In Boston wurden die satirischen Ig-Nobelpreise verliehen. Dabei ging es zum Beispiel um die Frage, warum Kaffee aus einem Becher schwappt, den man vom Automaten zu seinem Schreibtisch trägt.
Zunächst ein wichtiger Hinweis für Paris-Besucher. Blicken Sie auf den Eiffelturm lieber von der Balustrade der Kathedrale Notre Dame als von den Stufen vor der Basilika Sacré Coeur. Beide sind etwa gleich weit vom dem stählernen Wahrzeichen entfernt, es dürfte aber von Notre Dame aus imposanter wirken. Die Psychologin Anita Eerland von der Erasmus-Universität in Rotterdam kann Ihnen sagen warum: Wer vor Sacré Coeur steht, blickt nach rechts auf den Eiffelturm. Dabei hat der Betrachter womöglich den linken Fuß auf einer tieferen Stufe als den rechten. Schon ist seine Balance so weit gestört, dass er den Eiffelturm zwölf Meter niedriger einschätzt als der Tourist, der von Notre Dame aus zum Pariser Wahrzeichen schaut.
Für diese Erkenntnis, die Eerland mit zwei Kollegen gewonnen hat, allerdings in ihrem Labor, in weitgehender Dunkelheit und mithilfe des Zubehörteils einer Spielkonsole, ist das Forscherteam am Donnerstag in Boston mit einem international renommierten Preis ausgezeichnet worden: dem Ig-Nobel für Psychologie 2012. Jedes Jahr verleiht das Redaktionsteam der Fachzeitschrift Annals of Improbable Research diese satirischen Auszeichnungen, kurz bevor die echten Nobelpreise verkündet werden. Die Veranstaltung im Sanders-Theater der Harvard University ist regelmäßig ausverkauft, weil die ausgezeichneten Arbeiten zum Lachen wie zum Nachdenken anregen und sich frühere Nobelpreisträger selber auf die Schippe nehmen, wenn sie die Ig-Nobelpreise verleihen.
Für die Psychologen aus Rotterdam nahm Eerlands Kollege Tulio Guadelupe die Auszeichnung entgegen. Das Team hatte 39 Studenten auf das 'Balance Board' des Wii-Spielzeugs gestellt. Sie sollten sich gerade halten, bekamen zur Kontrolle aber nur eine manipulierte Anzeige auf einem Bildschirm. Dann sollten sie Größen wie die Höhe des Eiffelturms schätzen. Wenn sie sich ein wenig nach links neigten, ohne es zu merken, sodass auf dem linken Fuß zwei Prozent mehr Gewicht lag als auf dem rechten, nannten sie zwölf Meter weniger.
Nicht weniger profund sind die Erkenntnisse von drei britischen Physikern um Raymond Goldstein von der Universität Cambridge, die eine universelle Zustandsgleichung des Pferdeschwanzes entwickelt haben. Sie betrachten die Frisur als Ansammlung von Haaren, die alle ihre eigene natürliche Krümmung haben. Ohne äußere Kräfte würden sie in beliebige Raumrichtungen weisen. Unter dem Einfluss der Gravitation und zusammengezwängt in einem Bündel bildet sich eine Krümmung heraus, die einer einfachen Formel folgt. Die Briten teilen sich den Preis mit Joseph Keller von der amerikanischen Gesellschaft für industrielle und angewandte Mathematik. Er hat erklärt, warum der Pferdeschwanz von Joggerinnen nach links und rechts pendelt, obwohl sich der Kopf der Besitzerin nur auf und ab bewegt.
Ausgezeichnet wurden auch: der Nachweis, dass sich Schimpansen gegenseitig an den Hinterteilen so gut erkennen wie an den Gesichtern; ein Gerät, das Vielsprecher zum Schweigen bringt, indem es ihnen ihre Worte mit einer Verzögerung von einigen Hundert Millisekunden vorspielt; die Warnung, dass ein toter Lachs in einer Gehirnstudie mit funktioneller Magnetresonanztomografie ähnliche Reaktionen wie lebendige menschliche Probanden liefert; und mit dem Literaturpreis ein Bericht des US-Rechnungshofes, der Berichte über Berichte des amerikanischen Verteidigungsministeriums kritisiert.
Immer schwappt der Kaffee über, wenn man ihn vom Automaten zum Schreibtisch trägt.
Unmittelbare Anwendung im Alltag verdient schließlich die Arbeit, der die Juroren den Ig-Nobelpreis für Flüssigkeitsdynamik gaben. Es ging um die Frage, warum Kaffee aus einem Becher schwappt, den man vom Automaten in sein Büro trägt. Zwei Physiker von der University of California in Santa Barbara haben dabei festgestellt, dass eine heiße, wässrige Flüssigkeit in typischen Gefäßen eine Eigenfrequenz besitzt, die sich vom Gehrhythmus leicht aufschaukeln lässt. Sie haben dann Testpersonen gefilmt, die sich entweder auf den Kaffee konzentrieren sollten oder auf das Laufen. Die erste Gruppe schaffte es tatsächlich, weniger zu kleckern. Die Forscher untersuchen noch, welche Gegenmaßnahmen die Becherträger ergriffen, sobald der Kaffee bis zum Becherrand schwappte.
