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Twitter-Blockade in der Türkei ist illegal

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Das türkische Verfassungsgericht hat die Sperre des Kurznachrichtendienstes Twitter für illegal erklärt. Das höchste Gericht der Türkei sieht in dem seit 20.März geltenden Twitter-Verbot einen Verstoß gegen Artikel 26 der Verfassung, der die freie Meinungsäußerung garantiert. Die Entscheidung fiel nach Berichten türkischer Medien vom Mittwoch einstimmig. Twitter war von der staatlichen Kommunikationsbehörde TIB ohne Gerichtsbeschluss blockiert worden. Die Behörde hatte dies, zehn Tage vor den Kommunalwahlen in der Türkei, mit drei Beschwerden gegen Twitter begründet, denen der Kurzbotschaftendienst nicht nachgekommen sei.



Die Twitter-Sperre in der Türkei ist verfassungswidrig.

Nun hatten wiederum drei Türken gegen den Blackout geklagt, zwei Rechtsprofessoren und der Vizechef der größten Oppositionsfraktion, der CHP, Sezgin Tanrıkulu. Das Verfassungsgericht schickte seine Entscheidung sofort an TIB und das Informationsministerium. Der Strafrechtler Ersan Șen sagte dem türkischen Sender NTV: „Die Regierung kann dem Urteil nichts mehr entgegensetzen.“ Auch andere Juristen rechneten mit einer raschen Aufhebung der Twitter-Sperre. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Metin Feyzioĝlu sagte der Zeitung Hürriyet: „Falls sie sich nicht an diese Entscheidung halten, werden wir TIB verklagen und den Beschluss des Verfassungsgerichts zur Begründung dazulegen.“

Nach Twitter hatte die Regierung auch Youtube blockiert. Millionen Türken umgehen seither die Blockaden mit technischen Tricks, die mit geringen Mehrkosten verbunden sind. Premier Recep Tayyip Erdoğan hatte vor dem Verbot gegen die sozialen Medien, die in der Türkei sehr beliebt sind, heftig gewettert. Twitter und Youtube hatten immer wieder illegal und legal abgehörte Telefonate von Erdoğan mit Vertrauten veröffentlicht. In den Gesprächen ging es vor allem um Bestechungsgelder für Regierungsmitglieder. Trotz der massiven Korruptionsvorwürfe erreichte Erdoğans islamisch-konservative Partei AKP bei den Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag landesweit erneut eine klare Mehrheit.

Ein endgültiges Wahlergebnis gibt es noch nicht. Tausende Stimmzettel müssen nach Beschwerden neu ausgezählt werden. Auch in der Hauptstadt Ankara werden die Stimmen noch einmal kontrolliert. Hier betrug der Abstand zwischen dem bisherigen AKP-Bürgermeister und seinem CHP-Herausforderer nach der ersten Zählung nur ein Prozent. In anderen Orten ist es noch knapper. In der Stadt Yalova am Marmarameer trennte beide Bewerber zunächst nur eine Stimme. Bis zum 6. April sollen die lokalen Wahlkommissionen ihre Entscheidungen in den Streitfällen bekannt geben. Es wurden auch schon Säcke mit Stimmzetteln im Müll gefunden. Unklar ist, warum an vielen Auszählorten plötzlich das Licht für Minuten ausging. Energieminister Taner Yıldız erklärte dies zunächst mit einem Sturm, dann mit einer Katze in einem Trafo. Dafür musste sich Yıldız am Mittwoch viel Spott gefallen lassen.

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