n alphabetischer Reihenfolge stellt die Moderatorin des Abends die Gäste vor. Sicherlich die geschickteste Variante, könnte doch einer der vier Herren auf dem Podium womöglich eine Rangliste heraushören. Da sind Wolfgang A. Herrmann und Bernd Huber, die Chefs der Münchner Universitäten TU und LMU. Die Rektoren der beiden „Elite“-Universitäten treibt gerne mal die Frage um, wer denn der erfolgreicheren Hochschule vorsteht. Und da sind Peter Gruss und Jürgen Mlynek, die Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft, zwei der großen außeruniversitären Forschungsorganisationen. Die vier Professoren debattierten vergangene Woche in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München darüber, wie sie es künftig mit der Zusammenarbeit halten wollen. Das ist ein heikles Feld, es ist auch eine Machtfrage.
Die Strukturen der zukünftigen Wissenslandschaft sind umstritten
Mlynek hatte zuletzt viele Unis arg in Rage gebracht, als er eine Führungsrolle seines Hauses für das gesamte Wissenschaftssystem reklamierte. Gruss hatte, nachdem die Regierungsberater des Wissenschaftsrates die Hochschulen als „Herzstück“ und treibende Kraft des System bezeichnet hatte, erwidert: „Unsere Forschungsprojekte werden nicht in den Köpfen von Rektoren entwickelt.“ Der Abend in München blieb friedlich. Mehr Geld für Forschung, mehr Kooperation seien nötig, war man sich einig. Gleichwohl steckten alle ihr Revier ab.
Deutschland leistet sich zweierlei Forschung – an Hochschulen und an außeruniversitären Einrichtungen. Letztere gehören vier Dacheinrichtungen an, neben Max-Planck und Helmholtz sind das die Leibniz-Gemeinschaft und die Fraunhofer-Gesellschaft. Die Außeruniversitären zusammen zählen bundesweit Hunderte Institute, darunter bekannte Namen wie das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg oder das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, es geht um alle nur erdenklichen Fachgebiete. Der Jahresetat der vier Organisationen liegt bei gut acht Milliarden Euro. Auf der anderen Seite stehen die mehr als 100 Universitäten mit ihren etwa 25000 Professoren. Die Zusammenarbeit der beiden Welten ist heutzutage eng wie nie. Sie endet aber schnell, wenn es um Einfluss und Prestige geht.
Während die außeruniversitären Gesellschaften sich bisher auf üppige und steigende Budgets durch Bund und Länder verlassen konnten, kämpfen die Unis mit einer stagnierenden Grundfinanzierung. Sie haben zudem durch die hohen Studentenzahlen enorme Kosten für die Lehre – die nicht zu den klassischen Aufgaben außeruniversitärer Institute zählt. Der Deutsche Hochschulverband, Lobby der Uni-Professoren, meldete sich 2013 harsch zu Wort, forderte „Vorfahrt für Universitäten“. Das „Zwei-Klassen-System von gießkannenfinanzierter außeruniversitärer Forschung und darbenden Universitäten“ müsse ein Ende haben, hieß es. Im Zweifelsfall plädiere man „für eine sukzessive Auflösung und Überführung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen in die Universitäten“. Das klingt nach Lagerkampf.
Eigentlich geht der Trend längst in eine andere Richtung – zur Zusammenarbeit. Dass leitende Wissenschaftler bei Max-Planck, Leibniz, Helmholtz und Fraunhofer gemeinsam mit einer Universität berufen werden, also in Diensten zweier Herren stehen, ist Standard. Das sorgt für Kooperation, personell und inhaltlich. Und in der Exzellenzinitiative, dem milliardenschweren Wettbewerb zur Forschungsförderung, werden unzählige gemeinsame Projekte gefördert. Alle vier Diskutanten in München waren denn auch voll des Lobes für die Kooperation. „Wer allianzfähig ist, muss nicht Hunger leiden“, sagte TU-Chef Herrmann, es gebe eine „gut eingespielte Kooperationskultur auf Augenhöhe“.