Zunächst ein wichtiger Hinweis für Paris-Besucher. Blicken Sie auf den Eiffelturm lieber von der Balustrade der Kathedrale Notre Dame als von den Stufen vor der Basilika Sacré Coeur. Beide sind etwa gleich weit vom dem stählernen Wahrzeichen entfernt, es dürfte aber von Notre Dame aus imposanter wirken. Die Psychologin Anita Eerland von der Erasmus-Universität in Rotterdam kann Ihnen sagen warum: Wer vor Sacré Coeur steht, blickt nach rechts auf den Eiffelturm. Dabei hat der Betrachter womöglich den linken Fuß auf einer tieferen Stufe als den rechten. Schon ist seine Balance so weit gestört, dass er den Eiffelturm zwölf Meter niedriger einschätzt als der Tourist, der von Notre Dame aus zum Pariser Wahrzeichen schaut.
Für diese Erkenntnis, die Eerland mit zwei Kollegen gewonnen hat, allerdings in ihrem Labor, in weitgehender Dunkelheit und mithilfe des Zubehörteils einer Spielkonsole, ist das Forscherteam am Donnerstag in Boston mit einem international renommierten Preis ausgezeichnet worden: dem Ig-Nobel für Psychologie 2012. Jedes Jahr verleiht das Redaktionsteam der Fachzeitschrift Annals of Improbable Research diese satirischen Auszeichnungen, kurz bevor die echten Nobelpreise verkündet werden. Die Veranstaltung im Sanders-Theater der Harvard University ist regelmäßig ausverkauft, weil die ausgezeichneten Arbeiten zum Lachen wie zum Nachdenken anregen und sich frühere Nobelpreisträger selber auf die Schippe nehmen, wenn sie die Ig-Nobelpreise verleihen.
Für die Psychologen aus Rotterdam nahm Eerlands Kollege Tulio Guadelupe die Auszeichnung entgegen. Das Team hatte 39 Studenten auf das 'Balance Board' des Wii-Spielzeugs gestellt. Sie sollten sich gerade halten, bekamen zur Kontrolle aber nur eine manipulierte Anzeige auf einem Bildschirm. Dann sollten sie Größen wie die Höhe des Eiffelturms schätzen. Wenn sie sich ein wenig nach links neigten, ohne es zu merken, sodass auf dem linken Fuß zwei Prozent mehr Gewicht lag als auf dem rechten, nannten sie zwölf Meter weniger.
Nicht weniger profund sind die Erkenntnisse von drei britischen Physikern um Raymond Goldstein von der Universität Cambridge, die eine universelle Zustandsgleichung des Pferdeschwanzes entwickelt haben. Sie betrachten die Frisur als Ansammlung von Haaren, die alle ihre eigene natürliche Krümmung haben. Ohne äußere Kräfte würden sie in beliebige Raumrichtungen weisen. Unter dem Einfluss der Gravitation und zusammengezwängt in einem Bündel bildet sich eine Krümmung heraus, die einer einfachen Formel folgt. Die Briten teilen sich den Preis mit Joseph Keller von der amerikanischen Gesellschaft für industrielle und angewandte Mathematik. Er hat erklärt, warum der Pferdeschwanz von Joggerinnen nach links und rechts pendelt, obwohl sich der Kopf der Besitzerin nur auf und ab bewegt.
Ausgezeichnet wurden auch: der Nachweis, dass sich Schimpansen gegenseitig an den Hinterteilen so gut erkennen wie an den Gesichtern; ein Gerät, das Vielsprecher zum Schweigen bringt, indem es ihnen ihre Worte mit einer Verzögerung von einigen Hundert Millisekunden vorspielt; die Warnung, dass ein toter Lachs in einer Gehirnstudie mit funktioneller Magnetresonanztomografie ähnliche Reaktionen wie lebendige menschliche Probanden liefert; und mit dem Literaturpreis ein Bericht des US-Rechnungshofes, der Berichte über Berichte des amerikanischen Verteidigungsministeriums kritisiert.
Immer schwappt der Kaffee über, wenn man ihn vom Automaten zum Schreibtisch trägt.
Unmittelbare Anwendung im Alltag verdient schließlich die Arbeit, der die Juroren den Ig-Nobelpreis für Flüssigkeitsdynamik gaben. Es ging um die Frage, warum Kaffee aus einem Becher schwappt, den man vom Automaten in sein Büro trägt. Zwei Physiker von der University of California in Santa Barbara haben dabei festgestellt, dass eine heiße, wässrige Flüssigkeit in typischen Gefäßen eine Eigenfrequenz besitzt, die sich vom Gehrhythmus leicht aufschaukeln lässt. Sie haben dann Testpersonen gefilmt, die sich entweder auf den Kaffee konzentrieren sollten oder auf das Laufen. Die erste Gruppe schaffte es tatsächlich, weniger zu kleckern. Die Forscher untersuchen noch, welche Gegenmaßnahmen die Becherträger ergriffen, sobald der Kaffee bis zum Becherrand schwappte.