Es war einer der wenigen wirklich interessanten Momente bei der Oscar-Verleihung im Februar: Da kam der Lieferjunge Edgar Martirosyan auf die Bühne und verteilte Pizza an Brad Pitt, Julia Roberts und Meryl Streep. Die griffen beherzt zu – was doch ein wenig verwunderte, verkrümeln sich die Filmstars doch während der Veranstaltung gerne an die Bar, um sich an Champagner oder den von Wolfgang Puck zubereiteten Köstlichkeiten zu laben. Diese lukullischen Erlebnisse gibt es im Hollywood & Highland Center nur an diesem Abend, die restlichen 364 Tage im Jahr ist dieses touristische Einkaufszentrum eher gastronomische Diaspora. Wer sich in diesen Tagen an Spiderman mit Bierbauch und einem recht aufdringlichen Darth Vader auf dem Hollywood Boulevard vorbeigequält hat, der entdeckt einen höchst interessanten Automaten. In dem werden keine gekühlten Getränke oder Süßigkeiten angeboten, sondern Kaviar.
Champagner nicht nur aus der Eiswürfel-Schüssel, sondern aus dem Getränkeautomat? Manche Firma macht das heute schon möglich
Beverly Hills Caviar heißt das Unternehmen, das dieses Gerät dort aufgestellt hat, es gibt noch zwei weitere in den Einkaufszentren von Century City und Topanga. Auf den Automaten ist links eine Frau in güldener Toga abgebildet, darüber kann sich der Kunde auf einem Touchscreen durch das Angebot klicken. Für fünf Dollar gibt es bereits ein kleines Döschen, erhältlich sind aber auch feinste Fischeier wie etwa Imperial River Beluga Kaviar – 200 Gramm für 1000 Dollar. Das Gerät, das vom Unternehmen nicht Automat, sondern „Caviar Boutique“ genannt wird, akzeptiert übrigens keine Kreditkarten, sondern ausschließlich Bargeld. Ein Geldautomat steht keine zehn Meter entfernt.
Natürlich sind solche Automaten mit exklusiven Angeboten keine Seltenheit mehr. In Las Vegas gibt es einen, an dem man, ähnlich wie bei den Greifarm-Geräten auf Jahrmärkten, für zwei Dollar darum zocken kann, einen lebenden Hummer aus dem Wasser zu fischen und dann von einem Restaurant zubereitet zu bekommen. In London gibt es einen Champagner-Automaten, in Japan Geräte, in denen unter künstlichem Licht Salat gezüchtet und dann verkauft wird – und in der Dubai Mall werden Goldbarren zum minütlich aktualisierten Preis feilgeboten.
Die Idee ist also nicht neu, wichtiger erscheint deshalb die Frage: Warum gibt es diese Dinger? Natürlich gibt es die offensichtlichen Gründe: Automaten benötigen weniger Platz und haben rund um die Uhr geöffnet wie der Cupcake-Automat in Downtown Los Angeles, an dem sich so mancher Sportfan nach einem Spiel der Lakers eine Süßigkeit für die Heimfahrt kurz vor Mitternacht gönnt.
Man könnte freilich eine futuristische Erklärung wählen wie Denis Koci von der Firma Box Brands. Der sagt nicht ohne Stolz, dass ihn eine Folge der Fernsehserie „Star Trek – The Next Generation“ dazu inspiriert habe, ein mexikanisches Schnellrestaurant im Telefonzellenformat zu erfinden: die Burrito Box. Die vorgefertigten Roll-Köstlichkeiten werden im Gerät auf 90 Grad erhitzt und dann jedem bereitgestellt, der dafür 3,95 Dollar bezahlt. Nach der erfolgreichen Testphase will das Unternehmen von August an Automaten in den Vereinigten Staaten ausliefern, vor allem Universitäten sind das Zielgebiet für Koci. Sollte seine Idee Erfolg haben, hat er schon einen weiteren Automaten im Sinn: ein Gerät, in dem eine Pizza bei mehr als 400 Grad frisch gebacken wird. „Unser Ziel ist es, innerhalb eines Automaten genau das zu tun, was ein Fastfood-Restaurant tut.“ In diesem Fall geht es nicht um exklusive Inhalte, sondern darum, schneller und billiger zu sein als die Filiale einer Schnellfutterkette nebenan.
Eine andere Erklärung für den neuen Boom der Automaten dagegen, deren US-Umsatz den kommenden fünf Jahren auf 7,7 Milliarden Dollar pro Jahr steigen soll, liefert Christopher Salyers. Er hat das Buch „Vending Machines: Coined Consumerism“ veröffentlicht und macht das Internet für den Wandel im Verhalten der Konsumenten verantwortlich. Die seien mittlerweile gewohnt, sich nicht mehr von Verkäufern beraten zu lassen, sondern im Netz zu informieren und dann eine Kaufentscheidung zu treffen. Sie würden dazu nicht mehr die Geduld aufbringen, in einem Geschäft so lange zu warten, bis sie dran sind – um dann mehr für einen Artikel zu bezahlen, den sie anderswo schneller und billiger bekommen. „Pay-and-click“ nennt Slayers dieses Verhalten, den Kunden seien dabei vier Eigenschaften besonders wichtig: schnell, billig, erreichbar – und dennoch hochwertig. Wer also nachts um vier Uhr unbedingt Kaviar haben möchte, der sucht im Internet nach dem nächsten Automaten und besorgt sich sogleich, was er haben möchte.
