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Mach ihn Reich

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Es gibt Leute, die jetzt behaupten, dass Sepp Blatter die T-Shirts ziemlich gut gefallen dürften: eine Bikini-Mieze, ein Fußball, herrlich! Aber das ist natürlich Quatsch, Blatter wäre die Sache mit dem Bikini viel zu weit gegangen, man ist als Fifa-Präsident ja seriös. Zwar hatte er vor vier Jahren mal eine Hotpants-Pflicht für Spielerinnen angeregt, um den Frauenfußball attraktiver zu machen. Aber an Hotpants ist nun wirklich viel mehr Stoff dran als an Bikini-Höschen.



Zweideutiges WM-Shirt - Ermutigt Adidas zum Sextourismus?

Um nicht abzuschweifen: Beim aktuellen Sexismus-Aufreger geht es gar nicht um Frauenfußball. Hier spielt die Frau eine, sagen wir, eher passive Rolle. Die Rolle der Glamour-Tussi, die von der Tribüne aus die Kerle auf dem Rasen anschmachtet und im Bikinioberteil – gerne in bunten Landesfarben – herumwackelt. Nicht nur Kameramänner lieben dieses Motiv, offenbar auch Sportartikelhersteller. Also hat Adidas damit T-Shirts bedruckt und in den USA als offizielles Produkt der Fifa-Fußballweltmeisterschaft in Brasilien verkauft. Doch wenigstens über den Slogan, der neben dem Bikini-Miezen-Motiv prangt, hätten die Designer besser zweimal nachgedacht.

„Lookin’ to score“ steht da. Ein Blick ins Fußballvokabelheft verrät die Übersetzung: „Wir versuchen Tore zu schießen.“ Im Deutschen würde sich dieser Satz eher nicht für einen T-Shirt-Spruch eignen, immerhin aber wäre er harmlos. Anders im Englischen, wo „Lookin’ to score“ zweideutig ist und „Ich will (bei ihr) punkten“ heißen kann. Freier übersetzt: „Ich mach ihn rein.“ Noch freier übersetzt: „Ich will sie flachlegen.“ In Verbindung mit dem Bikini-Girl kommt das tatsächlich seltsam rüber. Die Konsequenz: Das brasilianische Fremdenverkehrsamt forderte Adidas auf, den Verkauf der T-Shirts unverzüglich zu stoppen. Der Vorwurf der Behörde: Motiv und Slogan verherrlichen den Sextourismus. Man weise „die Kommerzialisierung von Produkten vehement zurück, die das Bild von Brasilien mit sexuellen Aufrufen verbindet“.

Manche werden die brasilianischen Behörden nun für prüde und kleinkariert halten. Wer nach einem WM-Spiel mal einer Horde bierseeliger Fußballfans begegnet ist und deren Rituale kennt, sieht das vermutlich anders. Denn Sextourismus ist seit langem Bestandteil und Problem bei Fußball-Großveranstaltungen. Zumal in Ländern, in denen Prostituierte sehr viel billiger zu haben sind als in Europa, von wo die meisten Fans kommen werden. Deshalb bemüht sich die Politik seit geraumer Zeit, das Image Brasiliens als Reiseziel für Sextouristen loszuwerden. Wie wichtig den Brasilianern das Thema ist, zeigt sich daran, dass die Staatspräsidentin höchstselbst sich zur T-Shirt-Debatte geäußert hat: „Brasilien empfängt gerne Touristen zur WM, ist aber auch bereit, gegen Sextourismus vorzugehen“, twitterte Dilma Rousseff.

Inzwischen scheint Adidas die Sorgen der Brasilianer verstanden zu haben. Das fränkische Unternehmen hat neben dem Bikini-T-Shirt auch den Verkauf eines Leibchens gestoppt, auf dem „I love Brazil“ steht und ein Herzchen abgebildet ist, das wie ein Po im String-Tanga aussieht. „Adidas legt sehr viel Wert auf die Meinung seiner Konsumenten und Partner“, heißt es betont verständnisvoll in einer Pressemitteilung. Was sich die Designer bei den T-Shirt-Motiven gedacht haben, steht nicht drin.

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