Warum wurden aus 3,5 Millionen Euro in der Anklage nun 27 Millionen?
Dem Gericht war von Anfang an klar, dass es nicht um 3,5 Millionen Euro geht, sondern dass mehr Geld im Feuer steht. Hoeneß nennt in seiner Selbstanzeige die Jahresendstände seiner Schweizer Zockerkonten. Demnach lagen dort zeitweise rund 150 Millionen Euro. Er spekulierte mit Währungen, investierte aber auch in Aktien und verzinste Finanzprodukte. Im Sommer wurde die Anklage geschrieben. Damals hatten die Ermittler nur belastbare Informationen über die Aktien und die Zinseinkünfte, die sogenannten Kapitalerträge. Sie sind anders zu versteuern als die Gewinne aus den Währungswetten. Deswegen nennt die Anklage eine Zahl für die hinterzogene Kapitalsteuer – das sind die 3,5 Millionen. In der Anklage weist der Staatsanwalt schon darauf hin, dass noch ein Betrag aus Spekulationsgeschäften dazukommen könnte. Diesen konnte die Steuerfahnderin jedoch erst mit den Daten schätzen, die Hoeneß im Februar übergeben hat, wenige Tage vor Prozessbeginn. Aus ihnen ergeben sich die 27,2 Millionen Euro.
Uli Hoeneß gestern im Gericht
Hoeneß spekulierte mit Währungen. Wie funktionieren diese Devisentermingeschäfte?
Hoeneß wettete zum Beispiel darauf, dass der Euro gegen den amerikanischen Dollar im Kurs steigt. Dafür könnte er am selben Tag 40 Millionen Euro und eine entsprechende Summe in Dollar kaufen und dann ein Datum festsetzen, an dem die Wette ausläuft. Dann würde Hoeneß die Euro- und die Dollar-Summe wieder verkaufen. Hat sich der Kurs für den Euro positiv entwickelt, kassiert er einen Gewinn, sonst einen Verlust. Banken bieten an, dass man nicht die vollen 40 Millionen kaufen muss. Stattdessen reicht es ihnen, wenn der Kunde eine gewisse Summe auf einem Konto hinterlegt und verspricht, notfalls Geld nachzuschießen. Dadurch können Spekulanten mit geringen Einsätzen hohe Wetten eingehen. Mit 20 bis 30 Millionen Euro als Sicherheit könne man beispielsweise 500 Millionen Dollar gegen den japanischen Yen setzen, erklärte die Steuerfahnderin im Fall Hoeneß vor Gericht. Der Spekulant kassiert dann den Kursgewinn auf die 500 Millionen, obwohl er viel weniger hinterlegen musste. Entsprechend hoch ist die Rendite. Doch der Verlust kann ebenso durchschlagen, im schlimmsten Fall bis zum Totalverlust der 500 Millionen Dollar.
Konnte Hoeneß mit diesen Währungswetten sein Kapital vervielfachen?
Ja. Hoeneß hat nach eigenen Angaben durch das Platzen der Blase am Neuen Markt 2001 viel Geld verloren. Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus habe Hoeneß aus Freundschaft frisches Geld geliehen, sodass er mit 20 Millionen Mark wieder loslegen konnte. Bis 2005 hat er ordentliche Gewinne gemacht. Danach liefen hohe Verluste auf und machten die Profite zunichte. Hoeneß hat ähnliche Wetten wie in der Schweiz auch auf einem deutschen Konto gemacht, das er ordnungsgemäß versteuerte. Auch hier wechselten sich Gewinn und Verluste ab. „Es gab gute und desaströse Jahre“, sagte sein Betriebsprüfer.
War Hoeneß allein im Spiel?
Ja. Es gibt keine Hinweise, dass andere mit ihm eine Zockergruppe bildeten. Auch seine Frau bleibt außen vor. Sie hatte zwar eine Vollmacht für sein Konto, aber nur für den Todesfall. Von Hoeneß’ Abenteuern wusste sie nichts.
Wie hätte Hoeneß die Gewinne versteuern müssen?
Für das Gericht sind die Jahre 2003 bis 2009 relevant – und zwar zunächst jedes Jahr einzeln. Erst am Ende wird addiert, um auf die gesamte strafrechtlich relevante Steuerschuld zu kommen. Die Steuergesetze haben sich in dem Zeitraum oft geändert. Bis 2009 galt die Spekulationssteuer für private Veräußerungsgeschäfte. Nicht jeder Währungshandel war relevant, jede Transaktion muss einzeln geprüft werden, um auf eine exakte Summe zu kommen. Die Steuerfahnderin im Fall Hoeneß hat darauf verzichtet und stattdessen eine Schätzung vorgelegt. Stand dem Finanzamt etwas aus dem Währungshandel zu, hätte Hoeneß einen Steuersatz in Höhe seines Einkommensteuersatzes zahlen müssen – weil er Einkommensmillionär ist, den Höchstsatz. Auch der hat sich mehrmals geändert. Seit 2009 gilt statt der Spekulations- die Kapitalertragsteuer. Sie beträgt 25 Prozent, wird direkt von der Bank eingezogen und ans Finanzamt überwiesen, weshalb sie auch Quellensteuer heißt.
