Ein großer Hüpfer, das soll es sein. Mit Schwung und etwas Anschub aus den westlichen Staaten, so malen es sich viele Klimaschützer in positiv gestimmten Momenten aus, könnten Entwicklungs- und Schwellenländer auf ihrem Weg ins industrielle Zeitalter die schmutzige Phase überspringen und in der klimafreundlichen Zukunft landen. Klingt gut. Ist aber absurd, mahnen Forscher nun. Und gefährlich: Weil man vor lauter Warten, Hoffen und Drängen auf diesen Hüpfer riskiert, dass alles nur schlimmer wird. Statt sich auf die kleinen Schritte zu konzentrieren, die nicht ideal, aber dafür wenigstens machbar wären.
Um den Klimwandel aufzuhalten ist weniger manchmal mehr.
„Es ist nicht realistisch, die Entwicklungspfade drastisch auf emissionsarmes Wachstum umzulenken“, schreibt ein Team um Michael Jakob und Jan Steckel vom Mercator-Forschungsinstitut für Klimawandel (MCC) in Berlin in der Zeitschrift Nature Climate Change. An der Arbeit waren unter anderem Wissenschaftler vom Hamburger Giga-Institut für globale und regionale Studien sowie der Klimaforscher Ottmar Edenhofer beteiligt, Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Co-Vorsitzender einer Arbeitsgruppe des Weltklimarats IPCC.
Aber selbst bei den – seriösen – Prognosen dieses Klimarats könnte es eine gewisse Kluft zwischen Theorie und Praxis geben. In seinen ambitionierteren Szenarien wird implizit angenommen, dass Entwicklungs- und Schwellenländer wie Indien ihre Emissionen bald stark zurückfahren. „Das ist aber weit entfernt von allem, was wir in der Vergangenheit gesehen haben“, sagt Michael Jakob. „Steigender Energieverbrauch war und ist ein zentraler Aspekt der wirtschaftlichen Entwicklung, und man kann nicht erwarten, dass Länder einfach so zu sauberen Energien wechseln.“
Stattdessen empfehlen die Forscher Realismus und Schadensbegrenzung. „Es wird nicht funktionieren, von armen Ländern nur Klimaschutz gegen Geld zu verlangen“, sagt Co-Autor Steckel. „Man muss die zentralen Themen angehen: Armutsreduktion, Energiesicherheit, Luftverschmutzung; mit Klimaschutz als Nebeneffekt.“ Also zum Beispiel die Subventionen für Benzin reduzieren, wie es in Iran geschehen ist. Das mache die Luft sofort sauberer und spare Geld, das etwa ins Gesundheits- und Bildungssystem gesteckt werden könne. Oder in ländlichen Regionen, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind, Solar- oder kleine Wasserkraftanlagen fördern. Man könne auch Staaten dabei helfen, alte, klimaschädliche Kohlekraftwerke mit hohen Schwefel- und Feinstaubemissionen durch Gaskraftwerke oder erneuerbare Energien zu ersetzen.
Dass die armen Länder die rasante Klimaschutz-Wende mit viel Geld aus den reichen Staaten auf einen Schwung schaffen, sehen die Wissenschaftler dagegen nicht als wahrscheinlich an. Zwar halten sie solche Zahlungen für nötig, aber sie befürchten, dass ihre Komplexität und Nebenwirkungen unterschätzt werden. Plötzliche, massive Geldströme aus dem Ausland in ein armes Land, das womöglich keine funktionierenden Institutionen hat oder von Korruption geplagt ist, könnten dort alles Mögliche bewirken, bis hin zu Währungsschwankungen und einer Schwächung des Exports. Es ist laut den Forschern auch keine Lösung, explizit nur die Zusatzkosten grüner Technologie zu finanzieren: Das sei schwer zu kontrollieren und umzusetzen.
Zudem sei das wirtschaftliche Potenzial für Erneuerbare zwar oft da, aber eine komplette Umstellung des Energiesystems erfordere hohe Investitionen, ohne den betroffenen Ländern schnell zu nutzen. Dafür werde also weit mehr technische und finanzielle Unterstützung nötig sein. Man dürfe aber auch nicht ewig darauf warten, dass diese Hilfe komme: Die Umstellung werde immer teurer und schwerer, weil sich die schnell wachsenden Länder immer weiter etwa auf Kohle festlegen.
„Wir sollten nicht mehr fragen: Was ist das Optimum? Sondern: Was ist möglich?“, sagt Michael Jakob. „Hat man einmal angefangen, öffnet das die Tür für ambitioniertere Ziele.“ Auch dürfe man nicht über China oder Indien andere Länder vergessen, in denen ebenfalls viele Millionen darauf warten, aus der Armut zu entkommen: Nigeria etwa, oder Indonesien. „Jetzt ist es noch möglich, dort die Weichen anders zu stellen.“ Damit ist man bildlich im Eisenbahngeschäft, und so ist es wohl auch gemeint: Züge pflegen ja selten weit zu springen. Aber in die eine oder in die andere Richtung können sie schon zuckeln, je nach Weichenposition.
