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Ein Dollar für deine Daten

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Der kürzeste und einfachste Weg zur ersten Million, da werden zahlreiche Facebook-Mitglieder zustimmen, wäre wohl dieser: Man bekommt für jede Einladung zur Teilnahme an einem der süchtig machenden Online-Spielchen wie „Farmville“, „Candy Crush“ und „Dragon City“ einen Cent – und wenn man sich tatsächlich dazu verleiten lässt, das Angebot anzunehmen, gleich noch einen. Und für jede vertrödelte Stunde noch einen. Hach, man wäre innerhalb weniger Monate stinkreich! Genau das haben sich Scott Dudelson und Josef Gorowitz gedacht, als sie vor beinahe sechs Jahren das Unternehmen Swagbucks gegründet haben, das mittlerweile als eine der am schnellsten wachsenden Firmen der USA gilt.




Viele Leute surfen fast jede freie Minute – das macht sich Swagbucks zunutze und gibt ihnen Geld für die Preisgabe persönlicher Daten

Swagbucks ist eine Mischung aus Vielfliegerprogramm, Coupon-Verteiler und digitaler Währung. Der Kunde meldet sich bei der Plattform an und nutzt anschließend eines der verschiedenen Angebote. Es gibt eine Suchmaschine, die ähnliche Ergebnisse liefert wie Google. Dazu Portale für Videos und Spiele, Online-Shops und Rabattaktionen – und eine Sektion, in der die Mitglieder Umfragen ausfüllen oder an Marktforschungen teilnehmen. Für verschiedene Aktivitäten bekommen die Kunden so genannte Swagbucks gutgeschrieben, die sie später in Gutscheine oder Geld umtauschen können. Ein Swagbuck ist ungefähr einen Cent wert, für 500 Einheiten gibt es etwa einen Fünf-Dollar-Gutschein bei Amazon, für 2500 eine 25-Dollar-Gutschrift beim Bezahlservice PayPal. Besonders lukrativ sind die Teilnahmen an Umfragen oder das Ausprobieren neuer Produkte. Dafür gibt es schon mal 2000 Swagbucks, also umgerechnet zwei Dollar.

„Wir wollen die Menschen für ihre Zeit honorieren“, sagt Gorowitz: „Wenn jemand eine Suchmaschine benutzt oder gerne online einkauft, dann kann er das auch über unsere Plattform machen und dafür Belohnungen bekommen.“ Mehr als zehn Millionen Menschen machen bereits mit, allein 2013 gab es Gutschriften von mehr als 18 Millionen Dollar. Swagbucks rühmt sich damit, insgesamt beinahe 58 Millionen Dollar an die Kunden ausgeschüttet zu haben. Es klingt aber auch verführerisch: Man lässt sich für etwas bezahlen, was man ohnehin macht. Eine Hausfrau etwa berichtet, dass sich einen Tablet, Haushaltsgeräte und eine Ofen gekauft habe. Ein Student zeigt seine Spielekonsole und Bücher, ein anderer verkündet, gut 1000 Dollar an Gutscheinen verdient zu haben.

Geld verdient das Unternehmen durch Kooperationen mit anderen Firmen wie etwa der Einkaufskette Walmart, dem Streamingdienst Hulu oder dem Fernsehsender NBC, der Schnipsel der „Tonight Show“ präsentiert. Dudelson sagt: „Bei Videos ist Werbung integriert, bei Einkäufen und Sonderangeboten erhalten wir eine Kommission, mit der Suchmaschine sind wir an den Umsätzen beteiligt, wenn die Kunden auf eine Anzeige klicken.“ Kürzlich hat das Unternehmen Chuck Davis angestellt, der dafür bekannt ist, das Wachstum von Startups zu beschleunigen und ihren Marktwert zu vervielfachen.

„Wir haben damit angefangen, weil wir etwas Gutes tun wollten. Wir hatten gewiss nicht die Absicht, eine 50-Millionen-Dollar-Firma zu besitzen“, sagt Dudelson: „Unser Ziel ist es nun, das Unternehmen weiter wachsen zu lassen.“ Im vergangenen Jahr steigerte Swagbucks seinen Umsatz um 30 Prozent auf 53 Millionen US-Dollar, das Unternehmen ist laut Dudelson „sehr profitabel“. 110 Menschen arbeiten im Hauptquartier im Süden von Los Angeles – einer Gegend, die bisweilen als Silicon Beach bezeichnet wird. „Unser Ziel ist es herauszufinden, wie die Menschen ihre Zeit online verbringen – und diese Zeit wollen wir wertvoller machen“, sagt Gorowitz.

Bereits bei der Anmeldung werden die Mitglieder animiert, Daten von sich zu preiszugeben. Sie bekommen sogleich die ersten Swagbucks auf dem Konto gutgeschrieben, wenn sie Geburtsdatum, Postleitzahl und Geschlecht übermitteln Wer an Umfragen teilnimmt, soll bestenfalls Einkommen, Bildung und die komplette Adresse angeben – und verraten, welches Mobiltelefon er nutzt und ob er bald ein Auto kaufen möchte. Das Unternehmen kann so seine Mitglieder beim Surfen im Internet beobachten: Wer sieht sich welche Videos an oder viele Menschen zocken bei einem bestimmten Spiel? Welche Rabattaktionen sind besonders beliebt? Und wogegen tauschen die Kunden ihre Punkte am liebsten? Swagbucks bekommt für ein paar Dollar ein recht präzises Bild von seinen Mitgliedern und erfährt obendrein, was die so anstellen mit ihrer Zeit im Netz.

Das ist nur einer der Kritikpunkte am Vielflieger-Coupon-System. Andere berichten davon, aufgrund von Swagbucks noch mehr Zeit im Internet zu verplempern. „Man füllt eine Umfrage aus, dann noch eine und noch eine, man klickt sich durch Videos, um mehr Swagbucks zu bekommen. Plötzlich stellt man fest, dass vier Stunden vergangen sind.“ Nutzer beschweren sich, dass ihr Email-Postfach seit der Anmeldung noch voller mit Werbebriefen sei und dass sie noch mehr Anrufe erhalten würden von Menschen, die ihnen etwas verkaufen wollen.Die Kunden bekommen tatsächlich für beinahe jede Aktion einen Cent, doch genau das ist neben dem Überlassen persönlicher Daten und dem Gefühl des Beobachtetwerdens das wahrlich Frustrierende an Swagbucks: Die Feststellung, dass man keineswegs stinkreich wird, wenn man seine Zeit im Internet vertrödelt.

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