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Freundschafts-Dienste

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Wenn einer ein bisschen für die Russen rumspionieren möchte und seine Dienste beispielsweise dem russischen Generalkonsulat in München per Mail anbietet, kann er sich ziemlich sicher sein: Die deutsche Spionageabwehr liest mit. So flog der angebliche BND-Agent auf, der den Russen Ende Mai Unterlagen angeboten hatte. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte mitgelesen und schlug Alarm.
Wenn einer aber lieber ein bisschen für die US-Dienste in Deutschland rumspionieren möchte und sich bei einem US-Generalkonsulat meldet, riskiert er wenig: Die deutschen Dienste lesen nicht mit.



Neben der Flagge des Landes hängt eine Überwachungskamera an der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika.

Strafrechtlich macht es keinen Unterschied, für welchen ausländischen Geheimdienst jemand spioniert – es ist in jedem Fall eine Straftat. Aber, bislang zumindest, müssen amerikanische Spione in Deutschland nicht viel fürchten. Es gab bislang kein einziges Strafverfahren gegen amerikanische Agenten in Deutschland.
Das soll sich ändern. Angeblich. In Hintergrundrunden spricht der zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maizière immer wieder über den „360-Grad-Blick“, den die Deutschen haben müssten. Das meint: Die Spionageabwehr soll sich künftig auch um die Aktivitäten der Dienste befreundeter Staaten in Deutschland kümmern. Die Zusammenarbeit mit Briten oder Amerikanern hält de Maizière für unverzichtbar, die Kontrolle aber auch. In der Praxis sah das bisher ganz anders aus; und es wird sich zeigen, ob wirklich alle Dienste gleich behandelt werden, die in Deutschland spionieren wollen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz, die Landesämter und der Militärische Abschirmdienst der Bundeswehr gehen, in der Theorie zumindest, allen Hinweisen auf mögliche Spionage nach. Sie zapfen Quellen (wenn sie denn welche haben) an, versuchen Korrespondenz abzufangen, hören mit. „Gegen-Spionage“ gibt es sogar. Der Bundesnachrichtendienst (BND) platziert dann eine Quelle in einem anderen Nachrichtendienst, um mehr zu erfahren.

Von 2009 bis 2012 wurden knapp 60 Ermittlungsverfahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit eingeleitet, es kam zu zehn Verurteilungen. Die Gegner war vor allem Chinesen, Russen, Nordkoreaner und Agenten aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Wenn es um Agenten dieser Nationen geht, ist der Informationsaustausch zwischen den deutschen Diensten eng. Es gibt sogar Hospitationen der Dienste, um zu lernen, wie man erfolgreich gegen solche Spione zusammenarbeitet.

Eine Art Schnittstellen-Koordinator ist das Sachgebiet „Fremde Dienste“ des BND. Die Spezialisten des Auslandsgeheimdienstes unterhalten regelmäßigen Kontakt mit den für Russland, China, Syrien und Iran zuständigen Kollegen der Abteilung 4 des für Spionageabwehr zuständigen Bundesamtes für Verfassungsschutz. Um amerikanische Agenten, ihre Helfer, ihre Unterstützer ging es da nie.
Aktivitäten von Partnerdiensten in Deutschland werden von den Verfassungsschutzbehörden nicht systematisch bearbeitet. Es geht nach dem Zufallsprinzip zu. Wenn einer erwischt wird, gibt es ein klärendes Gespräch mit dem jeweiligen befreundeten Nachrichtendienst. Manchmal müssen erwischte Spione Deutschland verlassen. Das ist die Höchststrafe. Könnte sich diese Praxis wirklich ändern?
Klar: Die deutsche Politik reagiert wegen des Lauschangriffs auf das Handy der Kanzlerin und wegen des neuen BND-Spionagefalls sehr gereizt. Und die Spitzenleute der deutschen Nachrichtendienstwelt beschweren sich, dass die Amerikaner den Selbstanbieter des BND nicht dem BND gemeldet hätten. Das gehöre sich doch so.

Aber der US-Geheimdienstchef James Clapper hat schon im Vorjahr in Washington angedeutet, was er von Beschwerden der anderen hält. Er zitierte dabei den Klassiker „Casablanca“: Spionieren tun doch alle. Wohl mit Blick auf die wehleidigen Deutschen erzählte er, das Ausspähen befreundeter Staatsoberhäupter sei die erste Lektion gewesen, die er „1963 in der Agentenschule gelernt“ habe. Es gibt immer noch deutsche Nachrichtendienstler, die es für „falsch“ halten, jetzt die Amerikaner oder Briten ins Visier nehmen zu wollen. Man brauche die doch – und was sei denn schon passiert? Hochrangige deutsche Nachrichtendienstler werfen Bundestagabgeordneten vor, diese hätten versagt, weil sie den NSA-Untersuchungsausschuss nicht verhindert hätten. Da komme doch ohnehin nichts heraus. Sie selbst wüssten doch auch nichts Genaues. Obwohl das eigentlich eine Bankrotterklärung der Spionageabwehr ist, können die Routiniers der Geheimdienstbranche auf den Zynismus eines Teils des Publikums setzen, das sich wegen der vielen Affären langweilt.

Außerdem: War doch alles schon mal da. Vor genau zwanzig Jahren, Helmut Kohl war noch Bundeskanzler, gab es in Bonn eine geheim tagende Arbeitsgruppe, der drei Ministerien und drei Geheimdienstchefs angehörten. Der Verfassungsschutz hatte sogar eine Liste mit den Namen verdächtiger amerikanischer Agenten angelegt. „Das geht doch nicht, was die hier treiben“, erregte sich der Abteilungsleiter im Kanzleramt, ein Professor für Völkerrecht, über die Skandale, die es damals gab. Schließlich unterlägen auch Spionageaktivitäten befreundeter Staaten keinem politischen Schutz. Dann allerdings erlahmte der Abwehrwille. Man traf sich nur noch gelegentlich. Ende 1995 war Schluss. Das Kanzleramt lud einfach nicht mehr zu Sitzungen ein.

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