Der Held ist müde in diesem Film, sehr wenig motiviert. Die Welt, in der er lebt mit seiner Familie, ist dunkel und feucht, viel nackte Erde und Steine und Wasser, der Himmel drüber grau und leer – von paradiesischen Parametern alles weit entfernt. Und der Job als Familienvater ist so ungemein strapaziös. Noah, ein Pionier wider Willen, ein Nolens-volens-Held, von seinem göttlichen Boss mit einer der wichtigsten Arbeiten der Menschheitsgeschichte betraut.
Regisseur Darren Aronofsky und Patti Smith bei der Premiere in London
Darren Aronofskys Film zeigt Noah als den Abwickler Gottes, der sich abarbeitet am Projekt Arche, an der langwierigen Aufgabe, die Fehlentwicklung des Planeten Erde zu korrigieren, zurück in Richtung Paradies. Was genau darunter zu verstehen wäre, dazu werden im Verlauf der Geschichte verschiedene Varianten durchgespielt – am Ende steht ein radikaler, ein brutaler Ökofundamentalismus.
Der größte Schub, zu dem der Film sich aufrafft, ist die Stampede der wilden Tiere, die in die noch nicht ganz fertige Arche stürmen, hordenweise, mehr als die in der Genesis säuberlich überlieferten je ein Paar pro Gattung. In der Arche nehmen sie dann ihre Plätze ein und werden in einen Tiefschlaf versetzt wie die Insassen von Raumschiffen auf ihrer Odyssee im Hyperraum. Im Kino hat das Noah-Motiv seine wahre Natur geoutet – es ist im Grunde reine Science-Fiction. Menschen in großen Vehikeln unterwegs, die übervölkerte, überforderte Erde hinter sich lassend, eine unbekannte koloniale Zukunft vor sich, und die Zeit dehnt sich. Apokalyptisches Chaos, kombiniert mit Überlebens-Management.
Weltuntergänge gehören zu den lustvollsten Erlebnissen im Kino. Keiner hat so genial die Majestät der Zerstörung zelebriert wie Roland Emmerich – der Erdboden spaltet sich, Wolkenkratzer stürzen in sich zusammen, eine Flutwelle schwappt über die Berge des Himalaja. Darren Aronofsky verweigert sich dem Spektakulären des Genres, diese Szenen sind bei ihm fast eine Pflichtübung, von den fleißigen Spezialisten der Computereffekte absolviert. Der Schrecken hat immer schnell ein Ende. Und Russell Crowe, Anfang des Jahrtausends eine dynamische Kinofigur als Gladiator, wechselt nun übergangslos zwischen sturem Pathos und einer Art gleichgültiger Begossenheit, dem King Lear näher als den Führern der Menschheit.
Aus all diesen Dissonanzen bezieht dieser „Noah“ seine Spannung. Es ist der erste wirkliche Outdoor-Film von Aronofsky, der durch intensive, quälerische Psychogramme bekannt ist, von „Pi“ über „The Fountain“ – eine Reise ins Ich, die in galaktische Weiten führt – zum „Black Swan“, der sich ins psychische Labyrinth einer besessenen Tänzerin verbohrt. Der internationale Erfolg dieses Films hat ermöglicht, dass Aronofsky endlich die Finanzierung seines „Noah“-Projekts hinbekam. Am Ende ist, diesmal im großen Format (3D sogar!), doch wieder eine Psychostudie daraus geworden, ganz nach innen gekehrt.
Aronofsky ist nicht zimperlich im Umgang mit dem alten Bibelstoff, der erste Teil des Films ist die reine Märchenstunde, von der Schlange im Paradies über die Stammesfehden der Nachfahren Kains – an der Spitze der unvergleichlich miese Ray Winstone – , eine erste Industrialisierung, die frühe Ausbeutung der Bodenschätze. Und die „Wächter“ stapfen durch die Gegend, tumbe, völlig ungraziöse Wesen aus Lavabrocken, die von Noah, dem Großunternehmer, für die Drecksarbeit eingespannt werden, unter vagen Versprechungen späterer Erlösung. Frühbiblisches Proletariat: Bäume fällen und transportieren, die anstürmenden Feinde mit wuchtigen Schlägen zurücktreiben.
Das Feuer vernichtet, das Wasser reinigt, erklärt Noah den Sinn der Sintflut. Den Unrat wegspülen, das heißt vor allem den Menschen, der sich nicht entwickelt wie geplant. „Alles was schön und gut war, haben wir zerstört, also werden wir unser Werk vollenden und mit dem Rest sterben.“ Noah wird unvermutet zum finalen Umweltschützer – das klingt, angesichts der neuesten Berichte und Prognosen der Wissenschaftler und der frustrierenden Unfähigkeit der Politik, irgendwie plausibel, tröstlich gar. Noah fängt an, Loblieder auf die Unfruchtbarkeit zu singen. Die unfruchtbaren Frauen um ihn herum wirken versteinert – selten hat es im Kino so harte, streng konturierte Gesichter gegeben wie die von Jennifer Connelly und Emma Watson, als Frau und Schwiegertochter.
Das ist der am wenigsten biblische biblische Film, hat Aronofsky gesagt – irgendwie logisch, dass er, dem Nihilismus näher als den alten Schriften, prompt verboten wurde in Pakistan, Katar, Indonesien und anderen islamischen Ländern. In den USA haben Vertreter religiöser Vereinigungen konträr reagiert. Das ist ein unbiblischer, heidnischer Film, hat der Top-Kreationist Ken Ham, Präsident von „Answers in Genesis“, erklärt: Dieser Noah ist ein Psychopath.
