und auf den Konten derer, die beim Versuch der Flucht ins Ausland festgenommen wurden, fand man nach Angaben der chinesischen Staatsanwaltschaft 2012 umgerechnet knapp 12 Milliarden Euro – schon vier Mal so viel wie noch 2008.
Die wachsende Kapitalflucht, auch in Offshorezentren, ist ein Zeichen wachsender Nervosität im Land. „Die großen Fälle sind Absetz- und Fluchtbewegungen, die Versuche gerade der Großen, derer, die Geld haben, ihre Zukunft zu sichern“, sagt Sebastian Heilmann, Direktor des Mercator-Instituts für Chinastudien in Berlin. Heilmann gehört zu jenen, die Parteichef Xi Jinping den Eifer gegen die Korruption abnehmen: „Xi und seine Leute möchten einen modernen Staat aufbauen. Und die Korruption verhindert, dass China modern und stark wird.“ Auch weil das Problem mittlerweile so gewaltig und die Selbstbereicherung so schamlos ist, hat Xi Jinping den Kampf gegen korrupte „Fliegen und Tiger“ zum Fokus des ersten Jahres seiner Amtszeit gemacht. Xi hat den Kadern die Haifischflossen verboten und den Maotai-Schnaps dazu. Private Clubs sind tabu, die bislang üblichen Gelage und Übernachtungen in Fünf-Sterne-Hotels auch. Der Donner hat erste Konsequenzen: Der Konsum von Luxusgütern ist eingebrochen im Land. Aber wie immer hat die lokale Beamtenschaft schon ihre Gegenstrategien entwickelt. „Wir dürfen nicht mehr in Luxushotels zum Essen gehen, deshalb gehen wir jetzt immer in die Behördenkantine“, erzählt ein Kulturbeamter in Shenzhen. Dann lächelt er: „Also lassen wir uns jetzt das Essen aus den Hotels in unsere Kantine liefern – wir können sogar von unserem alten Lieblingskoch bestellen.“ Dutzende von Fünf-Sterne-Hotels beantragten unlängst gar die Streichung eines Sterns, damit sich wieder die früher so freigiebige Kaderkundschaft zu ihnen traut.
Xis Anti-Korruptionskampagne kommt wuchtig daher, hat aber fatale Schwächen: Sie bedient sich der altbekannten Methoden, vertraut auf Appelle, Kampagnen und das gelegentliche Huhn, das man schlachtet, „um die Affen zu erschrecken“, wie es in China heißt. An die eigenen Leute, an die Oligarchie, die China im Griff hat und als Selbstbedienungsladen versteht, an die meisten jener, die nun in der Offshore-Leaks-Datenbank auftauchen – sein eigener Schwager ist auch dabei –, traut sich Xi nicht heran. „Die Partei steht trotz gegenteiliger Versprechen Xi Jinpings über dem Gesetz“, sagt Heilmann. „So können die Gesetze auch kein Gewicht haben.“
„Jahr für Jahr hören wir vom Kampf gegen die Korruption, aber über sechs Jahrzehnte hinweg ist die Korruption schlimmer und schlimmer geworden.“ Noch ein Auszug aus dem Schlussplädoyer des Anwalts und Angeklagten Xu Zhiyong. „Ohne Pressefreiheit, ohne eine unabhängige Justiz kann absolute Macht nie in saubere Regierung verwandelt werden.“ Xu wartet jetzt auf sein Urteil. Es drohen bis zu fünf Jahre Haft.
Xu Zhiyong heißt der Mann, der diese Fragen gestellt hat. Xu ist Rechtsanwalt, einer der bekanntesten in China, klug, eloquent, beseelt. Einst, in besseren Zeiten, zierte er die Cover chinesischer Hochglanzmagazine und wurde im staatlichen Rundfunk für seinen Einsatz gegen Unrecht und Willkür gepriesen. Am Mittwoch stand der 40-Jährige in Peking vor Gericht. Der Anklage zufolge wegen „unerlaubter Versammlung“ und „Störung der öffentlichen Ordnung“. In Wirklichkeit, weil er gemeinsam mit seinen Mitstreitern von der Neuen Bürgerbewegung diese Fragen stellte.
