Deutschland fehlen die Blütenwiesen. Jene Blütenwiesen, in denen sich Schmetterlinge und Bienen tummeln, die ungestörte Rückzugsräume für Pflanzen und Tiere bieten könnten. Oder, wie es Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagt: „Wir hindern die Bienen daran, fleißig zu sein.“ Ohne Blüten gibt es nichts zu bestäuben. Und wo die Wiesen verschwinden, verschwinden irgendwann auch die zugehörigen Arten.
Blumenwiesen sind schön und Deutschland braucht mehr davon.
So ist die Lage der Natur im Jahr 2014: Weiterhin verschwinden täglich 70 Hektar unbebaute Flächen, während andernorts die ohnehin knappen Blütenwiesen zu Maisfeldern werden. Andererseits gibt es auch Fortschritte – oft dort, wo sich Naturschützer gezielt einzelnen Arten widmen: Mit den Seeadler-Beständen etwa geht es aufwärts, auch die Sand-Silberscharte, eine seltene Distelart, findet sich wieder. Bei vielen Fischarten und Fledermäusen hat sich die Lage ebenfalls leicht gebessert, wie auch bei den Wolfs-Populationen. „Das ist ein durchaus gemischtes Bild“, sagt Hendricks. „Wenn man sich für den Naturschutz engagiert, sind Erfolge möglich. Aber es gibt auch besorgniserregende Verschlechterungen.“
Besser waren die Daten nie. Der Bericht zur Lage der Natur ist die umfassendste Bestandsaufnahme, die es je gegeben hat; für den Vorgängerbericht im Jahr 2007 wurden weit weniger Informationen gesammelt. Hintergrund der Inventur der Arten und ihrer Lebensräume sind zwei EU-Gesetze: Die Vogelschutzrichtlinie und die sogenannte Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Beide schreiben den Mitgliedstaaten vor, alle sechs Jahre Rechenschaft abzulegen, wie es den Tieren und Lebensräumen geht, die unter dem Schutz der EU stehen. In Deutschland geht es dabei um immerhin 15 Prozent der Landesfläche. Einige Gebiete sind streng geschützt, etwa in Nationalparks, zum Teil werden sie aber auch genutzt, zum Beispiel als Weideland.
Und gerade da, beim Zusammenspiel von Landwirtschaft und Naturschutz, gibt es die größten Probleme. Die schönen Blütenwiesen etwa können kostbare, artenreiche Lebensräume sein, sind aber auf eine vorsichtige Bewirtschaftung angewiesen – werden sie nicht gemäht oder beweidet, wachsen sie zu; beutet man sie aber zu stark aus,taugen sie als Heimat auch nicht mehr viel. Um fünf Prozent ist der Anteil an Wiesenflächen in Deutschland seit 2003 zurückgegangen; viele Wiesen wurden in Ackerland umgewandelt. Und auch dort, wo sie erhalten blieben, werden sie nicht so geschützt, wie das die EU-Regeln vorsehen: In ganz Nord- und Westdeutschland ist kein einziger Wiesen-Lebensraumtyp in gutem Zustand, nur in Alpennähe gibt es ein paar gute Noten.
Selbst dort, wo sie nicht bewirtschaftet wird, leidet die Natur unter der intensiven Landwirtschaft: Der Stickstoff aus Dünger und Mist gelangt über die Felder in Gewässer, Moore und Wälder, und düngt diese gleich mit – was dort großen Schaden anrichtet. Und die Vögel leiden mit. So sei die Hauptursache für die Gefährdung geschützter Vogelarten „der Verlust der Brut- und Nahrungslebensräume durch eine zunehmend intensive Landwirtschaft“, heißt es in dem Bericht. Auch die Schaffung immer neuer Maisfelder für die Ökostrom-Gewinnung spielt eine ungute Rolle. Mittlerweile stehen auf 17 Prozent der deutschen Ackerflächen Energiepflanzen. „Das reicht jetzt“, sagt Hendricks.
Insgesamt sind nur 28 Prozent der knapp 200 Landschaftstypen von Watt über Küstendünen, Bergseen, Felsen bis Moorwälder in einem guten Zustand – vor sechs Jahren war es noch gut ein Drittel. Der Anteil der Lebensräume in ungünstigem Zustand ist dagegen von 36 auf 39 Prozent gestiegen, und in schlechtem Zustand sind inzwischen 31 Prozent – statt 25 Prozent vor sechs Jahren.
