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Magazine für Margarine

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Um diese Werbung zu entdecken, muss man schon ganz schön ausgebufft sein: Der Internet-Artikel enthält lustige Tipps, zehn Rezepte und Fotos von gut gefüllten Frühstückstellern für Menschen, die Frühstück eigentlich nicht mögen. Sie sollten es mal mit Ziegenkäse-Crêpes oder Spinat-Frittata versuchen. Nur ganz klein findet sich oben links der Hinweis: Gesponserter Inhalt – von Country Crock, einer Margarine aus dem Hause Unilever. Nur das letzte der zehn Rezepte, für einen Frühstücks-Taco, enthält Country Crock, ein Link führt auf die Firmen-Website. Ansonsten kommt der Artikel wie ganz normaler, locker-leichter Lifestyle-Journalismus daher. Die Werbung soll ja bloß nicht zu aufdringlich werden.



Mit locker-leichten Lifestyle-Artikeln über Margarine will Yahoo Werbung machen, die nicht aufdringlich wirkt. Das stößt auf Kritik.

Der Frühstücks-Artikel steht auf der Internetseite von Yahoo. Genau genommen auf Yahoo Food, einem neuen Web-Magazin des Internetkonzerns aus dem Silicon Valley. Geht es nach Konzernchefin Marissa Mayer, sind der Artikel und die damit verbundene Werbestrategie die Zukunft des 1994 als Navigationshilfe für das neue Internet gegründeten Unternehmens, das seit Jahren schon unter sinkenden Umsätzen leidet. Mayer will Yahoo zum Medienimperium ausbauen.

Von der Homepage des Konzerns, die Menschen ansteuern, um nach dem Wetter zu schauen oder ihre E-Mails zu lesen, kann man seit Anfang des Jahres auf Yahoo Food und Yahoo Tech klicken, vor einer Woche ist Yahoo Beauty dazu gekommen. Unter dem Dach der Marke Yahoo sollen diese Internet-Magazine den Printmedien und anderen Nachrichtenseiten Konkurrenz machen. Yahoo solle eine „tägliche Gewohnheit“ der Menschen werden, sagt Mayer. „Wir glauben, dass die digitalen Magazine ein großer Fortschritt sein können, sie sind eine andere Kategorie des Konsums von Inhalten.“ Mit anderen Worten: Die 800 Millionen Yahoo-Nutzer sollen magazinlesend mehr Zeit auf den Seiten des Unternehmens verbringen.

Das soll natürlich vor allem Werbekunden anziehen. In den vergangenen Jahren sind die Werbeeinnahmen des Konzerns stetig gesunken, weil Anzeigenkunden die klareren Zielgruppen etwa von Facebook oder die größere Leserschaft von Google vorziehen. Yahoo will sie jetzt mit einer Strategie zurücklocken, die derzeit mehrere Medienunternehmen ausprobieren: Native Advertising. So wie in dem Frühstücks-Artikel soll sich die Werbung mit dem Journalismus so mischen, dass der Leser kaum noch merkt, dass es sich um eine Anzeige handelt. Auf Yahoo Beauty findet sich zum Beispiel eine riesige Anzeige von L’Oréal, die deutlich als Anzeige erkennbar ist. Daneben stehen aber etliche Texte, die genauso aussehen wie normale journalistische Artikel, aber von Unternehmen wie der Fitnessstudiokette Equinox geschrieben wurden – mit lediglich einem dezenten Hinweis auf die Tatsache, dass sie gesponsert wurden. Laut New York Times helfen Yahoo-Redakteure den Werbekunden manchmal sogar dabei, ihre Artikel so geschickt wie möglich zu formulieren.

Native Advertising stößt auf heftige Kritik, schließlich gilt die Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten noch immer als Grundpfeiler seriöser Medien. Native Advertising ist ein Grenzgang, grundsätzlich soll transparent sein, dass es sich um Werbung handelt – die Frage ist nur: Wie transparent ist transparent genug? Werbekunden gefällt das Konzept. Laut Yahoo klicken die Leser zehnmal häufiger auf Native-Advertising-Artikel als auf herkömmliche Anzeigen.

Yahoo investiert Millionen in seine Medienoffensive. Das zieht auch namhafte Journalisten an, die von ihren Traditionsmedien eine Sparmaßnahme nach der anderen gewöhnt sind. Jüngster Zugang bei Yahoo ist nun Michael Isikoff, einer von Amerikas berühmtesten investigativen Journalisten. Er soll das Rechercheteam bei Yahoo aufbauen und leiten. Isikoff war zuletzt bei NBC News, zuvor war er bei der Washington Post und dem Magazin Newsweek, er hat unter anderem dazu beigetragen, die Affäre von Bill Clinton und Monica Lewinsky aufzudecken. Joe Zee, der ehemalige Kreativchef der Frauenzeitschrift Elle, arbeitet jetzt für Yahoo Beauty. Und Star-TV-Journalistin Katie Couric ist seit Januar das Gesicht der Videonachrichten Yahoo Global News.

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