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Suff, Sex, Mord

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Ein Ereignis nicht zu zeigen, ist in Filmen ein bewährter Trick. Durch den Verzicht soll die Phantasie des Publikums angeregt werden. Zwei Menschen fallen ins Bett, der Bildschirm wird schwarz – der Zuschauer ist ausgesperrt, doch er weiß, dass die beiden miteinander schlafen; ähnlich bei Gewaltszenen: Pistole, schwarzer Bildschirm, dann die Leiche.



Ansehen oder abschalten? Darüber streiten sich viele US-Amerikaner.

Die Fernsehserie „Game of Thrones“ dagegen verfolgt seit jeher einen anderen Weg: Obwohl sie im Fantasy-Genre angesiedelt ist, wird dem Zuschauer kaum Phantasie abverlangt, weil die prägenden Themen – Fressen, Suff, viel Sex und viel Mord in irgendwie mittelalterlicher Umgebung – stets und deutlich visualisiert werden. In der gerade gestarteten vierten Staffel etwa vergewaltigt Jaime Lannister seine Schwester Cersei am Totenbett des gemeinsamen, inzestuösen Kindes. Eine Folge später gibt es eine Massenvergewaltigung in einer Hütte zu sehen.

In den USA ist nun eine heftige Diskussion entbrannt, ob die Verantwortlichen der Serie mit ihrer Darstellung von sexueller Gewalt zu weit gehen. Kritiker stören sich vor allem an der Beiläufigkeit von Vergewaltigungen und Inzest, diese grausamen und moralisch verwerflichen Taten würden so verharmlost. Die Serie, die in den USA von mehr als 14 Millionen Menschen pro Folge gesehen und in mehr als 150 Ländern gezeigt wird, sei so erfolgreich und Teil des Mainstreams geworden, dass sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden müsse.

„Game of Thrones“ wird in den USA vom Bezahlsender HBO ausgestrahlt. Die Visualisierung von Sex und Gewalt gehört seit Anbeginn zum Konzept der amerikanischen Pay-TV-Kanäle. Serien wie „The Sopranos“, „Oz“, „The Wire“, aber auch „Californication“ oder „Masters of Sex“ (beide laufen beim Konkurrenten Showtime) wären auf frei empfangbaren Kanälen nicht realisierbar. Und jede Debatte über gebrochene Tabus brachte bislang eher mehr Abonnenten denn harmlosere Darstellungen. „Game of Thrones“ verschiebt die Grenzen noch mehr, weil sexuelle Gewalt nicht wie etwa bei „Downton Abbey“ als grausame Tat eines Einzelnen oder als singuläres Verbrechen gezeigt wird, sondern als fast normaler Bestandteil der menschlichen Beziehungen.

George R.R. Martin, der Autor der bisweilen noch expliziteren Romanvorlage und teils auch der Drehbücher zu „Game of Thrones“, wehrte sich in einer E-Mail an die New York Times gegen die Kritik: „Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt sind Teil eines jeden Krieges, der jemals geführt wurde, von den alten Sumerern bis heute. Diese Aspekte bei einer Geschichte über Krieg und Macht auszulassen wäre falsch und unehrlich“, schrieb er.

Kunst entwickelt sich seit jeher durch das Brechen von Tabus und die explizite Darstellung unschöner menschlicher Aspekte. Durch die aktuelle Debatte wird die Wirkung von „Game of Thrones“ auf den Zuschauer verdeutlicht. Die Serie berührt ihn nicht – sie springt ihn an, sie tut ihm weh. Das funktioniert zu einem Großteil durch die Bildhaftigkeit der Grausamkeit dieser Figuren, mit denen der Zuschauer so mitfühlt wie selten zuvor bei einer Fernsehserie. Es könnte gut sein, dass die Verantwortlichen die Kritik als Kompliment interpretieren – und weitermachen mit dem Zeigen.

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