Einen Schiedsrichter sollte jeder haben, der „Stadt, Land, Fluss“ spielt, selbst wenn der Google heißt. Irgendjemand muss ja klären, ob es diese Stadt namens „Querfurt“ wirklich gibt (gibt es: in Sachsen-Anhalt). Eine etwas kompliziertere Frage musste Jonathan Hillebrand vor Gericht klären lassen: Darf er „Stadt, Land, Fluss“ als iPhone-App verkaufen? Oder ist der Klassiker, bei dem Spielern Orte mit zufällig ermittelten Anfangsbuchstaben einfallen müssen, markenrechtlich geschützt?
Stadt, Land, Fluss fürs Smartphone – Schmidt Spiele hat gegen die Erfindung geklagt.
Das Programm des selbständigen Programmierers aus Frankfurt wählt den Buchstaben aus, Spieler tippen ihre Antworten ins Handy und vergleichen über Bluetooth. Hillebrand verkaufte das Spiel im App-Store, für den 28-Jährigen war es ein kleiner Hit. Dann bekam er eine Abmahnung von Schmidt Spiele, einem der großen deutschen Spieleverlage: „Das war erst mal ein Schock.“ Die Firma behauptete, Hillebrand habe ihr Recht auf die Marke „Stadt, Land, Fluss“ verletzt. Grund: Das Unternehmen vertreibt ein gleichnamiges – analoges – Gesellschaftsspiel. Es besteht im Wesentlichen aus einem Buchstaben-Zufallsgenerator und vorgedruckten Tabellen, in die Spieler ihre Begriffe eintragen.
Streitwert laut Schmidt: 100 000 Euro. Zudem sollte Hillebrand eine Viertelmillion Euro zahlen, wenn er den Namen noch einmal verwende. „Ich vermute, dass hier ein großes Unternehmen gedacht hat, dass es einen unabhängigen Entwickler mit wenig finanziellen Ressourcen aus dem Markt drängen kann“, sagt Hillebrand. Schmidt schweigt. Der Fall zog sich länger als ein Jahr hin, erst vor Kurzem hat das Unternehmen Hillebrands Anwaltskosten überwiesen. Denn er hat gewonnen.
Im App-Geschäft ist er noch nicht lange. Er programmiert zwar, seit er 13 ist, wählte aber erst einmal ein vergleichsweise traditionelles Geschäftsfeld: Investmentbanking. Er war Praktikant bei Goldman Sachs und verkaufte für die Commerzbank sogenannte Plain-Vanilla-Produkte. Das sind konservative, wenig komplexe Anlagen. Bis die App-Stores groß wurden. Da machte er sich selbständig: „Die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt er heute. Jetzt hatte er keinen Chef mehr und überlegte, wie er Nutzer ansprechen konnte. Er kam auf „Stadt, Land, Fluss“.
Vor Gericht wurde nun die Frage verhandelt: Wann gehört ein Spiel der Allgemeinheit? Das Spielprinzip ist schließlich allgemein bekannt. Spieler brauchen nur Stift und Block und im Zweifelsfall etwas Geduld, um der Oma zu erklären, dass manche Orte in Nachbarländern heute anders heißen.
Mit der App wähnte sich Hillebrand auf der sicheren Seite. Schließlich gab es seit dem Jahr 2000 keinen Markenrechtsschutz für ein Computerspiel dieses Namens mehr. Schmidt Spiele hatte die Marke aber nach wie vor für die Bereiche „Software“ und „Spielzeug“ eingetragen und argumentierte zudem, das Spiel 300 000 Mal verkauft zu haben. Deshalb brächten es viele mit dem Verlag in Verbindung.
Das interessierte die Richter am Berliner Landgericht aber wenig. Sie argumentierten, dass praktisch jeder das Spiel unabhängig von Schmidt kenne. In ihrer Urteilsbegründung führten sie auch die eigenen Spielevorlieben auf: Das Spiel sei, „wie die Mitglieder des Senats aus eigener Lebenserfahrung wissen, durch Überlieferung weitergegeben worden“.