„Unsere Mission ist es nicht, die Macht zu erlangen, sondern die Macht zu beschränken.“ Worte aus dem Schlussplädoyer von Xu Zhiyong vom Mittwoch. Das war das gemeinsame Ziel von Xu und seinen Mitstreitern, deren Prozesse für Donnerstag und Freitag angesetzt waren. Es war das Ziel der mehr als 5000 Mitglieder, auf die ihre Bewegung in nur etwas mehr als einem Jahr, auch mithilfe von Internet und sozialen Medien, angestiegen war – für ein politisch so restriktives Land wie China eine erstaunliche Menge, auch das erschreckte die Staatsmacht. Es ist der bedeutendste Prozess gegen Bürgerrechtler seit dem Jahr 2009, damals wurde Liu Xiaobo der Prozess gemacht, jenem Schriftsteller, der ein Jahr später als Häftling den Friedensnobelpreis erhielt.
Unterstützer des Bürgerrechtlers Xu Zhiyong bei einer Demonstration in Beijing.
Das Engagement für Rechtsstaatlichkeit und Freiheit haben die jetzigen Angeklagten mit dem intellektuellen Essayisten Liu Xiaobo gemein. Eines allerdings unterscheidet ihre Neue Bürgerbewegung: Sie haben sich seit der Gründung im Jahr 2012 stark auf ein ganz konkretes Ziel konzentriert, auf den Kampf gegen die Korruption. Sie glaubten sich darin einig mit dem neuen starken Mann Xi Jinping, der im November 2012 die Macht als Parteichef und wenig später als Staatspräsident übernahm. Die Aktivisten setzten einige Hoffnung auf Xi, Hoffnung, die sich schnell zerschlug. Die Polizei nahm im vergangenen Jahr mehr als hundert aus ihren Reihen fest. Die meisten hatten in kleinen Protesten mit kaum mehr als ein Dutzend Demonstranten mit Plakaten und Bannern die Funktionäre der Kommunistischen Partei aufgefordert, ihr Vermögen offenzulegen. Zhao Changqing, der Historiker und Bürgerrechtler, der am Donnerstag vor Gericht sollte, dessen Prozess nun aber verschoben wurde, rief in Peking eine Serie von Abendessen ins Leben. Gleichgesinnte trafen sich am Essenstisch und debattierten dabei über Korruption und Transparenz. Die Anklage gegen ihn lautet nun auf „Versammlung einer Menge, um die öffentliche Ordnung zu stören“.
Transparenz. Die Partei fürchtet den Ruf danach. Heute vielleicht noch mehr als früher. In diesem Jahr, am 4. Juni, jährt sich das Massaker an der Demokratiebewegung vom Platz des Himmlischen Friedens zum 25. Mal. Die KP-Führung hat nicht vergessen, dass es schon 1989 der Zorn auf die Korruption und der Ruf nach Transparenz war, der die Demonstranten auf die Straße trieb. Wirtschaft und Wohlstand in den Städten vor allem sind seither gewachsen, gleichzeitig aber ist die Korruption aus dem Ruder gelaufen, und mit ihr die soziale Ungleichheit.
Die Kluft zwischen Arm und Reich in dem sich selbst noch immer „kommunistisch“ nennenden China ist längst größer als in den USA. China zählte im vergangenen Jahr mehr als 300 Dollar-Milliardäre, gleichzeitig leben schätzungsweise noch immer mehr als 300 Millionen Chinesen von weniger als umgerechnet zwei Dollar pro Tag. In China herrscht keine freie Marktwirtschaft, sondern ein autoritärer Staatskapitalismus, bei dem kein Unternehmer groß und reich werden kann ohne Unterstützung oder Duldung durch die Partei. Macht und Geld gehen hier Hand in Hand, deshalb stehen die Reichen und Mächtigen beim Volk unter Generalverdacht: Die Reichen, so die weitverbreitete Meinung, haben ihr Geld im Zweifelsfall nicht redlich erworben, und die Parteifunktionäre halten bei ihnen die Hand auf, wenn sie sich nicht gerade am Volksvermögen bedienen. Auch deshalb sind Enthüllungen wie jene aus den Offshore-Leaks so explosiv für die KP.
Die Zensur mag verhindern, dass das breite Volk von den Offshore-Leaks erfährt oder von dem New-York-Times-Bericht, der dem Klan von Ex-Premier Wen Jiabao Vermögenswerte in Höhe von 2,7 Milliarden Dollar nachwies – aber auch die parteieigenen Schauprozesse wie jener gegen den Eisenbahnminister Liu Zhijun im vergangenen Jahr, der aus dem heimlichen Portfolio des Ministers 16 zu Unrecht angeeignete Autos, 18 Mätressen und mehr als 350 Wohnungen zutage förderte, sind kaum geeignet, das Vertrauen des längst zynischen Volkes zu stärken.
