Das Ambiente ist gediegen, doch mit vornehmer Zurückhaltung der Redner kann die Regierung nicht rechnen. Am Montag veranstaltet der britische Industrieverband CBI seine Jahrestagung im schicken Grosvenor House, einem 85 Jahre alten Hotel an der teuren und Monopoly-Spielern wohl bekannten Park Lane. Der Geschäftsführer der Organisation, John Cridland, gab in einem Interview am Wochenende schon einmal die Tonlage vor: Er beklagte den Kurs der Regierung bei den Themen Einwanderung und EU. Der konservative Premierminister David Cameron will den Zuzug von Ausländern aus der Europäischen Union begrenzen.
Großbritanniens Premierminister David Cameron möchte die Einwanderung aus der EU beschränken.
Vertreter der Unternehmen und der Hochschulen fürchten allerdings, dass diese Einwanderer-feindliche Rhetorik den Mangel an guten Fachkräften und Forschern verschärft. Erst vergangene Woche wurden Zahlen veröffentlicht, die zeigen, dass Migranten deutlich mehr Vor- als Nachteile bringen. Das ist misslich für die Regierung. Die Tories, also die Konservativen, sind traditionell die Partei, denen die Bürger am meisten Wirtschaftskompetenz zusprechen. Aber geht es um Einwanderer und die EU, wird nun, ein halbes Jahr vor den Parlamentswahlen, ökonomische Vernunft verdrängt von taktischem Kalkül: Die Tories wollen mit einer harten Linie gegen Ausländer den Aufstieg der europafeindlichen Partei Ukip stoppen.
Industrielobbyist Cridland hält gar nichts von Camerons Idee, die Arbeitnehmer-Freizügigkeit in der EU einzuschränken. „Ich habe nicht ein Mitgliedsunternehmen getroffen, das nicht auf die eine oder andere Weise auf die Arbeitnehmer-Freizügigkeit angewiesen ist“, sagte er. Cridland rief die Firmenchefs dazu auf, offensiv für die Vorteile von EU und Einwanderung zu werben. Ansonsten würden die Europaskeptiker die Schlagzeilen bestimmen.
Die Konzerne sehen Camerons Feldzug gegen Einwanderer aber nicht nur wegen des Fachkräftemangels kritisch. Sie befürchten auch, dass sich der Premier in eine gefährliche Sackgasse manövriert: Cameron verspricht, im Falle eines Wahlsieges das Volk 2017 über einen Austritt aus der EU abstimmen zu lassen. Zuvor will er über eine Reform der EU verhandeln. Brüssel soll weniger regulieren und wichtige Kompetenzen an die Nationalstaaten zurückgeben. Für den Verbleib in so einer schlankeren Union will er dann gerne vor dem Referendum werben. Die Beschränkung der Einwanderung aus der EU wäre ein bedeutender Teil jeder Reform.
Doch Kritiker halten es für unwahrscheinlich, dass Cameron die anderen Regierungschefs zu diesem Zugeständnis bewegen kann, zumal auch Kanzlerin Angela Merkel abwinkt. Die Tories erklären also der Bevölkerung ausdauernd, dass zu viele Einwanderer aus Europa kommen, aber vermutlich werden sie genau daran nichts ändern können. Für Premier Cameron wäre es in dem Fall schwierig, vor der Volksabstimmung glaubhaft für einen Verbleib in der EU zu werben. Ein Austritt wiederum ist für die Banken und Konzerne eine Horrorvorstellung, schließlich ist die Union der wichtigste Handelspartner.
Zudem wäre das Königreich ohne Einwanderer aus der EU deutlich ärmer. Das zeigt eine Studie, die das University College London vorige Woche veröffentlichte. Demnach zahlten Migranten aus der Union, die zwischen 2000 und 2011 ins Land kamen, in dem Zeitraum 26 Milliarden Euro mehr Steuern an den britischen Fiskus, als der Staat für sie aufwenden musste.
Kein schlechtes Geschäft. Das Königreich zieht viele junge, gut qualifizierte Arbeitnehmer an, die nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind, sondern im Gegenteil der Wirtschaft nutzen. Großbritannien profitiert aber nicht nur von Migranten aus der EU. London ist auch ein Magnet für Reiche aus aller Welt. Die schätzen die Metropole als Zweitwohnsitz, als sicheren Hafen, wenn die Lage zu Hause ungemütlich wird.
