Das Wort Mannschaft, hat Joachim Gauck am Montag gesagt, als er das deutsche Fußball-Nationalteam im Schloss Bellevue mit der Verleihung des Silbernen Lorbeerblattes adelte, dieses Wort könne man nicht in fremde Sprachen übersetzen. Jedenfalls nicht richtig. Und nicht mehr: seit dem vergangenen Sommer. Seitdem die deutsche Nationalmannschaft in Brasilien Fußball-Weltmeister wurde. Die Franzosen, sagte der Bundespräsident, würden spätestens seitdem La Mannschaft sagen und die Briten The Mannschaft. Dies, sagte er, drücke Respekt und Achtung aus.
"Die Mannschaft": Das neue "Sommermärchen".
Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) sind sie natürlich stolz auf solche Weihen, sie haben deshalb eine Dokumentation produziert, sie heißt: „Die Mannschaft“. Am Montagabend, ein paar Stunden nachdem Gauck seine Rede gehalten und jeder Spieler seine Urkunde und seine silberne Anstecknadel überreicht bekommen hatte, fand in Berlin die Premiere statt, roter Teppich wurde am Potsdamer Platz ausgerollt, Absperrgitter wurden aufgestellt.
Der Film soll davon genau das Gegenteil sein, er soll die deutschen Nationalspieler ohne Absperrgitter zeigen. Was dann so aussieht: Thomas Müller kellnert nach einer verlorenen Golfwette im Dirndl. Lukas Podolski lacht. Bastian Schweinsteiger sitzt mit dem Handy vorm Fernseher. Lukas Podolski lacht. Per Mertesacker ist betrunken. Er tanzt, mit einer Goldmedaille um den Kopf gebunden, im bunten Discolicht. Lukas Podolski lacht.
„Die Mannschaft“ ist viel Gefühlsduselei, alle deutschen Tore der WM, alle Paraden von Manuel Neuer in Zeitlupe, mit Geigen unterlegt, bei jedem Torschuss ein dumpfer Bass, bei jedem Tor der Sound vom Tornetz. Doch vor allem ist „Die Mannschaft“ das einfach gezeichnete Porträt einer Gruppe junger Menschen, die sich vor der Kamera gut verstehen. Ein Film, der Fans glücklich macht. Aber nicht mehr als das: Ein gut gelauntes Porträt von Deutschlands beliebtester Mannschaft.
Bereits 2006 hat der DFB die Nationalmannschaft während der Weltmeisterschaft im eigenen Land mit Kameras begleitet, Sommermärchen hieß es damals, Sönke Wortmann führte Regie. Viele Szenen ähneln sich: Die Nationalspieler beim Frühstück, auf der Massagebank, in der Kabine, angespannt vor dem Spiel, jubelnd danach. Der Film 2014, bei dem diesmal DFB-Mitarbeiter Regie führten, habe mehr Atmosphäre, mehr Nähe, es gebe mehr Einsichten hinter die Kulissen als vor acht Jahren, hat DFB-Teammanager Oliver Bierhoff vorab in der Bild am Sonntag versprochen. Doch es sind keine Eindrücke, die die Geschichte des Turniers in Brasilien umschreiben.
Es geht vor allem darum, sympathische Bilder der Helden zu produzieren, die am Montag alle einzeln neben Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Thomas de Maizière posierten. Nahbar sollen die Spieler wirken, und an einigen Stellen gelingt das auch, etwa wenn Müller, wenn man so will der Hauptdarsteller des Films, selbstironisch über seinen Freistoßtrick spricht, bei dem er im Achtelfinale gegen Algerien voller Absicht über die eigenen Füße gestolpert war. Doch dann sieht man nach Autogrammen kreischende Fans in Porto Seguro, von Sicherheitsleuten zurückgehalten. Nahbar waren die Spieler in erster Linie für den DFB-Mann mit der Kamera.
Kritische Töne fehlen, was nicht überrascht: Der Film ist eine Koproduktion von DFB und Weltverband Fifa. Dies gipfelt in einer Szene, die Kapitän Bastian Schweinsteiger zeigt, wie er morgens am Pool steht, die Arme wie zum Gebet zu einem Sonnengott nach oben gereckt, er sagt: „Obrigado Sepp Blatter.“ Er habe dem Fifa-Boss dafür gedankt, die WM nach Brasilien vergeben zu haben, erklärt er. Dass für diesen Wettbewerb Dörfer umgesiedelt und Proteste unterdrückt wurden? In Deutschland, sagt wieder Bierhoff aus dem Off, sei gar nicht rübergekommen, wie die deutsche Mannschaft in Brasilien angekommen sei, „wie wir mit Indianern getanzt haben“. Dazu laufen Bilder von Mertesacker und Podolski über die Leinwand: wie sie mit Pataxo-Indianern tanzen.