Um den Klimwandel aufzuhalten ist weniger manchmal mehr.
„Es ist nicht realistisch, die Entwicklungspfade drastisch auf emissionsarmes Wachstum umzulenken“, schreibt ein Team um Michael Jakob und Jan Steckel vom Mercator-Forschungsinstitut für Klimawandel (MCC) in Berlin in der Zeitschrift Nature Climate Change. An der Arbeit waren unter anderem Wissenschaftler vom Hamburger Giga-Institut für globale und regionale Studien sowie der Klimaforscher Ottmar Edenhofer beteiligt, Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Co-Vorsitzender einer Arbeitsgruppe des Weltklimarats IPCC.
Aber selbst bei den – seriösen – Prognosen dieses Klimarats könnte es eine gewisse Kluft zwischen Theorie und Praxis geben. In seinen ambitionierteren Szenarien wird implizit angenommen, dass Entwicklungs- und Schwellenländer wie Indien ihre Emissionen bald stark zurückfahren. „Das ist aber weit entfernt von allem, was wir in der Vergangenheit gesehen haben“, sagt Michael Jakob. „Steigender Energieverbrauch war und ist ein zentraler Aspekt der wirtschaftlichen Entwicklung, und man kann nicht erwarten, dass Länder einfach so zu sauberen Energien wechseln.“
Stattdessen empfehlen die Forscher Realismus und Schadensbegrenzung. „Es wird nicht funktionieren, von armen Ländern nur Klimaschutz gegen Geld zu verlangen“, sagt Co-Autor Steckel. „Man muss die zentralen Themen angehen: Armutsreduktion, Energiesicherheit, Luftverschmutzung; mit Klimaschutz als Nebeneffekt.“ Also zum Beispiel die Subventionen für Benzin reduzieren, wie es in Iran geschehen ist. Das mache die Luft sofort sauberer und spare Geld, das etwa ins Gesundheits- und Bildungssystem gesteckt werden könne. Oder in ländlichen Regionen, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind, Solar- oder kleine Wasserkraftanlagen fördern. Man könne auch Staaten dabei helfen, alte, klimaschädliche Kohlekraftwerke mit hohen Schwefel- und Feinstaubemissionen durch Gaskraftwerke oder erneuerbare Energien zu ersetzen.
Dass die armen Länder die rasante Klimaschutz-Wende mit viel Geld aus den reichen Staaten auf einen Schwung schaffen, sehen die Wissenschaftler dagegen nicht als wahrscheinlich an. Zwar halten sie solche Zahlungen für nötig, aber sie befürchten, dass ihre Komplexität und Nebenwirkungen unterschätzt werden. Plötzliche, massive Geldströme aus dem Ausland in ein armes Land, das womöglich keine funktionierenden Institutionen hat oder von Korruption geplagt ist, könnten dort alles Mögliche bewirken, bis hin zu Währungsschwankungen und einer Schwächung des Exports. Es ist laut den Forschern auch keine Lösung, explizit nur die Zusatzkosten grüner Technologie zu finanzieren: Das sei schwer zu kontrollieren und umzusetzen.
Zudem sei das wirtschaftliche Potenzial für Erneuerbare zwar oft da, aber eine komplette Umstellung des Energiesystems erfordere hohe Investitionen, ohne den betroffenen Ländern schnell zu nutzen. Dafür werde also weit mehr technische und finanzielle Unterstützung nötig sein. Man dürfe aber auch nicht ewig darauf warten, dass diese Hilfe komme: Die Umstellung werde immer teurer und schwerer, weil sich die schnell wachsenden Länder immer weiter etwa auf Kohle festlegen.
„Wir sollten nicht mehr fragen: Was ist das Optimum? Sondern: Was ist möglich?“, sagt Michael Jakob. „Hat man einmal angefangen, öffnet das die Tür für ambitioniertere Ziele.“ Auch dürfe man nicht über China oder Indien andere Länder vergessen, in denen ebenfalls viele Millionen darauf warten, aus der Armut zu entkommen: Nigeria etwa, oder Indonesien. „Jetzt ist es noch möglich, dort die Weichen anders zu stellen.“ Damit ist man bildlich im Eisenbahngeschäft, und so ist es wohl auch gemeint: Züge pflegen ja selten weit zu springen. Aber in die eine oder in die andere Richtung können sie schon zuckeln, je nach Weichenposition.