Für diese Klientel betreibt das Innenministerium ein eigenes Visa-Programm: Wer für 2,6 Millionen Euro britische Staatsanleihen oder Aktien kauft, erhält die heiß begehrte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Diese Millionärs-Visa sind besonders beliebt unter Chinesen und Russen. Neue Zahlen des Ministeriums belegen, dass die Zahl der Anträge um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist. Doch gegen diese exklusiven Einwanderer stänkert die Regierung nicht.
Reiche sind eben immer willkommen.
Großbritanniens Premierminister David Cameron möchte die Einwanderung aus der EU beschränken.
Vertreter der Unternehmen und der Hochschulen fürchten allerdings, dass diese Einwanderer-feindliche Rhetorik den Mangel an guten Fachkräften und Forschern verschärft. Erst vergangene Woche wurden Zahlen veröffentlicht, die zeigen, dass Migranten deutlich mehr Vor- als Nachteile bringen. Das ist misslich für die Regierung. Die Tories, also die Konservativen, sind traditionell die Partei, denen die Bürger am meisten Wirtschaftskompetenz zusprechen. Aber geht es um Einwanderer und die EU, wird nun, ein halbes Jahr vor den Parlamentswahlen, ökonomische Vernunft verdrängt von taktischem Kalkül: Die Tories wollen mit einer harten Linie gegen Ausländer den Aufstieg der europafeindlichen Partei Ukip stoppen.
Industrielobbyist Cridland hält gar nichts von Camerons Idee, die Arbeitnehmer-Freizügigkeit in der EU einzuschränken. „Ich habe nicht ein Mitgliedsunternehmen getroffen, das nicht auf die eine oder andere Weise auf die Arbeitnehmer-Freizügigkeit angewiesen ist“, sagte er. Cridland rief die Firmenchefs dazu auf, offensiv für die Vorteile von EU und Einwanderung zu werben. Ansonsten würden die Europaskeptiker die Schlagzeilen bestimmen.
Die Konzerne sehen Camerons Feldzug gegen Einwanderer aber nicht nur wegen des Fachkräftemangels kritisch. Sie befürchten auch, dass sich der Premier in eine gefährliche Sackgasse manövriert: Cameron verspricht, im Falle eines Wahlsieges das Volk 2017 über einen Austritt aus der EU abstimmen zu lassen. Zuvor will er über eine Reform der EU verhandeln. Brüssel soll weniger regulieren und wichtige Kompetenzen an die Nationalstaaten zurückgeben. Für den Verbleib in so einer schlankeren Union will er dann gerne vor dem Referendum werben. Die Beschränkung der Einwanderung aus der EU wäre ein bedeutender Teil jeder Reform.
Doch Kritiker halten es für unwahrscheinlich, dass Cameron die anderen Regierungschefs zu diesem Zugeständnis bewegen kann, zumal auch Kanzlerin Angela Merkel abwinkt. Die Tories erklären also der Bevölkerung ausdauernd, dass zu viele Einwanderer aus Europa kommen, aber vermutlich werden sie genau daran nichts ändern können. Für Premier Cameron wäre es in dem Fall schwierig, vor der Volksabstimmung glaubhaft für einen Verbleib in der EU zu werben. Ein Austritt wiederum ist für die Banken und Konzerne eine Horrorvorstellung, schließlich ist die Union der wichtigste Handelspartner.
Zudem wäre das Königreich ohne Einwanderer aus der EU deutlich ärmer. Das zeigt eine Studie, die das University College London vorige Woche veröffentlichte. Demnach zahlten Migranten aus der Union, die zwischen 2000 und 2011 ins Land kamen, in dem Zeitraum 26 Milliarden Euro mehr Steuern an den britischen Fiskus, als der Staat für sie aufwenden musste.
Kein schlechtes Geschäft. Das Königreich zieht viele junge, gut qualifizierte Arbeitnehmer an, die nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind, sondern im Gegenteil der Wirtschaft nutzen. Großbritannien profitiert aber nicht nur von Migranten aus der EU. London ist auch ein Magnet für Reiche aus aller Welt. Die schätzen die Metropole als Zweitwohnsitz, als sicheren Hafen, wenn die Lage zu Hause ungemütlich wird.
Für diese Klientel betreibt das Innenministerium ein eigenes Visa-Programm: Wer für 2,6 Millionen Euro britische Staatsanleihen oder Aktien kauft, erhält die heiß begehrte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Diese Millionärs-Visa sind besonders beliebt unter Chinesen und Russen. Neue Zahlen des Ministeriums belegen, dass die Zahl der Anträge um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist. Doch gegen diese exklusiven Einwanderer stänkert die Regierung nicht.
Reiche sind eben immer willkommen.