Donezk – Wäre alles nach der Regie der Rebellen gegangen, hätte es am Wochenende aus der „Volksrepublik Donezk“ und der „Volksrepublik Luhansk“ nur Bilder ungeduldiger Wähler gegeben, die darauf brennen, die Führer der Separatistenregionen im Südosten der Ukraine zu bestimmen. Doch einige Journalisten machten den Rebellen einen Strich durch die Rechnung. Roland Oliphant vom Daily Telegraph zählte 62 Militärlastwagen ohne Nummernschilder, die offenbar russische Munition und Geschütze für die Rebellen anlieferten. Ein Video des am Samstagabend in Donezk einfahrenden Konvois veröffentlichte der Internetinfodienst Ukrainska Prawda. Dem US-Journalisten Christopher Miller zufolge war dies in der vergangenen Woche bereits der dritte Konvoi mit Nachschub für die Rebellen. Am Sonntagmorgen fotografierte Miller einen vierten Konvoi.
Keine freien Wahlen und undurchsichtige militärische Bewegungen - die Lage in Donezk ist angespannt.
Die verstärkten Lieferungen haben zwei mögliche Erklärungen: Die Rebellen und das russische Militär befürchten eine neue Offensive der ukrainischen Armee – oder sie bereiten ihrerseits einen Angriff vor. Rebellenführer Alexander Sachartschenko hat bereits zwei mal angekündigt, die Separatisten wollten die von ukrainischen Einheiten gehaltenen Städte Slawjansk, Kramatorsk und Mariupol erobern. Schon zuvor hatte Sachartschenko die Zahl russischer Kämpfer auf Seiten der Rebellen auf mehrere Tausend beziffert. Deren Anwesenheit wird in Donezk kaum noch verborgen. Eine Ärztin im Dienste der Rebellen sagte der Süddeutschen Zeitung stolz: „Wir haben jetzt ein ganzes Bataillon von Donkosaken, die aus Rostow zu uns kommen.“ Im Café „Sun City“ am Puschkin-Boulevard im Zentrum von Donezk sah der SZ-Korrespondent am Samstag sieben Kämpfer mit Maschinenpistole und Tarnuniform, die sich auf Tschetschenisch unterhielten.
Ob und wie der Krieg im Osten der Ukraine neu aufflammt, wird sich erst herausstellen, wenn die Wahl der Rebellen in den von ihnen ausgerufenen „Volksrepubliken“ in Donezk und Luhansk abgeschlossen ist. Von einer Wahl wie der Rebellenwahl vom Sonntag träumt jeder westliche Politiker: mit nahezu unbekannten Gegenkandidaten und nur zwei Parteien. So war schon vor der Bekanntgabe des Ergebnisses klar, dass Alexander Sachartschenko, gelernter Elektriker, Führer einer Rebelleneinheit und als „Ministerpräsident“ seit August zumindest vor den Kulissen Chef aller Rebellen, sich bald „Präsident der Volksrepublik Donezk“ nennen darf. Am Abend gab es die Bestätigung: 80 Prozent der Stimmen für den Favoriten bei der Präsidentschaftswahl, auf 65 Prozent kommt seine Partei bei den parallel abgehaltenen Parlamentswahlen. Das hätten „Nachwahlbefragungen“ ergeben, sagen die Rebellen.
Das Ergebnis ist keine Überraschung. Seit Monaten haben die Rebellen Gegner vertrieben, verhaftet oder gar getötet. Kaum ein Tag, an dem in Donezk oder Umgebung nicht echte oder eingebildete Gegner der Rebellen spurlos verschwinden. Hunderttausende sind aus der zuvor knapp eine Million Einwohner zählenden Stadt geflohen. In den Hochhäusern von Donezk bleiben am Abend die meisten Fenster dunkel. Und wer noch in der Stadt ist, aber, wie die 18 Jahre alte Studentin Olga, die Wahl der Rebellen für „eine Farce“ hält, bleibt den Wahllokalen fern.
Die Donezker aber, die am Sonntag in ein Wahllokal in der Schule Nr. 115 an der Tupolew-Straße 4 gekommen sind, unterstützen die Separatisten. Lidia Priladskaja, 74 Jahre alt, hat Donezk auch während der härtesten Artilleriegefechte nie verlassen. Jetzt hofft Priladskaja, „dass der Krieg endlich aufhört und die Kiewer Junta uns in unserer jungen Republik in Ruhe lässt“. Viele Wahllokale von Donezk platzen am Sonntag aus allen Nähten: ob die Schule Nr. 115, das „Haus der Kultur“ im Stadtteil Budjonowskij oder im Wahllokal 121 im Zentrum der Stadt. Das liegt freilich nicht nur daran, dass viele Einwohner die Separatisten unterstützen, sondern auch daran, dass die Rebellen nicht wie sonst in der Stadt üblich mehr als 300, sondern nur 116 Wahllokale geöffnet haben und so bewusst kamerawirksame Schlangen vor und Gedränge in den Wahllokalen erzeugen.
Die Bilder vom angeblich grenzenlosen Wählerinteresse sind nicht der einzige Trick der Rebellen. Da die Rebellenregionen international ebenso wenig anerkannt sind wie ihre Referenden oder Wahlen, fehlen auch die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die sonst Wahlen auf ihre demokratischen Standards abklopfen. Die Separatisten und ihre Moskauer Helfer besannen sich deshalb auf das bewährte Instrument des politischen Klonens. So behaupteten sie, die Wahl werde von der ASZE verfolgt, der „Assoziation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ – die russische Medien verbreiten das kritiklos.