Diese wenig rühmlichen Zahlen müssen nun nach Brüssel gemeldet werden. Begeisterungsstürme werden sie dort nicht gerade auslösen. Schließlich entfernt sich Deutschland damit weiter von dem EU-weit festgesetzten Ziel für das Jahr 2020: Dann sollten nämlich doppelt so viele Lebensraumtypen in gutem oder besserem Zustand sein als noch 2010, und 50 Prozent mehr Arten. Für Deutschland hieße das: Zwei Drittel der Lebensräume, drei Viertel der Vogelarten und die Hälfte aller anderen Arten müssten bis zum Jahr 2020 aus der Gefahrenzone gebracht werden. Der Trend geht allerdings genau in die andere Richtung.
„Es geht um den letzten Rest naturnaher Gebiete, den wir noch haben“, sagt Konstantin Kreiser vom Naturschutzbund Nabu. „Sie müssen unbedingt geschützt werden.“ Der Nabu ruft nun wie auch andere Umweltverbände nach einer Naturschutzoffensive: mehr Geld, mehr Personal, mehr Förderung, mehr Einsatz, bevor es zu spät ist. „Wir haben in der EU das beste Naturschutzrecht der Welt“, sagt Kreiser. Aber es müsse eben auch durchgesetzt werden. Und da hapere es, sogar in Deutschland: Die Länder setzten EU-Vorgaben zu zögerlich um und gingen lasch mit den Regeln um. „Selbst in Schutzgebieten wird immer wieder Grünland umgebrochen und zu Ackerland gemacht, ohne dass dafür Strafen verhängt werden, das darf nicht sein“, sagt Kreiser. Auch müsse es für Bauern mehr Anreize geben, umweltfreundlich zu wirtschaften.
Für manche Schmetterlingsart, nur zum Beispiel, sieht es sonst hierzulande düster aus. Für den Goldenen Scheckenfalter etwa oder für den Blauschillernden Feuerfalter. „Jede Art im Gefüge ist wichtig“, sagt Hendricks. „Da können wir nicht einfach sagen, wenn es keine roten Gummibärchen mehr gibt, essen wir eben gelbe.“
Blumenwiesen sind schön und Deutschland braucht mehr davon.
So ist die Lage der Natur im Jahr 2014: Weiterhin verschwinden täglich 70 Hektar unbebaute Flächen, während andernorts die ohnehin knappen Blütenwiesen zu Maisfeldern werden. Andererseits gibt es auch Fortschritte – oft dort, wo sich Naturschützer gezielt einzelnen Arten widmen: Mit den Seeadler-Beständen etwa geht es aufwärts, auch die Sand-Silberscharte, eine seltene Distelart, findet sich wieder. Bei vielen Fischarten und Fledermäusen hat sich die Lage ebenfalls leicht gebessert, wie auch bei den Wolfs-Populationen. „Das ist ein durchaus gemischtes Bild“, sagt Hendricks. „Wenn man sich für den Naturschutz engagiert, sind Erfolge möglich. Aber es gibt auch besorgniserregende Verschlechterungen.“
Besser waren die Daten nie. Der Bericht zur Lage der Natur ist die umfassendste Bestandsaufnahme, die es je gegeben hat; für den Vorgängerbericht im Jahr 2007 wurden weit weniger Informationen gesammelt. Hintergrund der Inventur der Arten und ihrer Lebensräume sind zwei EU-Gesetze: Die Vogelschutzrichtlinie und die sogenannte Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Beide schreiben den Mitgliedstaaten vor, alle sechs Jahre Rechenschaft abzulegen, wie es den Tieren und Lebensräumen geht, die unter dem Schutz der EU stehen. In Deutschland geht es dabei um immerhin 15 Prozent der Landesfläche. Einige Gebiete sind streng geschützt, etwa in Nationalparks, zum Teil werden sie aber auch genutzt, zum Beispiel als Weideland.