Das ist auch in den Filialen von My Fit Foods zu beobachten, einer Art Automaten-Diät: Der Kunde kann sich aus Kühlgeräten ein gesundes und kalorienarmes Menü zusammenstellen, bis zu drei Wochen im Voraus. An der Kasse selbst scannen, mit Kreditkarte bezahlen, fertig. Der durchschnittliche Teilnehmer an der sogenannten „21-Tage-Challenge“ würde zwischen drei und sieben Kilo abnehmen, heißt es auf der Firmen-Homepage. Eine ähnliche Strategie verfolgt Jamba Juice, das mit seinen Saft-Automaten Jamba Go eine Alternative zu den Softdrink-Geräten in Geschäften und an Schulen bietet – bis Jahresende soll es in den USA knapp 2500 Automaten geben.
Um die einleuchtendste Erklärung für die wundersame Automaten-Vermehrung zu erhalten, lohnt es sich, die Geschichte jenes Unternehmens zu betrachten, das nun für den Kaviar-Automaten im Hollywood & Highland Center verantwortlich ist. Firmengründerin Kelly Stern verkauft ihre erlesenen Waren gewöhnlich an Restaurants und Feinkostgeschäfte, bis 2010 betrieb sie auch einen eigenen Laden in Beverly Hills. Für sie sei es ein Albtraum gewesen, Angestellte zu überwachen, die ohne die permanente Überprüfung unzuverlässig gewesen seien. Deshalb schloss sie das Geschäft und konzentrierte sich auf Automaten – oder in ihrem Fall: „Caviar Boutiques“. „Ich würde es vorziehen, Menschen in unseren Unternehmen zu minimieren“, sagt sie: „Wer tatsächliche Angestellte hat, der hat kein Leben mehr.“
Es geht also bei den Automaten nicht nur um das veränderte Verhalten der Konsumenten oder um pfiffige Ideen, es geht vor allem darum, die Kosten zu senken und so wenige Angestellte wie möglich beschäftigen zu müssen. Frau Stern hat nun offensichtlich wieder ein Leben, dafür steht in der Halle vor dem Dolby Theatre in Hollywood nun ein Kaviar-Automat. Weitere Geräte mit exklusiven oder billigen Inhalten dürften folgen – schließlich sagte Duran Kabakyer einst über seine Erfindung, den ersten Döner-Roboter der Welt: „Der Gerät wird nie müde, der Gerät schläft nie ein, der Gerät ist immer vor dem Chef im Geschäft und schneidet das Dönerfleisch schweißfrei.“
Champagner nicht nur aus der Eiswürfel-Schüssel, sondern aus dem Getränkeautomat? Manche Firma macht das heute schon möglich
Beverly Hills Caviar heißt das Unternehmen, das dieses Gerät dort aufgestellt hat, es gibt noch zwei weitere in den Einkaufszentren von Century City und Topanga. Auf den Automaten ist links eine Frau in güldener Toga abgebildet, darüber kann sich der Kunde auf einem Touchscreen durch das Angebot klicken. Für fünf Dollar gibt es bereits ein kleines Döschen, erhältlich sind aber auch feinste Fischeier wie etwa Imperial River Beluga Kaviar – 200 Gramm für 1000 Dollar. Das Gerät, das vom Unternehmen nicht Automat, sondern „Caviar Boutique“ genannt wird, akzeptiert übrigens keine Kreditkarten, sondern ausschließlich Bargeld. Ein Geldautomat steht keine zehn Meter entfernt.
Natürlich sind solche Automaten mit exklusiven Angeboten keine Seltenheit mehr. In Las Vegas gibt es einen, an dem man, ähnlich wie bei den Greifarm-Geräten auf Jahrmärkten, für zwei Dollar darum zocken kann, einen lebenden Hummer aus dem Wasser zu fischen und dann von einem Restaurant zubereitet zu bekommen. In London gibt es einen Champagner-Automaten, in Japan Geräte, in denen unter künstlichem Licht Salat gezüchtet und dann verkauft wird – und in der Dubai Mall werden Goldbarren zum minütlich aktualisierten Preis feilgeboten.
Die Idee ist also nicht neu, wichtiger erscheint deshalb die Frage: Warum gibt es diese Dinger? Natürlich gibt es die offensichtlichen Gründe: Automaten benötigen weniger Platz und haben rund um die Uhr geöffnet wie der Cupcake-Automat in Downtown Los Angeles, an dem sich so mancher Sportfan nach einem Spiel der Lakers eine Süßigkeit für die Heimfahrt kurz vor Mitternacht gönnt.
