Nachdem die Kompetenz vom Bund auf die Länder übertragen wurde, wird jetzt über die Einführung von Arbeitspflicht und Billiglöhne in Gefängnissen diskutiert
Strafen gibt es, seitdem es Menschen gibt. Gefängnisse gibt es noch nicht so lang: Dass Straftäter in Zuchthäusern untergebracht werden und dort arbeiten müssen, zählt zu den neueren Entwicklungen; erst seit gut vierhundert Jahren ist das so. Jüngst ist das deutsche Vollzugsrecht dabei, die Arbeitspflicht wieder infrage zu stellen. Seitdem die Kompetenz für die Gefängnisse vom Bund auf die Länder übertragen wurde, wird überlegt, ob aus der Pflicht nicht Freiwilligkeit werden sollte; zum einen, weil Zwangsarbeit verpönt ist (also aus progressiven Gesichtspunkten), zum anderen, weil man den Druck befürchtet, in Knast-Arbeitsplätze investieren zu müssen (also aus pragmatischen Gesichtspunkten).
In China längst verbreitet: Inhaftierte als Arbeitskräfte
Rotholz raspeln, Tüten kleben, Kabelbäume montieren, Turbinen bauen: Die Arbeiten im Knast sind anspruchsvoll geworden im Lauf der Zeit. Mittelständische Firmen lassen heute gern im Gefängnis arbeiten: Dort sind die Löhne billig, der Höchstlohn liegt bei knapp zwei Euro die Stunde; schlechte Bezahlung gilt als Teil der Strafe. Für die Gefangenen ist das besser als nichts, für die Firmen super: Das ist China in Deutschland. Unionsregierte Länder halten, geführt von Bayern, an diesen Usancen fest; SPD-regierte Länder, Schleswig-Holstein voran, wollen hin zu freiwilliger, besser bezahlter Arbeit.
Schlecht oder gar nicht bezahlte Knast-Arbeit ist ein Privileg der Neuzeit. Am Anfang war - das Loch. Das Nürnberger Loch war Gefängnis des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Löcher waren billig: Es genügten ein Haken und ein Strick, an dem Gefangene hinuntergelassen wurden. Zum Überleben taugte so ein Loch nicht. 'Vade in pace', sagte man vor der Falltür des Lochs im Kloster Sens, 'geh hin in Frieden'. Damit war der Fall erledigt. Das erste 'House of correction' wurde 1555 bei London eröffnet; 1595 das erste Arbeitshaus auf dem Kontinent, in Amsterdam. Calvinistischen Vorstellungen folgend sollte Vagabunden und Hochstaplern Zucht beigebracht werden: mit Arbeit und Prügeln, Gottesdienst und Unterricht. 'Erziehen und Bessern' hieß die Devise. Dieses System verbreitete sich in ganz Europa. Die Insassen sollten ihren Lebensunterhalt selbst verdienen - in der Tretmühle zum Beispiel, mit der Hanffasern zerstampft wurden. Die Arbeitsbedingungen waren oft grauenvoll. Aber: Das Arbeitshaus wurde Vorbild, Zuchthaus, Justizvollzugsanstalt. Statt der Prügel kamen Pädagogen und Psychologen. Die Resozialisierung hielt Einzug; und 'wirtschaftlich ergiebige Arbeit', wie es im Strafvollzugsgesetz des Bundes hieß, gehört zu den Hauptelementen der Resozialisierung: Arbeit strukturiert den Tag, auch in Haft; sie qualifiziert, sozialisiert.
Die Debatte darüber, ob es die Arbeitspflicht weiter geben soll, ist eine politische. In der Praxis ist es so, dass ohnehin nur gut die Hälfte der Häftlinge arbeiten kann. 'Arbeit und Qualifizierung', so die Zeitschrift Forum Strafvollzug sei 'in Haftanstalten Mangelware'. Der Strafrechtsprofessor Bernd Maelicke spricht sich daher für eine Arbeitspflicht aus - nicht weil das den Druck auf Gefangene, sondern auf Ministerien erhöht.