Fast jeder kennt aus der eigenen Umgebung Geschichten von diesem Bürgermeister oder jenem Parteisekretär, der Millionen zur Seite geschafft hat. „Ein korrupter Beamter wird selbst andere korrupte Beamte befördern. Die Annahme ist: Wenn alle korrupt sind, dann sind alle sicher“, erklärte der Pekinger Verwaltungsprofessor Ren Jianming dem Magazin News China das System: „Einen sauberen Beamten zu befördern hieße ja, sich eine Zeitbombe ins Büro zu holen.“ Das Phänomen der Kader, die ihre Frau, ihr Kind und das angesparte Schmiergeld ins Ausland vorschicken – vorzugsweise in Länder wie die USA, Kanada, Australien oder Singapur – ist so verbreitet, dass die Chinesen dem Typus schon vor Jahren einen eigenen Namen gaben: „Nackte Beamte“ nennen sie solche Funktionäre, die nur mehr alleine zu Hause sind und dort auf einen günstigen Zeitpunkt zur Flucht warten.
Im Februar 2013 schätzte Zhu Lijia, Professor an der Staatlichen Verwaltungsakademie, die Zahl der nackten Beamten auf knapp 1,2 Millionen. In den Taschen und auf den Konten derer, die beim Versuch der Flucht ins Ausland festgenommen wurden, fand man nach Angaben der chinesischen Staatsanwaltschaft 2012 umgerechnet knapp 12 Milliarden Euro – schon vier Mal so viel wie noch 2008.
Die wachsende Kapitalflucht, auch in Offshorezentren, ist ein Zeichen wachsender Nervosität im Land. „Die großen Fälle sind Absetz- und Fluchtbewegungen, die Versuche gerade der Großen, derer, die Geld haben, ihre Zukunft zu sichern“, sagt Sebastian Heilmann, Direktor des Mercator-Instituts für Chinastudien in Berlin. Heilmann gehört zu jenen, die Parteichef Xi Jinping den Eifer gegen die Korruption abnehmen: „Xi und seine Leute möchten einen modernen Staat aufbauen. Und die Korruption verhindert, dass China modern und stark wird.“ Auch weil das Problem mittlerweile so gewaltig und die Selbstbereicherung so schamlos ist, hat Xi Jinping den Kampf gegen korrupte „Fliegen und Tiger“ zum Fokus des ersten Jahres seiner Amtszeit gemacht. Xi hat den Kadern die Haifischflossen verboten und den Maotai-Schnaps dazu. Private Clubs sind tabu, die bislang üblichen Gelage und Übernachtungen in Fünf-Sterne-Hotels auch. Der Donner hat erste Konsequenzen: Der Konsum von Luxusgütern ist eingebrochen im Land. Aber wie immer hat die lokale Beamtenschaft schon ihre Gegenstrategien entwickelt. „Wir dürfen nicht mehr in Luxushotels zum Essen gehen, deshalb gehen wir jetzt immer in die Behördenkantine“, erzählt ein Kulturbeamter in Shenzhen. Dann lächelt er: „Also lassen wir uns jetzt das Essen aus den Hotels in unsere Kantine liefern – wir können sogar von unserem alten Lieblingskoch bestellen.“ Dutzende von Fünf-Sterne-Hotels beantragten unlängst gar die Streichung eines Sterns, damit sich wieder die früher so freigiebige Kaderkundschaft zu ihnen traut.
Xis Anti-Korruptionskampagne kommt wuchtig daher, hat aber fatale Schwächen: Sie bedient sich der altbekannten Methoden, vertraut auf Appelle, Kampagnen und das gelegentliche Huhn, das man schlachtet, „um die Affen zu erschrecken“, wie es in China heißt. An die eigenen Leute, an die Oligarchie, die China im Griff hat und als Selbstbedienungsladen versteht, an die meisten jener, die nun in der Offshore-Leaks-Datenbank auftauchen – sein eigener Schwager ist auch dabei –, traut sich Xi nicht heran. „Die Partei steht trotz gegenteiliger Versprechen Xi Jinpings über dem Gesetz“, sagt Heilmann. „So können die Gesetze auch kein Gewicht haben.“
„Jahr für Jahr hören wir vom Kampf gegen die Korruption, aber über sechs Jahrzehnte hinweg ist die Korruption schlimmer und schlimmer geworden.“ Noch ein Auszug aus dem Schlussplädoyer des Anwalts und Angeklagten Xu Zhiyong. „Ohne Pressefreiheit, ohne eine unabhängige Justiz kann absolute Macht nie in saubere Regierung verwandelt werden.“ Xu wartet jetzt auf sein Urteil. Es drohen bis zu fünf Jahre Haft.