Man könnte freilich eine futuristische Erklärung wählen wie Denis Koci von der Firma Box Brands. Der sagt nicht ohne Stolz, dass ihn eine Folge der Fernsehserie „Star Trek – The Next Generation“ dazu inspiriert habe, ein mexikanisches Schnellrestaurant im Telefonzellenformat zu erfinden: die Burrito Box. Die vorgefertigten Roll-Köstlichkeiten werden im Gerät auf 90 Grad erhitzt und dann jedem bereitgestellt, der dafür 3,95 Dollar bezahlt. Nach der erfolgreichen Testphase will das Unternehmen von August an Automaten in den Vereinigten Staaten ausliefern, vor allem Universitäten sind das Zielgebiet für Koci. Sollte seine Idee Erfolg haben, hat er schon einen weiteren Automaten im Sinn: ein Gerät, in dem eine Pizza bei mehr als 400 Grad frisch gebacken wird. „Unser Ziel ist es, innerhalb eines Automaten genau das zu tun, was ein Fastfood-Restaurant tut.“ In diesem Fall geht es nicht um exklusive Inhalte, sondern darum, schneller und billiger zu sein als die Filiale einer Schnellfutterkette nebenan.
Eine andere Erklärung für den neuen Boom der Automaten dagegen, deren US-Umsatz den kommenden fünf Jahren auf 7,7 Milliarden Dollar pro Jahr steigen soll, liefert Christopher Salyers. Er hat das Buch „Vending Machines: Coined Consumerism“ veröffentlicht und macht das Internet für den Wandel im Verhalten der Konsumenten verantwortlich. Die seien mittlerweile gewohnt, sich nicht mehr von Verkäufern beraten zu lassen, sondern im Netz zu informieren und dann eine Kaufentscheidung zu treffen. Sie würden dazu nicht mehr die Geduld aufbringen, in einem Geschäft so lange zu warten, bis sie dran sind – um dann mehr für einen Artikel zu bezahlen, den sie anderswo schneller und billiger bekommen. „Pay-and-click“ nennt Slayers dieses Verhalten, den Kunden seien dabei vier Eigenschaften besonders wichtig: schnell, billig, erreichbar – und dennoch hochwertig. Wer also nachts um vier Uhr unbedingt Kaviar haben möchte, der sucht im Internet nach dem nächsten Automaten und besorgt sich sogleich, was er haben möchte.
Das ist auch in den Filialen von My Fit Foods zu beobachten, einer Art Automaten-Diät: Der Kunde kann sich aus Kühlgeräten ein gesundes und kalorienarmes Menü zusammenstellen, bis zu drei Wochen im Voraus. An der Kasse selbst scannen, mit Kreditkarte bezahlen, fertig. Der durchschnittliche Teilnehmer an der sogenannten „21-Tage-Challenge“ würde zwischen drei und sieben Kilo abnehmen, heißt es auf der Firmen-Homepage. Eine ähnliche Strategie verfolgt Jamba Juice, das mit seinen Saft-Automaten Jamba Go eine Alternative zu den Softdrink-Geräten in Geschäften und an Schulen bietet – bis Jahresende soll es in den USA knapp 2500 Automaten geben.
Um die einleuchtendste Erklärung für die wundersame Automaten-Vermehrung zu erhalten, lohnt es sich, die Geschichte jenes Unternehmens zu betrachten, das nun für den Kaviar-Automaten im Hollywood & Highland Center verantwortlich ist. Firmengründerin Kelly Stern verkauft ihre erlesenen Waren gewöhnlich an Restaurants und Feinkostgeschäfte, bis 2010 betrieb sie auch einen eigenen Laden in Beverly Hills. Für sie sei es ein Albtraum gewesen, Angestellte zu überwachen, die ohne die permanente Überprüfung unzuverlässig gewesen seien. Deshalb schloss sie das Geschäft und konzentrierte sich auf Automaten – oder in ihrem Fall: „Caviar Boutiques“. „Ich würde es vorziehen, Menschen in unseren Unternehmen zu minimieren“, sagt sie: „Wer tatsächliche Angestellte hat, der hat kein Leben mehr.“
Es geht also bei den Automaten nicht nur um das veränderte Verhalten der Konsumenten oder um pfiffige Ideen, es geht vor allem darum, die Kosten zu senken und so wenige Angestellte wie möglich beschäftigen zu müssen. Frau Stern hat nun offensichtlich wieder ein Leben, dafür steht in der Halle vor dem Dolby Theatre in Hollywood nun ein Kaviar-Automat. Weitere Geräte mit exklusiven oder billigen Inhalten dürften folgen – schließlich sagte Duran Kabakyer einst über seine Erfindung, den ersten Döner-Roboter der Welt: „Der Gerät wird nie müde, der Gerät schläft nie ein, der Gerät ist immer vor dem Chef im Geschäft und schneidet das Dönerfleisch schweißfrei.“