Zu wenig beteiligten sich die Partner aber an der Lehre. Gemeinsam berufene Professoren hielten zwei Stunden Unterricht pro Woche und das meist in Spezialveranstaltungen. „Die stellen sich nicht ins erste Semester hinein, in eine Vorlesung mit 1100 Maschinenbaustudenten.“ Was Helmholtz-Chef Mlynek den Satz entlockte: „Wir sind nicht das Rote Kreuz für die Universitäten.“ Tenor fast aller Aussagen des Abends: Kooperation ja – aber sie darf nicht die klassischen Rollen aufweichen.
Doch reicht diese Form von Teamwork? Mancherorts ist man einen Schritt weitergegangen. In Karlsruhe fusionierten 2009 die Universität und ein Helmholtz-Forschungszentrum komplett. In Berlin verschmolzen das Universitätsklinikum Charité und ein Helmholtz-Zentrum für Molekularmedizin ihre Forschung zu einem Institut. 2017 läuft die bisherige Exzellenzinitiative aus, die Politik streitet nun über eine Verfassungsänderung, damit der Bund Unis direkt finanzieren darf. In der ersten Vorlage der CDU dazu, die noch von Ministerin Annette Schavan stammt, wurden Zusammenschlüsse wie das Berliner Medizin-Institut ausdrücklich als Ziel vorgegeben. Großprojekte, so Schavan damals, die „im internationalen Vergleich sichtbar“ seien.
In mehreren Städten denken daher die Chefetagen mittlerweile über neue Modelle nach. Eine Gruppe von Unis und externen Instituten hat kürzlich eine neue Kultur der Kooperation gefordert. Nötig seien „Strategien für gemeinsame Vorhaben der Spitzenforschung“, hieß es im „Frankfurter Manifest“, das der Frankfurter Uni-Präsident Werner Müller-Esterl mit herausgegeben hat. Er sprach von „Wissenschaftsverbünden“, die dann auch weltweit attraktiv für exzellente Wissenschaftler seien. Das Manifest empfiehlt aber Flexibilität: Jede Region in Deutschland müsse sein eigenes Modell finden, wie und in welcher juristischen Form die Forscher kooperieren.
Die vier Forschungsmanager bei der Münchner Debatte lehnten es allerdings ab, Strukturen nur um der Symbolik willen aufzuweichen. Der Wunsch zur Kooperation komme jeweils von Wissenschaftlern vor Ort, „das kann man nicht von oben durch die Politik verordnen“, sagte Max-Planck-Chef Gruss. Und LMU-Präsident Huber warnte: Man solle statt über die Organisation erst über wissenschaftliche Inhalte nachdenken. Das sei besser als eine „Fusionitis, die gerade um sich greift“.
Die Strukturen der zukünftigen Wissenslandschaft sind umstritten
Mlynek hatte zuletzt viele Unis arg in Rage gebracht, als er eine Führungsrolle seines Hauses für das gesamte Wissenschaftssystem reklamierte. Gruss hatte, nachdem die Regierungsberater des Wissenschaftsrates die Hochschulen als „Herzstück“ und treibende Kraft des System bezeichnet hatte, erwidert: „Unsere Forschungsprojekte werden nicht in den Köpfen von Rektoren entwickelt.“ Der Abend in München blieb friedlich. Mehr Geld für Forschung, mehr Kooperation seien nötig, war man sich einig. Gleichwohl steckten alle ihr Revier ab.
Deutschland leistet sich zweierlei Forschung – an Hochschulen und an außeruniversitären Einrichtungen. Letztere gehören vier Dacheinrichtungen an, neben Max-Planck und Helmholtz sind das die Leibniz-Gemeinschaft und die Fraunhofer-Gesellschaft. Die Außeruniversitären zusammen zählen bundesweit Hunderte Institute, darunter bekannte Namen wie das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg oder das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, es geht um alle nur erdenklichen Fachgebiete. Der Jahresetat der vier Organisationen liegt bei gut acht Milliarden Euro. Auf der anderen Seite stehen die mehr als 100 Universitäten mit ihren etwa 25000 Professoren. Die Zusammenarbeit der beiden Welten ist heutzutage eng wie nie. Sie endet aber schnell, wenn es um Einfluss und Prestige geht.