Es sind einfache Botschaften wie diese, die der Film vermittelt. Doch auch die Botschaft einer funktionierenden Mannschaft ist ja simpel, und genau um diese geht es. Das Campo Bahia und die Stimmung, die sich in sechs Wochen dort entwickelte, haben die Nationalspieler nicht umsonst immer wieder als den Schlüssel zu ihrem großen Erfolg beschrieben.
Dass Kapitän Philipp Lahm während des Turniers aus dem Mittelfeld in die Abwehr wechselte, galt als Streitpunkt. Es war aber keiner, sagt Lahm. Die beste Fußballmannschaft der Welt – wenn sie auf der Leinwand nicht gerade beim Fußballspielen gezeigt wird, dann wirkt sie wie eine Jugendgruppe im Ferienlager: Kevin Großkreutz liegt am Pool, Mario Götze und Toni Kroos spielen Tischtennis. Thomas Müller fragt den Trainer per handschriftlichem Brief, ob er zum Golfspielen darf.
Über Joachim Löw weiß man nachher, dass seine Stimme auch gepresst klingen kann, es ist ein ungewohnter Laut, den der Bundestrainer bei der Kabinenansprache vor dem Halbfinale gegen Brasilien von sich gibt, als er sagt: „Wir fighten, bis wir in Rio sind.“ Einmal sieht man Löw abends in seinem Zimmer, an der Wand hängt eine Taktiktafel, auf dem Tisch steht, was wie eine Bierflasche aussieht. Über das Finale in Rio, das Tor von Mario Götze, den Schlusspfiff, sagt er dann wieder in gewohnter Stimme: „Des isch amagischer Moment.“
Magische Momente: Momentaufnahmen einer Mannschaft, die sportlich Großartiges geleistet hat. Die holt der Film noch einmal zurück. Das Ende von „Die Mannschaft“ sind vier Augenblicke: Helmut Rahn 1954. Gerd Müller 1974. Andreas Brehme 1990. Mario Götze 2014. „Worte können das nicht beschreiben“, sagt Löw über die WM. Also hat sich der DFB ein Denkmal in schönen Bildern gesetzt.
"Die Mannschaft": Das neue "Sommermärchen".
Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) sind sie natürlich stolz auf solche Weihen, sie haben deshalb eine Dokumentation produziert, sie heißt: „Die Mannschaft“. Am Montagabend, ein paar Stunden nachdem Gauck seine Rede gehalten und jeder Spieler seine Urkunde und seine silberne Anstecknadel überreicht bekommen hatte, fand in Berlin die Premiere statt, roter Teppich wurde am Potsdamer Platz ausgerollt, Absperrgitter wurden aufgestellt.
Der Film soll davon genau das Gegenteil sein, er soll die deutschen Nationalspieler ohne Absperrgitter zeigen. Was dann so aussieht: Thomas Müller kellnert nach einer verlorenen Golfwette im Dirndl. Lukas Podolski lacht. Bastian Schweinsteiger sitzt mit dem Handy vorm Fernseher. Lukas Podolski lacht. Per Mertesacker ist betrunken. Er tanzt, mit einer Goldmedaille um den Kopf gebunden, im bunten Discolicht. Lukas Podolski lacht.
„Die Mannschaft“ ist viel Gefühlsduselei, alle deutschen Tore der WM, alle Paraden von Manuel Neuer in Zeitlupe, mit Geigen unterlegt, bei jedem Torschuss ein dumpfer Bass, bei jedem Tor der Sound vom Tornetz. Doch vor allem ist „Die Mannschaft“ das einfach gezeichnete Porträt einer Gruppe junger Menschen, die sich vor der Kamera gut verstehen. Ein Film, der Fans glücklich macht. Aber nicht mehr als das: Ein gut gelauntes Porträt von Deutschlands beliebtester Mannschaft.