Notfalls, wenn keine andere Arbeit da ist, schreiben Gefangene halt, wie in Santa Fu, ein Kochbuch. Es heißt: 'Huhn in Handschellen'.
Strafen gibt es, seitdem es Menschen gibt. Gefängnisse gibt es noch nicht so lang: Dass Straftäter in Zuchthäusern untergebracht werden und dort arbeiten müssen, zählt zu den neueren Entwicklungen; erst seit gut vierhundert Jahren ist das so. Jüngst ist das deutsche Vollzugsrecht dabei, die Arbeitspflicht wieder infrage zu stellen. Seitdem die Kompetenz für die Gefängnisse vom Bund auf die Länder übertragen wurde, wird überlegt, ob aus der Pflicht nicht Freiwilligkeit werden sollte; zum einen, weil Zwangsarbeit verpönt ist (also aus progressiven Gesichtspunkten), zum anderen, weil man den Druck befürchtet, in Knast-Arbeitsplätze investieren zu müssen (also aus pragmatischen Gesichtspunkten).
In China längst verbreitet: Inhaftierte als Arbeitskräfte
Rotholz raspeln, Tüten kleben, Kabelbäume montieren, Turbinen bauen: Die Arbeiten im Knast sind anspruchsvoll geworden im Lauf der Zeit. Mittelständische Firmen lassen heute gern im Gefängnis arbeiten: Dort sind die Löhne billig, der Höchstlohn liegt bei knapp zwei Euro die Stunde; schlechte Bezahlung gilt als Teil der Strafe. Für die Gefangenen ist das besser als nichts, für die Firmen super: Das ist China in Deutschland. Unionsregierte Länder halten, geführt von Bayern, an diesen Usancen fest; SPD-regierte Länder, Schleswig-Holstein voran, wollen hin zu freiwilliger, besser bezahlter Arbeit.
Schlecht oder gar nicht bezahlte Knast-Arbeit ist ein Privileg der Neuzeit. Am Anfang war - das Loch. Das Nürnberger Loch war Gefängnis des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Löcher waren billig: Es genügten ein Haken und ein Strick, an dem Gefangene hinuntergelassen wurden. Zum Überleben taugte so ein Loch nicht. 'Vade in pace', sagte man vor der Falltür des Lochs im Kloster Sens, 'geh hin in Frieden'. Damit war der Fall erledigt. Das erste 'House of correction' wurde 1555 bei London eröffnet; 1595 das erste Arbeitshaus auf dem Kontinent, in Amsterdam. Calvinistischen Vorstellungen folgend sollte Vagabunden und Hochstaplern Zucht beigebracht werden: mit Arbeit und Prügeln, Gottesdienst und Unterricht. 'Erziehen und Bessern' hieß die Devise. Dieses System verbreitete sich in ganz Europa. Die Insassen sollten ihren Lebensunterhalt selbst verdienen - in der Tretmühle zum Beispiel, mit der Hanffasern zerstampft wurden. Die Arbeitsbedingungen waren oft grauenvoll. Aber: Das Arbeitshaus wurde Vorbild, Zuchthaus, Justizvollzugsanstalt. Statt der Prügel kamen Pädagogen und Psychologen. Die Resozialisierung hielt Einzug; und 'wirtschaftlich ergiebige Arbeit', wie es im Strafvollzugsgesetz des Bundes hieß, gehört zu den Hauptelementen der Resozialisierung: Arbeit strukturiert den Tag, auch in Haft; sie qualifiziert, sozialisiert.
Die Debatte darüber, ob es die Arbeitspflicht weiter geben soll, ist eine politische. In der Praxis ist es so, dass ohnehin nur gut die Hälfte der Häftlinge arbeiten kann. 'Arbeit und Qualifizierung', so die Zeitschrift Forum Strafvollzug sei 'in Haftanstalten Mangelware'. Der Strafrechtsprofessor Bernd Maelicke spricht sich daher für eine Arbeitspflicht aus - nicht weil das den Druck auf Gefangene, sondern auf Ministerien erhöht.
Notfalls, wenn keine andere Arbeit da ist, schreiben Gefangene halt, wie in Santa Fu, ein Kochbuch. Es heißt: 'Huhn in Handschellen'.