Hielten seine Anwälte Daten zurück?
Erst wenige Tage vor Beginn des Prozesses legten die Verteidiger von Hoeneß die Daten zu den Devisentermingeschäften in der Schweiz vor: auf drei USB-Sticks. Ein EDV-Mitarbeiter des Finanzamts Rosenheimerkannte, dass einige der PDF-Dateien bereits am 18. Januar 2013 erstellt worden waren – einen Tag nach dem Einreichen der Selbstanzeige. Doch der Vorwurf, Uli Hoeneß habe die Daten den Fahndern ein Jahr lang vorenthalten, ließ sich nicht halten.
Verteidiger Hanns Feigen erklärte, die Schweizer Bank habe die 50000 Transaktionen zunächst prüfen, abgleichen und ordnen müssen, das habe so viel Zeit in Anspruch genommen. „Es ist völlig abwegig, dass Hoeneß am 18.Januar bereits eine brauchbare Datei vorlag.“ Der EDV-Mitarbeiter des Finanzamts hielt es für möglich, dass die PDF-Dateien im Laufe des Jahres ergänzt wurden.
Wie viel muss Hoeneß zahlen?
Die 27 Millionen Euro sind nur für den Strafprozess relevant. Nach dem Richterspruch wird das Finanzamt in Rosenheim Hoeneß’ Steuerschuld genau ausrechnen. Da die Steuerfahnderin in ihrer Schätzung vor Gericht möglichst positiv für den Angeklagten gerechnet hat, könnte die Summe dann höher ausfallen. Für eine genaue Rechnung braucht sie aber mehr Zeit. Wenn man rund 30 Millionen Euro an tatsächlicher Steuerschuld zugrunde legen würde, kämen seit 2006 im Falle einer Verurteilung jährliche Zinsen von sechs Prozent auf den Bayern-Manager zu. Dadurch würde sich die Beispielzahl auf 48 Million Euro erhöhen.
Sieht der Richter die Selbstanzeige als vollständig an und stellt das Verfahren ein, erhöhen sich die Zinsen auf elf Prozent pro Jahr. Die angenommene Summe würde sich dann auf rund 69 Millionen Euro belaufen.
Dem Gericht war von Anfang an klar, dass es nicht um 3,5 Millionen Euro geht, sondern dass mehr Geld im Feuer steht. Hoeneß nennt in seiner Selbstanzeige die Jahresendstände seiner Schweizer Zockerkonten. Demnach lagen dort zeitweise rund 150 Millionen Euro. Er spekulierte mit Währungen, investierte aber auch in Aktien und verzinste Finanzprodukte. Im Sommer wurde die Anklage geschrieben. Damals hatten die Ermittler nur belastbare Informationen über die Aktien und die Zinseinkünfte, die sogenannten Kapitalerträge. Sie sind anders zu versteuern als die Gewinne aus den Währungswetten. Deswegen nennt die Anklage eine Zahl für die hinterzogene Kapitalsteuer – das sind die 3,5 Millionen. In der Anklage weist der Staatsanwalt schon darauf hin, dass noch ein Betrag aus Spekulationsgeschäften dazukommen könnte. Diesen konnte die Steuerfahnderin jedoch erst mit den Daten schätzen, die Hoeneß im Februar übergeben hat, wenige Tage vor Prozessbeginn. Aus ihnen ergeben sich die 27,2 Millionen Euro.
Uli Hoeneß gestern im Gericht
Hoeneß spekulierte mit Währungen. Wie funktionieren diese Devisentermingeschäfte?
Hoeneß wettete zum Beispiel darauf, dass der Euro gegen den amerikanischen Dollar im Kurs steigt. Dafür könnte er am selben Tag 40 Millionen Euro und eine entsprechende Summe in Dollar kaufen und dann ein Datum festsetzen, an dem die Wette ausläuft. Dann würde Hoeneß die Euro- und die Dollar-Summe wieder verkaufen. Hat sich der Kurs für den Euro positiv entwickelt, kassiert er einen Gewinn, sonst einen Verlust. Banken bieten an, dass man nicht die vollen 40 Millionen kaufen muss. Stattdessen reicht es ihnen, wenn der Kunde eine gewisse Summe auf einem Konto hinterlegt und verspricht, notfalls Geld nachzuschießen. Dadurch können Spekulanten mit geringen Einsätzen hohe Wetten eingehen. Mit 20 bis 30 Millionen Euro als Sicherheit könne man beispielsweise 500 Millionen Dollar gegen den japanischen Yen setzen, erklärte die Steuerfahnderin im Fall Hoeneß vor Gericht. Der Spekulant kassiert dann den Kursgewinn auf die 500 Millionen, obwohl er viel weniger hinterlegen musste. Entsprechend hoch ist die Rendite. Doch der Verlust kann ebenso durchschlagen, im schlimmsten Fall bis zum Totalverlust der 500 Millionen Dollar.
