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Wegfahrsperre mit Tücken

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Alain Caparros probiert gern Neues aus. Ob Sushi-Bars in Supermärkten, Fingerfood an Tankstellen oder Sticker-Alben mit Wildtieren – kaum ein Angebot ist dem Rewe-Chef zu exotisch, um die Kunden trotz Online-Handels weiter in die Märkte zu locken. Besser Neues als gar nichts wagen, lautet seine Botschaft.



Wegfahrsperre für den Einkaufswagen: Gut gedacht, aber schlecht gemacht.

Daran dachten wohl auch die Manager eines kleinen City-Supermarktes in Köln. Sie verfielen auf eine Idee, die bestechend klang: eine Wegfahrsperre für Einkaufswagen. Schon länger war aufgefallen, dass dort monatlich fünf bis zehn Wagen verschwanden. Erstaunlich ist das nicht: Die rollenden Drahtkörbe können in vielen Lebenslagen hilfreich sein – vor allem in Köln, wo sie hübsch dekoriert gern mal im Karnevalsumzug mitfahren. Kölsch-Flaschen und Kamellen lassen sich kaum praktischer transportieren.

Diese Art Frohsinn kam bei den Rewe-Managern im Laufe der Zeit immer weniger an. Der Verlust ist nicht nur lästig, sondern auch teuer – ein Einkaufswagen kostet etwa 100 Euro, bessere Modelle bis zu 250 Euro. Da traf es sich gut, dass die Wanzl Metallwarenfabrik, Weltmarktführer bei Einkaufswagen, neulich auf einer Messe etwas anzubieten hatte, das schnelle Abhilfe versprach: ein Sicherungssystem, das die Räder der Einkaufswagen sofort blockiert, sobald eine Magnetschiene überfahren wird. Zum Testgebiet wurde jener City-Supermarkt in Köln-Sülz erklärt.

In Großbritannien ist das System Wanzl zufolge ein großer Erfolg. Dort müssen Supermarktbesitzer hohe Strafen zahlen, wenn einer ihrer Wagen in freier Natur gefunden wird. Die Bußgelder seien so hoch, dass Wanzl in Großbritannien auch bereits eine Tochterfirma gegründet hat, die gute Geschäfte mit der Suche nach Einkaufswagen macht, sagt Marketing-Chef Olaf Mörk.

Selbst eine App gibt es schon: Wer einen verlassenen Einkaufswagen sieht, schickt ein Smartphone-Foto an Wanzl. Per Satellitennavigation GPS findet ein Suchtrupp dann den Wagen – und bringt ihn zurück. „In Großbritannien sind unsere Wegfahrsperren sehr beliebt und werden verstärkt eingesetzt“, sagt Mörk. In Deutschland hingegen habe sich das System noch nicht recht etablieren können.

Wer in dem Rewe-Test-Supermarkt in Köln einkauft, ahnt, woran das liegen könnte. Dort wurde die Magnetschiene am Ausgang des Supermarktes in den Boden eingelassen. Wer mit dem Einkaufswagen diese Grenze überschreitet, der kommt nur noch zentimeterweise voran, so stark blockieren die Räder. Wagen kommen jetzt zwar nicht mehr weg. Taschen und Getränkekisten muss der Kunde aber bis zum Auto selbst schleppen.

Inzwischen ist dort der Getränkeabsatz nach Angaben eines Rewe-Sprechers um einen zweistelligen Prozentsatz eingebrochen. Fünf Monate testet Rewe das System nun schon in diesem einen Supermarkt. In den nächsten 14 Tagen werde die Magnetschiene wieder abgebaut. Test beendet. In einigen Supermärkten der Konkurrenz hat sich das System hingegen bewährt. Dort wurde die Wegfahrsperre auch nicht am Ausgang des Ladens installiert, sondern an der Parkplatzausfahrt.

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