Regisseur Darren Aronofsky und Patti Smith bei der Premiere in London
Darren Aronofskys Film zeigt Noah als den Abwickler Gottes, der sich abarbeitet am Projekt Arche, an der langwierigen Aufgabe, die Fehlentwicklung des Planeten Erde zu korrigieren, zurück in Richtung Paradies. Was genau darunter zu verstehen wäre, dazu werden im Verlauf der Geschichte verschiedene Varianten durchgespielt – am Ende steht ein radikaler, ein brutaler Ökofundamentalismus.
Der größte Schub, zu dem der Film sich aufrafft, ist die Stampede der wilden Tiere, die in die noch nicht ganz fertige Arche stürmen, hordenweise, mehr als die in der Genesis säuberlich überlieferten je ein Paar pro Gattung. In der Arche nehmen sie dann ihre Plätze ein und werden in einen Tiefschlaf versetzt wie die Insassen von Raumschiffen auf ihrer Odyssee im Hyperraum. Im Kino hat das Noah-Motiv seine wahre Natur geoutet – es ist im Grunde reine Science-Fiction. Menschen in großen Vehikeln unterwegs, die übervölkerte, überforderte Erde hinter sich lassend, eine unbekannte koloniale Zukunft vor sich, und die Zeit dehnt sich. Apokalyptisches Chaos, kombiniert mit Überlebens-Management.
Weltuntergänge gehören zu den lustvollsten Erlebnissen im Kino. Keiner hat so genial die Majestät der Zerstörung zelebriert wie Roland Emmerich – der Erdboden spaltet sich, Wolkenkratzer stürzen in sich zusammen, eine Flutwelle schwappt über die Berge des Himalaja. Darren Aronofsky verweigert sich dem Spektakulären des Genres, diese Szenen sind bei ihm fast eine Pflichtübung, von den fleißigen Spezialisten der Computereffekte absolviert. Der Schrecken hat immer schnell ein Ende. Und Russell Crowe, Anfang des Jahrtausends eine dynamische Kinofigur als Gladiator, wechselt nun übergangslos zwischen sturem Pathos und einer Art gleichgültiger Begossenheit, dem King Lear näher als den Führern der Menschheit.
Aus all diesen Dissonanzen bezieht dieser „Noah“ seine Spannung. Es ist der erste wirkliche Outdoor-Film von Aronofsky, der durch intensive, quälerische Psychogramme bekannt ist, von „Pi“ über „The Fountain“ – eine Reise ins Ich, die in galaktische Weiten führt – zum „Black Swan“, der sich ins psychische Labyrinth einer besessenen Tänzerin verbohrt. Der internationale Erfolg dieses Films hat ermöglicht, dass Aronofsky endlich die Finanzierung seines „Noah“-Projekts hinbekam. Am Ende ist, diesmal im großen Format (3D sogar!), doch wieder eine Psychostudie daraus geworden, ganz nach innen gekehrt.
Aronofsky ist nicht zimperlich im Umgang mit dem alten Bibelstoff, der erste Teil des Films ist die reine Märchenstunde, von der Schlange im Paradies über die Stammesfehden der Nachfahren Kains – an der Spitze der unvergleichlich miese Ray Winstone – , eine erste Industrialisierung, die frühe Ausbeutung der Bodenschätze. Und die „Wächter“ stapfen durch die Gegend, tumbe, völlig ungraziöse Wesen aus Lavabrocken, die von Noah, dem Großunternehmer, für die Drecksarbeit eingespannt werden, unter vagen Versprechungen späterer Erlösung. Frühbiblisches Proletariat: Bäume fällen und transportieren, die anstürmenden Feinde mit wuchtigen Schlägen zurücktreiben.
Das Feuer vernichtet, das Wasser reinigt, erklärt Noah den Sinn der Sintflut. Den Unrat wegspülen, das heißt vor allem den Menschen, der sich nicht entwickelt wie geplant. „Alles was schön und gut war, haben wir zerstört, also werden wir unser Werk vollenden und mit dem Rest sterben.“ Noah wird unvermutet zum finalen Umweltschützer – das klingt, angesichts der neuesten Berichte und Prognosen der Wissenschaftler und der frustrierenden Unfähigkeit der Politik, irgendwie plausibel, tröstlich gar. Noah fängt an, Loblieder auf die Unfruchtbarkeit zu singen. Die unfruchtbaren Frauen um ihn herum wirken versteinert – selten hat es im Kino so harte, streng konturierte Gesichter gegeben wie die von Jennifer Connelly und Emma Watson, als Frau und Schwiegertochter.
Das ist der am wenigsten biblische biblische Film, hat Aronofsky gesagt – irgendwie logisch, dass er, dem Nihilismus näher als den alten Schriften, prompt verboten wurde in Pakistan, Katar, Indonesien und anderen islamischen Ländern. In den USA haben Vertreter religiöser Vereinigungen konträr reagiert. Das ist ein unbiblischer, heidnischer Film, hat der Top-Kreationist Ken Ham, Präsident von „Answers in Genesis“, erklärt: Dieser Noah ist ein Psychopath.