Während die außeruniversitären Gesellschaften sich bisher auf üppige und steigende Budgets durch Bund und Länder verlassen konnten, kämpfen die Unis mit einer stagnierenden Grundfinanzierung. Sie haben zudem durch die hohen Studentenzahlen enorme Kosten für die Lehre – die nicht zu den klassischen Aufgaben außeruniversitärer Institute zählt. Der Deutsche Hochschulverband, Lobby der Uni-Professoren, meldete sich 2013 harsch zu Wort, forderte „Vorfahrt für Universitäten“. Das „Zwei-Klassen-System von gießkannenfinanzierter außeruniversitärer Forschung und darbenden Universitäten“ müsse ein Ende haben, hieß es. Im Zweifelsfall plädiere man „für eine sukzessive Auflösung und Überführung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen in die Universitäten“. Das klingt nach Lagerkampf.
Eigentlich geht der Trend längst in eine andere Richtung – zur Zusammenarbeit. Dass leitende Wissenschaftler bei Max-Planck, Leibniz, Helmholtz und Fraunhofer gemeinsam mit einer Universität berufen werden, also in Diensten zweier Herren stehen, ist Standard. Das sorgt für Kooperation, personell und inhaltlich. Und in der Exzellenzinitiative, dem milliardenschweren Wettbewerb zur Forschungsförderung, werden unzählige gemeinsame Projekte gefördert. Alle vier Diskutanten in München waren denn auch voll des Lobes für die Kooperation. „Wer allianzfähig ist, muss nicht Hunger leiden“, sagte TU-Chef Herrmann, es gebe eine „gut eingespielte Kooperationskultur auf Augenhöhe“.
Zu wenig beteiligten sich die Partner aber an der Lehre. Gemeinsam berufene Professoren hielten zwei Stunden Unterricht pro Woche und das meist in Spezialveranstaltungen. „Die stellen sich nicht ins erste Semester hinein, in eine Vorlesung mit 1100 Maschinenbaustudenten.“ Was Helmholtz-Chef Mlynek den Satz entlockte: „Wir sind nicht das Rote Kreuz für die Universitäten.“ Tenor fast aller Aussagen des Abends: Kooperation ja – aber sie darf nicht die klassischen Rollen aufweichen.
Doch reicht diese Form von Teamwork? Mancherorts ist man einen Schritt weitergegangen. In Karlsruhe fusionierten 2009 die Universität und ein Helmholtz-Forschungszentrum komplett. In Berlin verschmolzen das Universitätsklinikum Charité und ein Helmholtz-Zentrum für Molekularmedizin ihre Forschung zu einem Institut. 2017 läuft die bisherige Exzellenzinitiative aus, die Politik streitet nun über eine Verfassungsänderung, damit der Bund Unis direkt finanzieren darf. In der ersten Vorlage der CDU dazu, die noch von Ministerin Annette Schavan stammt, wurden Zusammenschlüsse wie das Berliner Medizin-Institut ausdrücklich als Ziel vorgegeben. Großprojekte, so Schavan damals, die „im internationalen Vergleich sichtbar“ seien.
In mehreren Städten denken daher die Chefetagen mittlerweile über neue Modelle nach. Eine Gruppe von Unis und externen Instituten hat kürzlich eine neue Kultur der Kooperation gefordert. Nötig seien „Strategien für gemeinsame Vorhaben der Spitzenforschung“, hieß es im „Frankfurter Manifest“, das der Frankfurter Uni-Präsident Werner Müller-Esterl mit herausgegeben hat. Er sprach von „Wissenschaftsverbünden“, die dann auch weltweit attraktiv für exzellente Wissenschaftler seien. Das Manifest empfiehlt aber Flexibilität: Jede Region in Deutschland müsse sein eigenes Modell finden, wie und in welcher juristischen Form die Forscher kooperieren.
Die vier Forschungsmanager bei der Münchner Debatte lehnten es allerdings ab, Strukturen nur um der Symbolik willen aufzuweichen. Der Wunsch zur Kooperation komme jeweils von Wissenschaftlern vor Ort, „das kann man nicht von oben durch die Politik verordnen“, sagte Max-Planck-Chef Gruss. Und LMU-Präsident Huber warnte: Man solle statt über die Organisation erst über wissenschaftliche Inhalte nachdenken. Das sei besser als eine „Fusionitis, die gerade um sich greift“.