Wie viel ein selbst erfundenes Spiel wert sein kann, wissen sie in dem Unternehmen genau: Sein Gründer Josef Friedrich Schmidt entwickelte „Mensch ärgere dich nicht“ 1907 in seiner Küche in München-Giesing, als Spielbrett diente eine Hutschachtel. Der Klassiker wurde bis heute Dutzende Millionen Mal verkauft – und niemand bezweifelt, dass es eine Schmidt-Erfindung ist.
Stadt, Land, Fluss fürs Smartphone – Schmidt Spiele hat gegen die Erfindung geklagt.
Das Programm des selbständigen Programmierers aus Frankfurt wählt den Buchstaben aus, Spieler tippen ihre Antworten ins Handy und vergleichen über Bluetooth. Hillebrand verkaufte das Spiel im App-Store, für den 28-Jährigen war es ein kleiner Hit. Dann bekam er eine Abmahnung von Schmidt Spiele, einem der großen deutschen Spieleverlage: „Das war erst mal ein Schock.“ Die Firma behauptete, Hillebrand habe ihr Recht auf die Marke „Stadt, Land, Fluss“ verletzt. Grund: Das Unternehmen vertreibt ein gleichnamiges – analoges – Gesellschaftsspiel. Es besteht im Wesentlichen aus einem Buchstaben-Zufallsgenerator und vorgedruckten Tabellen, in die Spieler ihre Begriffe eintragen.
Streitwert laut Schmidt: 100 000 Euro. Zudem sollte Hillebrand eine Viertelmillion Euro zahlen, wenn er den Namen noch einmal verwende. „Ich vermute, dass hier ein großes Unternehmen gedacht hat, dass es einen unabhängigen Entwickler mit wenig finanziellen Ressourcen aus dem Markt drängen kann“, sagt Hillebrand. Schmidt schweigt. Der Fall zog sich länger als ein Jahr hin, erst vor Kurzem hat das Unternehmen Hillebrands Anwaltskosten überwiesen. Denn er hat gewonnen.
Im App-Geschäft ist er noch nicht lange. Er programmiert zwar, seit er 13 ist, wählte aber erst einmal ein vergleichsweise traditionelles Geschäftsfeld: Investmentbanking. Er war Praktikant bei Goldman Sachs und verkaufte für die Commerzbank sogenannte Plain-Vanilla-Produkte. Das sind konservative, wenig komplexe Anlagen. Bis die App-Stores groß wurden. Da machte er sich selbständig: „Die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt er heute. Jetzt hatte er keinen Chef mehr und überlegte, wie er Nutzer ansprechen konnte. Er kam auf „Stadt, Land, Fluss“.
Vor Gericht wurde nun die Frage verhandelt: Wann gehört ein Spiel der Allgemeinheit? Das Spielprinzip ist schließlich allgemein bekannt. Spieler brauchen nur Stift und Block und im Zweifelsfall etwas Geduld, um der Oma zu erklären, dass manche Orte in Nachbarländern heute anders heißen.
Mit der App wähnte sich Hillebrand auf der sicheren Seite. Schließlich gab es seit dem Jahr 2000 keinen Markenrechtsschutz für ein Computerspiel dieses Namens mehr. Schmidt Spiele hatte die Marke aber nach wie vor für die Bereiche „Software“ und „Spielzeug“ eingetragen und argumentierte zudem, das Spiel 300 000 Mal verkauft zu haben. Deshalb brächten es viele mit dem Verlag in Verbindung.
Das interessierte die Richter am Berliner Landgericht aber wenig. Sie argumentierten, dass praktisch jeder das Spiel unabhängig von Schmidt kenne. In ihrer Urteilsbegründung führten sie auch die eigenen Spielevorlieben auf: Das Spiel sei, „wie die Mitglieder des Senats aus eigener Lebenserfahrung wissen, durch Überlieferung weitergegeben worden“.
Wie viel ein selbst erfundenes Spiel wert sein kann, wissen sie in dem Unternehmen genau: Sein Gründer Josef Friedrich Schmidt entwickelte „Mensch ärgere dich nicht“ 1907 in seiner Küche in München-Giesing, als Spielbrett diente eine Hutschachtel. Der Klassiker wurde bis heute Dutzende Millionen Mal verkauft – und niemand bezweifelt, dass es eine Schmidt-Erfindung ist.