Mit miesem Sound kann Conrad Fritzsch, 44, eigentlich nichts anfangen. Alle paar Minuten donnert ein Flieger auf dem Weg nach Berlin-Tegel über sein Büro, das Dröhnen der Turbinen scheint ihm kaum etwas auszumachen. Vielleicht, weil drinnen meist guter Sound läuft. Wenn er nicht gerade unterwegs ist, sitzt Fritzsch an einem langen weißen Tisch und schaut Musikvideos auf einem riesigen Fernseher. Fritzsch ist Chef von tape.tv, einem der größten deutschen Anbieter von Musikfernsehen im Netz. Er selbst beschreibt das so: „Wir sind so ein altes, cooles MTV im digitalen Zeitalter.“
Tape-TV soll ein "altes, cooles MTV im digitalen Zeitalter sein".
Vor die Kamera bei MTV hätte Fritzsch vermutlich auch ganz gut gepasst mit seinen dunklen Haaren, dem Vollbart und der großen Brille. Doch der Berliner wollte lieber selbst etwas schaffen. Fritzsch hatte eine eigene Werbefirma, bevor er 2008 mit seiner Kollegin Stephanie Renner tape.tv gründete. Das Team von inzwischen mehr als 40 festen Mitarbeitern sitzt im Nordosten Berlins, in der ehemaligen DDR-Botschaft von Australien. Ein paar Fernseher stehen jetzt hier, jede Menge Macs; viel mehr scheint sich im Inneren des grauen Flachbaus kaum verändert zu haben. Das ist bemerkenswert, tape.tv bewegt sich in einem Markt, der sich stark verändert. „Wenn wir nicht ganz genau aufpassen, bauen wir heute ein Produkt, das morgen keinen mehr interessiert“, sagt Fritzsch.
Er sind schwierige Fragen: Wie muss Musikfernsehen aussehen, das in die heutige Zeit passt? Was ist die richtige Mischung zwischen altem MTV und einem modernen On-Demand-Dienst wie Youtube? Vor allem: Wie lässt sich damit im Netz Geld verdienen? Streaming-Angebote wie tape.tv sind auf dem Vormarsch: Sie verhelfen der angeschlagenen Musikindustrie erstmals seit Langem wieder zu Wachstum – und ihr Anteil am Gesamtmarkt wird in den kommenden Jahren noch deutlich steigen. Das Problem aus Sicht von Fritzsch: „Wir brauchen ein Geschäftsmodell im Netz, das auch für die Musiker funktioniert.“ Youtube streitet noch immer mit der Gema darüber, wie die Künstler dafür entlohnt werden können, dass die Videoplattform Werbeerlöse mit ihren Werken erzielt. Spotify, der dominierende Anbieter auf dem Streaming-Markt, zahlt den Rechteinhabern zwischen 0,6 und 0,84 Cent, wenn ihr Song angeklickt wird. Für das schwedische Unternehmen ist das zu viel, Spotify macht Verluste. Für die Musiker ist es wenig. Nur: Was ist die Alternative?
Fritzsch hat sich viele Gedanken gemacht in den vergangenen Monaten, sein Team umgebaut, tape.tv neu ausgerichtet. Das Ergebnis: Eine neugestaltete Seite, die stärker auf soziale Funktionen setzt. Anfang April soll eine App für das iPhone erscheinen. Die Idee: Nutzer sollen Songs finden, die sie gar nicht gesucht haben. Es fehlt jemand, der den Menschen sagt, was ihnen gefällt, glaubt Fritzsch. Das Motto von tape.tv: Deine Musik findet dich. „Wir bauen eine virtuelle Wolke aus Musik um dich rum“, erklärt Fritzsch. Wer auf die Seite von tape.tv kommt, sieht zunächst ein zufällig ausgewähltes Musikvideo. Von dort bewegt sich der Nutzer durch eine scheinbar endlose Reihe von Empfehlungen anderer User und Tipps der Redaktion, die zum eigenen Geschmack passen könnten. Das sind nicht nur Musikvideos, tape.tv produziert auch Inhalte, etwa Live-Konzerte oder Shows, in denen die Künstler ihre Lieblingssongs vorstellen. Aktuell kann man aus etwa 40 000 Videos auswählen, bald sollen es 100 000 sein.
Und was haben nun die Künstler davon? Tape.tv hat einen Deal mit der Gema abgeschlossen, für Auftritte in einer Sendung erhalten die Musiker natürlich auch Geld. Wichtig ist Fritzsch aber vor allem die Chance, die ihnen tape.tv bietet: sich zu vermarkten. Shows, die von den Künstler selbst moderiert werden, intime Gigs, bei denen die Zuschauer sehen, wenn die Musiker aufgeregt sind – das ist heute gefragt, glaubt er. Der Künstler im Fokus.
Die Musiker können das Video dann über soziale Netzwerke verbreiten, und so Werbung für sich machen – und für tape.tv. 1,5 Millionen Nutzer hat die Seite im Schnitt pro Monat. Bis Ende des Jahres soll die Zahl auf 2,5 Millionen steigen. Bislang stammen alle Einnahmen aus Werbung. 2013 lag der Umsatz bei 15 Millionen Euro, im laufenden Jahr will tape.tv ein Drittel zulegen. Als zusätzliche Einnahmequelle ist zudem ein Abo-Modell geplant.
Vor dem Fenster in Fritzschs Büro stehen ein paar Preise, die seine Firma gesammelt hat. Darunter der Publikumspreis des Magazins Gründerszene für das Startup des Jahrzehnts in der Kategorie „Newcomer“. Ganz neu ist tape.tv inzwischen nicht mehr, aber ständig im Wandel. Angst hat Fritzsch nicht, er findet das aufregend. „Ich bin Veränderungen gewöhnt“, sagt Fritzsch, „und die waren immer positiv für mich“. Nur einmal wird er kurz unruhig. Der Akku seines MacBooks ist leer, über das er die Videos auf dem riesigen Fernseher abspielt. Der Bildschirm wird plötzlich schwarz. Die Musik ist aus – aber nicht lange.
