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Noch so ein Ding

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Eigentlich ist Amazon schon zu spät dran: Im September will der Internethändler ein eigenes Smartphone in die Läden bringen, berichtet das Wall Street Journal. Genau dann also, wenn sich einige schon nach einem Weihnachtsgeschenk umsehen. Und dennoch zu spät. In der westlichen Welt hat inzwischen fast jeder ein Smartphone. Und die aufstrebende Mittelschicht in den Schwellenländern greift eher bei den neuen Billiganbietern zu. Apple und Samsung, die das Geschäft mit den Smartphones beherrschen, spüren die Grenzen des Wachstums bereits schmerzhaft. Und nun will auch noch Amazon mitmachen.



Mit einem eigenen Smartphone binden Firmen die Kunden an ihre Software. Amazon will außerdem zum Beispiel gelangweilte Menschen zum Kaufen animieren.

Warum nur?

Weil Amazon mit Smartphones kein Geld verdienen will. Konzernchef Jeff Bezos hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass er sein Geschäft nicht mit Geräten machen wolle, sondern mit den darauf laufenden Diensten. Mit digitalen Büchern fürs Lesegerät Kindle, mit Filmen zum Ausleihen im Netz für den Tablet Kindle Fire. Zu einem Spottpreis hat Amazon die Geräte in die Läden gebracht – und darauf gesetzt, dass die Menschen dann auch bei Amazon ihre Bücher kaufen und Filme leihen. Diese Hoffnung, so zeigt ein Blick in die Bilanz, hat sich durchaus erfüllt. Das Geschäft mit der Unterhaltung ist lukrativer als das mit den Geräten. Bei der Herstellung von Smartphones und Tablets fallen nämlich hohe Kosten für Material und Fertigung an – anders als bei einem Dienst, der ein bereits geschriebenes E-Book noch ein paar Mal verkauft.

Der Siegeszug des iPhone hat zudem gezeigt, wie gut es einem Anbieter, der Hardware und Software in der Hand hat, gelingt, seine Kunden an sich zu binden. Für Apple sind die schicken Smartphones längst auch ein Weg, um mehr Menschen in den digitalen Musikladen iTunes zu locken. Und um in der boomenden App-Economy mitzuverdienen. Nun ist Amazon vor allem als Händler groß geworden. Mit mobiler Software kennt sich der Konzern nicht aus. Aber schon bei seinem Kindle Fire hat er gezeigt, dass er seinen Partner Google auf Abstand hält. Auf dem Gerät läuft zwar dessen mobile Software Android, aber Amazon hat einen eigenen App-Store installiert, um bei den Downloads gegen Gebühr nicht ein Drittel an den Rivalen abtreten zu müssen.

Mit einem eigenen Smartphone würde sich Amazon womöglich noch leichter tun, Kunden in seinen digitalen Laden zu lotsen. Etwa jene, die sich unterwegs in der U-Bahn langweilen. Das Gerät solle auch eine dreidimensionale Darstellung ohne spezielle Brille ermöglichen. Solch eine Technologie eignet sich auch für Computerspiele. Gut möglich also, dass Amazon sein Smartphone mit den kürzlich vorgestellten Fernsehboxen verknüpft – und sich so noch ein neues Geschäft erschließt.

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