Konnte Hoeneß mit diesen Währungswetten sein Kapital vervielfachen?
Ja. Hoeneß hat nach eigenen Angaben durch das Platzen der Blase am Neuen Markt 2001 viel Geld verloren. Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus habe Hoeneß aus Freundschaft frisches Geld geliehen, sodass er mit 20 Millionen Mark wieder loslegen konnte. Bis 2005 hat er ordentliche Gewinne gemacht. Danach liefen hohe Verluste auf und machten die Profite zunichte. Hoeneß hat ähnliche Wetten wie in der Schweiz auch auf einem deutschen Konto gemacht, das er ordnungsgemäß versteuerte. Auch hier wechselten sich Gewinn und Verluste ab. „Es gab gute und desaströse Jahre“, sagte sein Betriebsprüfer.
War Hoeneß allein im Spiel?
Ja. Es gibt keine Hinweise, dass andere mit ihm eine Zockergruppe bildeten. Auch seine Frau bleibt außen vor. Sie hatte zwar eine Vollmacht für sein Konto, aber nur für den Todesfall. Von Hoeneß’ Abenteuern wusste sie nichts.
Wie hätte Hoeneß die Gewinne versteuern müssen?
Für das Gericht sind die Jahre 2003 bis 2009 relevant – und zwar zunächst jedes Jahr einzeln. Erst am Ende wird addiert, um auf die gesamte strafrechtlich relevante Steuerschuld zu kommen. Die Steuergesetze haben sich in dem Zeitraum oft geändert. Bis 2009 galt die Spekulationssteuer für private Veräußerungsgeschäfte. Nicht jeder Währungshandel war relevant, jede Transaktion muss einzeln geprüft werden, um auf eine exakte Summe zu kommen. Die Steuerfahnderin im Fall Hoeneß hat darauf verzichtet und stattdessen eine Schätzung vorgelegt. Stand dem Finanzamt etwas aus dem Währungshandel zu, hätte Hoeneß einen Steuersatz in Höhe seines Einkommensteuersatzes zahlen müssen – weil er Einkommensmillionär ist, den Höchstsatz. Auch der hat sich mehrmals geändert. Seit 2009 gilt statt der Spekulations- die Kapitalertragsteuer. Sie beträgt 25 Prozent, wird direkt von der Bank eingezogen und ans Finanzamt überwiesen, weshalb sie auch Quellensteuer heißt.
Hielten seine Anwälte Daten zurück?
Erst wenige Tage vor Beginn des Prozesses legten die Verteidiger von Hoeneß die Daten zu den Devisentermingeschäften in der Schweiz vor: auf drei USB-Sticks. Ein EDV-Mitarbeiter des Finanzamts Rosenheimerkannte, dass einige der PDF-Dateien bereits am 18. Januar 2013 erstellt worden waren – einen Tag nach dem Einreichen der Selbstanzeige. Doch der Vorwurf, Uli Hoeneß habe die Daten den Fahndern ein Jahr lang vorenthalten, ließ sich nicht halten.
Verteidiger Hanns Feigen erklärte, die Schweizer Bank habe die 50000 Transaktionen zunächst prüfen, abgleichen und ordnen müssen, das habe so viel Zeit in Anspruch genommen. „Es ist völlig abwegig, dass Hoeneß am 18.Januar bereits eine brauchbare Datei vorlag.“ Der EDV-Mitarbeiter des Finanzamts hielt es für möglich, dass die PDF-Dateien im Laufe des Jahres ergänzt wurden.
Wie viel muss Hoeneß zahlen?
Die 27 Millionen Euro sind nur für den Strafprozess relevant. Nach dem Richterspruch wird das Finanzamt in Rosenheim Hoeneß’ Steuerschuld genau ausrechnen. Da die Steuerfahnderin in ihrer Schätzung vor Gericht möglichst positiv für den Angeklagten gerechnet hat, könnte die Summe dann höher ausfallen. Für eine genaue Rechnung braucht sie aber mehr Zeit. Wenn man rund 30 Millionen Euro an tatsächlicher Steuerschuld zugrunde legen würde, kämen seit 2006 im Falle einer Verurteilung jährliche Zinsen von sechs Prozent auf den Bayern-Manager zu. Dadurch würde sich die Beispielzahl auf 48 Million Euro erhöhen.
Sieht der Richter die Selbstanzeige als vollständig an und stellt das Verfahren ein, erhöhen sich die Zinsen auf elf Prozent pro Jahr. Die angenommene Summe würde sich dann auf rund 69 Millionen Euro belaufen.