Tatsächlich existiert eine ASZE nicht, wie der Beobachter Ewald Stadler, in Österreich lange Mitglied der rechtspopulistischen FPÖ, auf Nachfrage zugab. Andere der insgesamt 30 „Wahlbeobachter“ kamen von der rechten ungarischen Jobbik-Partei, dem rechtsradikalen Front National aus Frankreich oder der stalinistischen Kommunistischen Partei Griechenlands. Sie flogen über Moskau nach Rostow, der wichtigsten russischen Nachschubstation der Rebellen. Von dort und wurden sie per Auto weiter nach Donezk gebracht.
Keine freien Wahlen und undurchsichtige militärische Bewegungen - die Lage in Donezk ist angespannt.
Die verstärkten Lieferungen haben zwei mögliche Erklärungen: Die Rebellen und das russische Militär befürchten eine neue Offensive der ukrainischen Armee – oder sie bereiten ihrerseits einen Angriff vor. Rebellenführer Alexander Sachartschenko hat bereits zwei mal angekündigt, die Separatisten wollten die von ukrainischen Einheiten gehaltenen Städte Slawjansk, Kramatorsk und Mariupol erobern. Schon zuvor hatte Sachartschenko die Zahl russischer Kämpfer auf Seiten der Rebellen auf mehrere Tausend beziffert. Deren Anwesenheit wird in Donezk kaum noch verborgen. Eine Ärztin im Dienste der Rebellen sagte der Süddeutschen Zeitung stolz: „Wir haben jetzt ein ganzes Bataillon von Donkosaken, die aus Rostow zu uns kommen.“ Im Café „Sun City“ am Puschkin-Boulevard im Zentrum von Donezk sah der SZ-Korrespondent am Samstag sieben Kämpfer mit Maschinenpistole und Tarnuniform, die sich auf Tschetschenisch unterhielten.
Ob und wie der Krieg im Osten der Ukraine neu aufflammt, wird sich erst herausstellen, wenn die Wahl der Rebellen in den von ihnen ausgerufenen „Volksrepubliken“ in Donezk und Luhansk abgeschlossen ist. Von einer Wahl wie der Rebellenwahl vom Sonntag träumt jeder westliche Politiker: mit nahezu unbekannten Gegenkandidaten und nur zwei Parteien. So war schon vor der Bekanntgabe des Ergebnisses klar, dass Alexander Sachartschenko, gelernter Elektriker, Führer einer Rebelleneinheit und als „Ministerpräsident“ seit August zumindest vor den Kulissen Chef aller Rebellen, sich bald „Präsident der Volksrepublik Donezk“ nennen darf. Am Abend gab es die Bestätigung: 80 Prozent der Stimmen für den Favoriten bei der Präsidentschaftswahl, auf 65 Prozent kommt seine Partei bei den parallel abgehaltenen Parlamentswahlen. Das hätten „Nachwahlbefragungen“ ergeben, sagen die Rebellen.
Das Ergebnis ist keine Überraschung. Seit Monaten haben die Rebellen Gegner vertrieben, verhaftet oder gar getötet. Kaum ein Tag, an dem in Donezk oder Umgebung nicht echte oder eingebildete Gegner der Rebellen spurlos verschwinden. Hunderttausende sind aus der zuvor knapp eine Million Einwohner zählenden Stadt geflohen. In den Hochhäusern von Donezk bleiben am Abend die meisten Fenster dunkel. Und wer noch in der Stadt ist, aber, wie die 18 Jahre alte Studentin Olga, die Wahl der Rebellen für „eine Farce“ hält, bleibt den Wahllokalen fern.
Die Donezker aber, die am Sonntag in ein Wahllokal in der Schule Nr. 115 an der Tupolew-Straße 4 gekommen sind, unterstützen die Separatisten. Lidia Priladskaja, 74 Jahre alt, hat Donezk auch während der härtesten Artilleriegefechte nie verlassen. Jetzt hofft Priladskaja, „dass der Krieg endlich aufhört und die Kiewer Junta uns in unserer jungen Republik in Ruhe lässt“. Viele Wahllokale von Donezk platzen am Sonntag aus allen Nähten: ob die Schule Nr. 115, das „Haus der Kultur“ im Stadtteil Budjonowskij oder im Wahllokal 121 im Zentrum der Stadt. Das liegt freilich nicht nur daran, dass viele Einwohner die Separatisten unterstützen, sondern auch daran, dass die Rebellen nicht wie sonst in der Stadt üblich mehr als 300, sondern nur 116 Wahllokale geöffnet haben und so bewusst kamerawirksame Schlangen vor und Gedränge in den Wahllokalen erzeugen.
Die Bilder vom angeblich grenzenlosen Wählerinteresse sind nicht der einzige Trick der Rebellen. Da die Rebellenregionen international ebenso wenig anerkannt sind wie ihre Referenden oder Wahlen, fehlen auch die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die sonst Wahlen auf ihre demokratischen Standards abklopfen. Die Separatisten und ihre Moskauer Helfer besannen sich deshalb auf das bewährte Instrument des politischen Klonens. So behaupteten sie, die Wahl werde von der ASZE verfolgt, der „Assoziation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ – die russische Medien verbreiten das kritiklos.
Tatsächlich existiert eine ASZE nicht, wie der Beobachter Ewald Stadler, in Österreich lange Mitglied der rechtspopulistischen FPÖ, auf Nachfrage zugab. Andere der insgesamt 30 „Wahlbeobachter“ kamen von der rechten ungarischen Jobbik-Partei, dem rechtsradikalen Front National aus Frankreich oder der stalinistischen Kommunistischen Partei Griechenlands. Sie flogen über Moskau nach Rostow, der wichtigsten russischen Nachschubstation der Rebellen. Von dort und wurden sie per Auto weiter nach Donezk gebracht.