Das Ausfüllen eines Bafög-Antrags mit bis zu zehn einzelnen Formblättern und Anlagen zählt nicht zu den heitersten Momenten des Studentenlebens. Und es ist kompliziert: Der Student muss sein Leben, seine Einkünfte und die seiner Familie komplett offenlegen. 90Prozent der Anträge sind nicht komplett oder fehlerhaft, sagt das Deutsche Studentenwerk (DSW). Fast alle Länder lassen das Bafög von den Studentenwerken verwalten. Dass junge Leute immer wieder von Verzögerungen beim Antrag berichten, liege nicht nur am starken Andrang an den Hochschulen – oft führten „unvollständige Anträge zu einer schleppenden Bearbeitung“. Der Normenkontrollrat, das im Bundeskanzleramt angesiedelte Anti-Bürokratie-Gremium, beschied bereits vor Jahren: „Durch ein Online-Verfahren kann die Beantragung und Bearbeitung erheblich vereinfacht werden. Eine echte Win-win-Situation für Studierende und die Behörden. Hier ist vor allem ein koordiniertes Vorgehen der Länder gefordert.“ Wenn das so einfach wäre.
Es gibt schönere Zeitvertreibe als das Ausfüllen eines Bafög-Antrages.
Als Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) vergangene Woche Eckpunkte für ihre Bafög-Reform präsentierte, fanden sich darunter nicht nur eine Erhöhung des Höchstsatzes und andere Besserungen – sondern auch eine unmissverständliche Aufforderung: „Die Länder werden verpflichtet, bis zum August 2016 elektronische Antragstellungen zu ermöglichen und entsprechende Online-Formulare als Web-Anwendung bereitzustellen.“ Auch wenn der Bund im kommenden Jahr die Kosten fürs Bafög alleine übernimmt, der Vollzug der Leistung bleibt Ländersache; also auch die Überführung der Förderung ins Online-Zeitalter.
Bernhard Börsel, Referatsleiter beim DSW, sagt: „Studenten sind die wohl internaffinste Gruppe, die derzeit in Deutschland lebt. Wenn sich nicht jetzt was tut, wann dann?“ Der Vorteil liegt auf der Hand: Wie bei elektronischen Steuererklärungen kommt man in der Online-Maske nur einen Schritt weiter, wenn nichts vergessen wurde. Zudem gibt es eine Plausibilitätsprüfung – damit nicht im Antrag steht, dass der 188-jährige Vater forstwirtschaftliche Einkünfte von vier Euro hat.
Ob aber die Umstellung – die klassische Schriftform und auch persönliche Beratung sollen fortbestehen – 2016 tatsächlich gelingt, ist fraglich. Es herrscht beim Online-Bafög ein digitales Durcheinander. Derzeit gibt es drei Software-Lösungen. 2005 hatten die Länder ein Verbundprojekt gestartet, jede Regierung sollte an diesem „Bafög21“ mitwirken. Das funktionierte kaum angesichts so vieler Akteure. Berlin, Brandenburg, Hessen, Bayern und Hamburg verließen daraufhin den Online-Bafög-Klub, holten sich ein Produkt aus der Privatwirtschaft. Anders als das staatliche Projekt funktioniert der Digital-Antrag in diesen Ländern heute, wie es heißt. In den anderen zehn Ländern wird Schritt für Schritt getüftelt, Baden-Württemberg hat die Federführung, mancherorts wurde umgestellt. Nur Nordrhein-Westfalen hat eine eigene Lösung, sie soll zu den vorhandenen IT-Strukturen in der Landesverwaltung passen. In Baden-Württemberg warteten bei einer Umstellung 2013 Tausende Studenten auf ihr Geld, auch in anderen Bafög-21-Ländern gab es Klagen. Ob das an der Technik, an der Umgewöhnung oder an Überlastung lag – dazu gibt es verschiedene Interpretationen. Bundesweit werden laut DSW nun gut 30 Prozent der Anträge online gestellt.
Als im vergangenen Sommer die Debatte über eine Bafög-Erhöhung auf dem Höhepunkt war, schrieb DSW-Präsident Dieter Timmermann in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung: „Bis vor Kurzem waren in Verwaltungsvorschriften zur Ausbildungsförderung noch D-Mark-Beträge ausgewiesen. Die IT-Infrastruktur in den Bundesländern ist föderal buntscheckig. Wer hat dafür heutzutage noch Verständnis?“ Das Projekt erinnert an ein digitales Desaster, das die Hochschulen seit Jahren lähmt: ein System für die Studienplatzvergabe. Wegen technischer Pannen wurde der Start des Projekts über Jahre verschoben. Das zentrale Portal ließ sich nicht an die lokale Software der Unis andocken. Inzwischen gibt es Fortschritte. Auch hier boten aber private Software-Anbieter ein besseres Bild als die staatlichen.