Und gerade da, beim Zusammenspiel von Landwirtschaft und Naturschutz, gibt es die größten Probleme. Die schönen Blütenwiesen etwa können kostbare, artenreiche Lebensräume sein, sind aber auf eine vorsichtige Bewirtschaftung angewiesen – werden sie nicht gemäht oder beweidet, wachsen sie zu; beutet man sie aber zu stark aus,taugen sie als Heimat auch nicht mehr viel. Um fünf Prozent ist der Anteil an Wiesenflächen in Deutschland seit 2003 zurückgegangen; viele Wiesen wurden in Ackerland umgewandelt. Und auch dort, wo sie erhalten blieben, werden sie nicht so geschützt, wie das die EU-Regeln vorsehen: In ganz Nord- und Westdeutschland ist kein einziger Wiesen-Lebensraumtyp in gutem Zustand, nur in Alpennähe gibt es ein paar gute Noten.
Selbst dort, wo sie nicht bewirtschaftet wird, leidet die Natur unter der intensiven Landwirtschaft: Der Stickstoff aus Dünger und Mist gelangt über die Felder in Gewässer, Moore und Wälder, und düngt diese gleich mit – was dort großen Schaden anrichtet. Und die Vögel leiden mit. So sei die Hauptursache für die Gefährdung geschützter Vogelarten „der Verlust der Brut- und Nahrungslebensräume durch eine zunehmend intensive Landwirtschaft“, heißt es in dem Bericht. Auch die Schaffung immer neuer Maisfelder für die Ökostrom-Gewinnung spielt eine ungute Rolle. Mittlerweile stehen auf 17 Prozent der deutschen Ackerflächen Energiepflanzen. „Das reicht jetzt“, sagt Hendricks.
Insgesamt sind nur 28 Prozent der knapp 200 Landschaftstypen von Watt über Küstendünen, Bergseen, Felsen bis Moorwälder in einem guten Zustand – vor sechs Jahren war es noch gut ein Drittel. Der Anteil der Lebensräume in ungünstigem Zustand ist dagegen von 36 auf 39 Prozent gestiegen, und in schlechtem Zustand sind inzwischen 31 Prozent – statt 25 Prozent vor sechs Jahren.
Diese wenig rühmlichen Zahlen müssen nun nach Brüssel gemeldet werden. Begeisterungsstürme werden sie dort nicht gerade auslösen. Schließlich entfernt sich Deutschland damit weiter von dem EU-weit festgesetzten Ziel für das Jahr 2020: Dann sollten nämlich doppelt so viele Lebensraumtypen in gutem oder besserem Zustand sein als noch 2010, und 50 Prozent mehr Arten. Für Deutschland hieße das: Zwei Drittel der Lebensräume, drei Viertel der Vogelarten und die Hälfte aller anderen Arten müssten bis zum Jahr 2020 aus der Gefahrenzone gebracht werden. Der Trend geht allerdings genau in die andere Richtung.
„Es geht um den letzten Rest naturnaher Gebiete, den wir noch haben“, sagt Konstantin Kreiser vom Naturschutzbund Nabu. „Sie müssen unbedingt geschützt werden.“ Der Nabu ruft nun wie auch andere Umweltverbände nach einer Naturschutzoffensive: mehr Geld, mehr Personal, mehr Förderung, mehr Einsatz, bevor es zu spät ist. „Wir haben in der EU das beste Naturschutzrecht der Welt“, sagt Kreiser. Aber es müsse eben auch durchgesetzt werden. Und da hapere es, sogar in Deutschland: Die Länder setzten EU-Vorgaben zu zögerlich um und gingen lasch mit den Regeln um. „Selbst in Schutzgebieten wird immer wieder Grünland umgebrochen und zu Ackerland gemacht, ohne dass dafür Strafen verhängt werden, das darf nicht sein“, sagt Kreiser. Auch müsse es für Bauern mehr Anreize geben, umweltfreundlich zu wirtschaften.
Für manche Schmetterlingsart, nur zum Beispiel, sieht es sonst hierzulande düster aus. Für den Goldenen Scheckenfalter etwa oder für den Blauschillernden Feuerfalter. „Jede Art im Gefüge ist wichtig“, sagt Hendricks. „Da können wir nicht einfach sagen, wenn es keine roten Gummibärchen mehr gibt, essen wir eben gelbe.“