Bereits 2006 hat der DFB die Nationalmannschaft während der Weltmeisterschaft im eigenen Land mit Kameras begleitet, Sommermärchen hieß es damals, Sönke Wortmann führte Regie. Viele Szenen ähneln sich: Die Nationalspieler beim Frühstück, auf der Massagebank, in der Kabine, angespannt vor dem Spiel, jubelnd danach. Der Film 2014, bei dem diesmal DFB-Mitarbeiter Regie führten, habe mehr Atmosphäre, mehr Nähe, es gebe mehr Einsichten hinter die Kulissen als vor acht Jahren, hat DFB-Teammanager Oliver Bierhoff vorab in der Bild am Sonntag versprochen. Doch es sind keine Eindrücke, die die Geschichte des Turniers in Brasilien umschreiben.
Es geht vor allem darum, sympathische Bilder der Helden zu produzieren, die am Montag alle einzeln neben Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Thomas de Maizière posierten. Nahbar sollen die Spieler wirken, und an einigen Stellen gelingt das auch, etwa wenn Müller, wenn man so will der Hauptdarsteller des Films, selbstironisch über seinen Freistoßtrick spricht, bei dem er im Achtelfinale gegen Algerien voller Absicht über die eigenen Füße gestolpert war. Doch dann sieht man nach Autogrammen kreischende Fans in Porto Seguro, von Sicherheitsleuten zurückgehalten. Nahbar waren die Spieler in erster Linie für den DFB-Mann mit der Kamera.
Kritische Töne fehlen, was nicht überrascht: Der Film ist eine Koproduktion von DFB und Weltverband Fifa. Dies gipfelt in einer Szene, die Kapitän Bastian Schweinsteiger zeigt, wie er morgens am Pool steht, die Arme wie zum Gebet zu einem Sonnengott nach oben gereckt, er sagt: „Obrigado Sepp Blatter.“ Er habe dem Fifa-Boss dafür gedankt, die WM nach Brasilien vergeben zu haben, erklärt er. Dass für diesen Wettbewerb Dörfer umgesiedelt und Proteste unterdrückt wurden? In Deutschland, sagt wieder Bierhoff aus dem Off, sei gar nicht rübergekommen, wie die deutsche Mannschaft in Brasilien angekommen sei, „wie wir mit Indianern getanzt haben“. Dazu laufen Bilder von Mertesacker und Podolski über die Leinwand: wie sie mit Pataxo-Indianern tanzen.
Es sind einfache Botschaften wie diese, die der Film vermittelt. Doch auch die Botschaft einer funktionierenden Mannschaft ist ja simpel, und genau um diese geht es. Das Campo Bahia und die Stimmung, die sich in sechs Wochen dort entwickelte, haben die Nationalspieler nicht umsonst immer wieder als den Schlüssel zu ihrem großen Erfolg beschrieben.
Dass Kapitän Philipp Lahm während des Turniers aus dem Mittelfeld in die Abwehr wechselte, galt als Streitpunkt. Es war aber keiner, sagt Lahm. Die beste Fußballmannschaft der Welt – wenn sie auf der Leinwand nicht gerade beim Fußballspielen gezeigt wird, dann wirkt sie wie eine Jugendgruppe im Ferienlager: Kevin Großkreutz liegt am Pool, Mario Götze und Toni Kroos spielen Tischtennis. Thomas Müller fragt den Trainer per handschriftlichem Brief, ob er zum Golfspielen darf.
Über Joachim Löw weiß man nachher, dass seine Stimme auch gepresst klingen kann, es ist ein ungewohnter Laut, den der Bundestrainer bei der Kabinenansprache vor dem Halbfinale gegen Brasilien von sich gibt, als er sagt: „Wir fighten, bis wir in Rio sind.“ Einmal sieht man Löw abends in seinem Zimmer, an der Wand hängt eine Taktiktafel, auf dem Tisch steht, was wie eine Bierflasche aussieht. Über das Finale in Rio, das Tor von Mario Götze, den Schlusspfiff, sagt er dann wieder in gewohnter Stimme: „Des isch amagischer Moment.“
Magische Momente: Momentaufnahmen einer Mannschaft, die sportlich Großartiges geleistet hat. Die holt der Film noch einmal zurück. Das Ende von „Die Mannschaft“ sind vier Augenblicke: Helmut Rahn 1954. Gerd Müller 1974. Andreas Brehme 1990. Mario Götze 2014. „Worte können das nicht beschreiben“, sagt Löw über die WM. Also hat sich der DFB ein Denkmal in schönen Bildern gesetzt.