Nach Ansicht des Bundes „ist es angesichts der politisch von Länderseite nie in Zweifel gezogenen Sinnhaftigkeit einer baldigen Einführung der Online-Antragstellung realistisch, dass diese bis zum Sommer 2016 flächendeckend möglich sein wird“. So heißt es in der Antwort auf eine SZ-Anfrage. Man werde „auf eine zügige Umsetzung hinwirken“. Ohne technische Missgeschicke, ohne Querelen um Zuständigkeit. Doch liest man Wankas Eckpunkte, könnte man meinen, dass ihr Haus ein bisschen Chaos einplant: Wenn die Anträge trotz allem wieder länger dauern, heißt es, sollten die Studenten einen höheren Vorschuss erhalten als bisher.
Es gibt schönere Zeitvertreibe als das Ausfüllen eines Bafög-Antrages.
Als Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) vergangene Woche Eckpunkte für ihre Bafög-Reform präsentierte, fanden sich darunter nicht nur eine Erhöhung des Höchstsatzes und andere Besserungen – sondern auch eine unmissverständliche Aufforderung: „Die Länder werden verpflichtet, bis zum August 2016 elektronische Antragstellungen zu ermöglichen und entsprechende Online-Formulare als Web-Anwendung bereitzustellen.“ Auch wenn der Bund im kommenden Jahr die Kosten fürs Bafög alleine übernimmt, der Vollzug der Leistung bleibt Ländersache; also auch die Überführung der Förderung ins Online-Zeitalter.
Bernhard Börsel, Referatsleiter beim DSW, sagt: „Studenten sind die wohl internaffinste Gruppe, die derzeit in Deutschland lebt. Wenn sich nicht jetzt was tut, wann dann?“ Der Vorteil liegt auf der Hand: Wie bei elektronischen Steuererklärungen kommt man in der Online-Maske nur einen Schritt weiter, wenn nichts vergessen wurde. Zudem gibt es eine Plausibilitätsprüfung – damit nicht im Antrag steht, dass der 188-jährige Vater forstwirtschaftliche Einkünfte von vier Euro hat.
Ob aber die Umstellung – die klassische Schriftform und auch persönliche Beratung sollen fortbestehen – 2016 tatsächlich gelingt, ist fraglich. Es herrscht beim Online-Bafög ein digitales Durcheinander. Derzeit gibt es drei Software-Lösungen. 2005 hatten die Länder ein Verbundprojekt gestartet, jede Regierung sollte an diesem „Bafög21“ mitwirken. Das funktionierte kaum angesichts so vieler Akteure. Berlin, Brandenburg, Hessen, Bayern und Hamburg verließen daraufhin den Online-Bafög-Klub, holten sich ein Produkt aus der Privatwirtschaft. Anders als das staatliche Projekt funktioniert der Digital-Antrag in diesen Ländern heute, wie es heißt. In den anderen zehn Ländern wird Schritt für Schritt getüftelt, Baden-Württemberg hat die Federführung, mancherorts wurde umgestellt. Nur Nordrhein-Westfalen hat eine eigene Lösung, sie soll zu den vorhandenen IT-Strukturen in der Landesverwaltung passen. In Baden-Württemberg warteten bei einer Umstellung 2013 Tausende Studenten auf ihr Geld, auch in anderen Bafög-21-Ländern gab es Klagen. Ob das an der Technik, an der Umgewöhnung oder an Überlastung lag – dazu gibt es verschiedene Interpretationen. Bundesweit werden laut DSW nun gut 30 Prozent der Anträge online gestellt.
Als im vergangenen Sommer die Debatte über eine Bafög-Erhöhung auf dem Höhepunkt war, schrieb DSW-Präsident Dieter Timmermann in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung: „Bis vor Kurzem waren in Verwaltungsvorschriften zur Ausbildungsförderung noch D-Mark-Beträge ausgewiesen. Die IT-Infrastruktur in den Bundesländern ist föderal buntscheckig. Wer hat dafür heutzutage noch Verständnis?“ Das Projekt erinnert an ein digitales Desaster, das die Hochschulen seit Jahren lähmt: ein System für die Studienplatzvergabe. Wegen technischer Pannen wurde der Start des Projekts über Jahre verschoben. Das zentrale Portal ließ sich nicht an die lokale Software der Unis andocken. Inzwischen gibt es Fortschritte. Auch hier boten aber private Software-Anbieter ein besseres Bild als die staatlichen.
Nach Ansicht des Bundes „ist es angesichts der politisch von Länderseite nie in Zweifel gezogenen Sinnhaftigkeit einer baldigen Einführung der Online-Antragstellung realistisch, dass diese bis zum Sommer 2016 flächendeckend möglich sein wird“. So heißt es in der Antwort auf eine SZ-Anfrage. Man werde „auf eine zügige Umsetzung hinwirken“. Ohne technische Missgeschicke, ohne Querelen um Zuständigkeit. Doch liest man Wankas Eckpunkte, könnte man meinen, dass ihr Haus ein bisschen Chaos einplant: Wenn die Anträge trotz allem wieder länger dauern, heißt es, sollten die Studenten einen höheren Vorschuss erhalten als bisher.