Tape-TV soll ein "altes, cooles MTV im digitalen Zeitalter sein".
Vor die Kamera bei MTV hätte Fritzsch vermutlich auch ganz gut gepasst mit seinen dunklen Haaren, dem Vollbart und der großen Brille. Doch der Berliner wollte lieber selbst etwas schaffen. Fritzsch hatte eine eigene Werbefirma, bevor er 2008 mit seiner Kollegin Stephanie Renner tape.tv gründete. Das Team von inzwischen mehr als 40 festen Mitarbeitern sitzt im Nordosten Berlins, in der ehemaligen DDR-Botschaft von Australien. Ein paar Fernseher stehen jetzt hier, jede Menge Macs; viel mehr scheint sich im Inneren des grauen Flachbaus kaum verändert zu haben. Das ist bemerkenswert, tape.tv bewegt sich in einem Markt, der sich stark verändert. „Wenn wir nicht ganz genau aufpassen, bauen wir heute ein Produkt, das morgen keinen mehr interessiert“, sagt Fritzsch.
Er sind schwierige Fragen: Wie muss Musikfernsehen aussehen, das in die heutige Zeit passt? Was ist die richtige Mischung zwischen altem MTV und einem modernen On-Demand-Dienst wie Youtube? Vor allem: Wie lässt sich damit im Netz Geld verdienen? Streaming-Angebote wie tape.tv sind auf dem Vormarsch: Sie verhelfen der angeschlagenen Musikindustrie erstmals seit Langem wieder zu Wachstum – und ihr Anteil am Gesamtmarkt wird in den kommenden Jahren noch deutlich steigen. Das Problem aus Sicht von Fritzsch: „Wir brauchen ein Geschäftsmodell im Netz, das auch für die Musiker funktioniert.“ Youtube streitet noch immer mit der Gema darüber, wie die Künstler dafür entlohnt werden können, dass die Videoplattform Werbeerlöse mit ihren Werken erzielt. Spotify, der dominierende Anbieter auf dem Streaming-Markt, zahlt den Rechteinhabern zwischen 0,6 und 0,84 Cent, wenn ihr Song angeklickt wird. Für das schwedische Unternehmen ist das zu viel, Spotify macht Verluste. Für die Musiker ist es wenig. Nur: Was ist die Alternative?
Fritzsch hat sich viele Gedanken gemacht in den vergangenen Monaten, sein Team umgebaut, tape.tv neu ausgerichtet. Das Ergebnis: Eine neugestaltete Seite, die stärker auf soziale Funktionen setzt. Anfang April soll eine App für das iPhone erscheinen. Die Idee: Nutzer sollen Songs finden, die sie gar nicht gesucht haben. Es fehlt jemand, der den Menschen sagt, was ihnen gefällt, glaubt Fritzsch. Das Motto von tape.tv: Deine Musik findet dich. „Wir bauen eine virtuelle Wolke aus Musik um dich rum“, erklärt Fritzsch. Wer auf die Seite von tape.tv kommt, sieht zunächst ein zufällig ausgewähltes Musikvideo. Von dort bewegt sich der Nutzer durch eine scheinbar endlose Reihe von Empfehlungen anderer User und Tipps der Redaktion, die zum eigenen Geschmack passen könnten. Das sind nicht nur Musikvideos, tape.tv produziert auch Inhalte, etwa Live-Konzerte oder Shows, in denen die Künstler ihre Lieblingssongs vorstellen. Aktuell kann man aus etwa 40 000 Videos auswählen, bald sollen es 100 000 sein.
Und was haben nun die Künstler davon? Tape.tv hat einen Deal mit der Gema abgeschlossen, für Auftritte in einer Sendung erhalten die Musiker natürlich auch Geld. Wichtig ist Fritzsch aber vor allem die Chance, die ihnen tape.tv bietet: sich zu vermarkten. Shows, die von den Künstler selbst moderiert werden, intime Gigs, bei denen die Zuschauer sehen, wenn die Musiker aufgeregt sind – das ist heute gefragt, glaubt er. Der Künstler im Fokus.
Die Musiker können das Video dann über soziale Netzwerke verbreiten, und so Werbung für sich machen – und für tape.tv. 1,5 Millionen Nutzer hat die Seite im Schnitt pro Monat. Bis Ende des Jahres soll die Zahl auf 2,5 Millionen steigen. Bislang stammen alle Einnahmen aus Werbung. 2013 lag der Umsatz bei 15 Millionen Euro, im laufenden Jahr will tape.tv ein Drittel zulegen. Als zusätzliche Einnahmequelle ist zudem ein Abo-Modell geplant.
Vor dem Fenster in Fritzschs Büro stehen ein paar Preise, die seine Firma gesammelt hat. Darunter der Publikumspreis des Magazins Gründerszene für das Startup des Jahrzehnts in der Kategorie „Newcomer“. Ganz neu ist tape.tv inzwischen nicht mehr, aber ständig im Wandel. Angst hat Fritzsch nicht, er findet das aufregend. „Ich bin Veränderungen gewöhnt“, sagt Fritzsch, „und die waren immer positiv für mich“. Nur einmal wird er kurz unruhig. Der Akku seines MacBooks ist leer, über das er die Videos auf dem riesigen Fernseher abspielt. Der Bildschirm wird plötzlich schwarz. Die Musik ist aus – aber nicht lange.