Als ihre Tochter neun Monate alt war und sie selbst 27 Jahre, entschied Stefanie Ebert, dass sie Lehrerin werden wollte. Sie engagierte eine Tagesmutter und begann zu studieren – immer zwischen 10 und 14 Uhr. In der Woche vor der Geburt ihres zweiten Kindes war Prüfungsphase an der Kölner Universität. Ebert, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hatte für die Klausuren gelernt und sagte sie trotzdem ab. Es bahnten sich Komplikationen bei der Geburt an. Im Wochenbett lag sie während der Semesterferien, glücklicherweise. Anschließend durfte sie nachschreiben. Ihre Professoren verstanden. Die Landesregierung tut das nicht.
Angehende Lehrer in auslaufenden Studiengängen stehen durch die Bologna-Reform unter Zeitdruck.
Nordrhein-Westfalen billigt Studenten von auslaufenden Studiengängen, die durch ihre Familie oder ihre Gesundheit besonders belastet sind, keinerlei Ausnahmen zu. Sie alle wüssten schließlich lange genug über die Umstellung der Hochschule auf Bachelor- und Masterabschlüsse Bescheid, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium von Svenja Schulze (SPD). Für Lehramtsstudenten wie Ebert, die sich derzeit noch um eines der letzten Staatsexamen bemühen, reichten Regelstudienzeit und vier zusätzliche Semester locker aus, sagt eine Ministeriumssprecherin: „Insoweit ist nicht von einer ausgleichsbedürftigen Härte auszugehen.“ Aus dem Schulministerium, das für die Lehrerausbildung mitverantwortlich ist, heißt es lediglich, man prüfe Ausnahmen für „eng begrenzte Sonderfälle“.
An der Freien Universität Berlin regelt man das ganz anders. Dort haben Studentenvertreter mit der Hochschulleitung einheitliche Härtefallregeln für Studenten aller auslaufenden Diplom- und Magisterstudiengänge vereinbart. Wer chronisch erkrankt ist, einen Angehörigen pflegt oder wie Stefanie Ebert Kinder betreut, darf die Abschlussprüfung aufschieben oder wiederholen. Wenn Ebert dagegen in Köln ihre Prüfung nicht schafft, dann hat sie umsonst studiert. Sie hat mittlerweile drei Kinder zur Welt gebracht, ihr fehlen noch zwei schriftliche und zwei mündliche Prüfungen und eine Examensarbeit. Dies alles muss sie vor Oktober 2015 schaffen, denn dann endet die allerletzte Frist, um sich für die Abschlussprüfung ihres Studiengangs anzumelden. Der Druck ist hoch. Wenn Ebert im kommenden Jahr versagt, bleibt ihr nur, sich in einen der neuen Bachelorstudiengänge einzuschreiben – und in vielen Bereichen wieder von vorn zu beginnen. Auf die finanzielle Sicherheit des Lehrerberufs müssten sie und ihre Familie dann noch lange warten.
In nahezu allen nordrhein-westfälischen Hochschulen laufen zurzeit alte Studiengänge aus und überall gibt es Probleme. Studentenvertreter aus Münster klagen über Zulassungsbeschränkungen, an denen Studenten, die in neue Studiengänge wechseln wollen, scheitern. Die Fachschaft Lehramt der Uni Paderborn hat Ministerin Schulze einen Brief geschrieben. Studierende mit Nebenjobs kämen während des neuerdings vorgeschriebenen Praxissemesters an Schulen in Einkommensnöte. Doch Schulze winkt ab: Praxisphasen ohne Vergütung seien „üblich“.
Während in Nordrhein-Westfalen die angehenden Lehrer so schnell wie möglich zu Bachelor-Studenten werden sollen, hat die sächsische Landesregierung die neuen Studiengänge vor zwei Jahren wieder abgeschafft. Die wichtigste Änderung, die das neue alte Staatsexamen in Sachsen mit sich brachte, waren kürzere Studienzeiten. So wirkt es als Maßnahme gegen den Lehrermangel im Land. Für die betroffenen Studenten vollzieht sich das Wechsel-Drama nun zum zweiten Mal, bloß umgekehrt.
Die Lehramtsstudenten, die es nicht schaffen, bis zum kommenden März ihre Bachelorarbeit einzureichen, haben keine Chance mehr auf Verlängerung. Sie müssen dann zur Staatsexamen-Laufbahn wechseln und verlören dadurch häufig ihren Anspruch auf Bafög-Leistungen, sagt der Referent für Lehramt des Studentinnenrats der Universität Leipzig, Christoph Genzel. Er spricht von „blanken Existenzängsten“, die Studierende ereilten. Die sächsische Landesregierung möchte dies wegen der aktuellen Kabinettsumbildung nicht kommentieren.
An der Uni Köln haben Studierende Ende Oktober sogar eine Vollversammlung zum Thema einberufen. Rund 7000 Pädagogikstudenten hätten ihr Staatsexamen noch nicht abgeschlossen, sagt Michael Schema vom Allgemeinen Studierendenausschuss. Angesichts des nahen Fristendes fürchteten viele von ihnen Geldnot und eine Verlängerung ihrer Studienzeit. Stefanie Ebert war nicht bei der Versammlung, dazu hatte sie keine Zeit. Ihr Leben ist seit fünf Jahren straff organisiert. Den Kleinsten, fünf Monate alt, nimmt sie jetzt mit zu Seminaren. „Ich habe so viel Kraft investiert“, sagt Ebert. Sie bräuchte nur ein oder zwei Semester mehr. Dann würde sie fertig werden.
Angehende Lehrer in auslaufenden Studiengängen stehen durch die Bologna-Reform unter Zeitdruck.
Nordrhein-Westfalen billigt Studenten von auslaufenden Studiengängen, die durch ihre Familie oder ihre Gesundheit besonders belastet sind, keinerlei Ausnahmen zu. Sie alle wüssten schließlich lange genug über die Umstellung der Hochschule auf Bachelor- und Masterabschlüsse Bescheid, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium von Svenja Schulze (SPD). Für Lehramtsstudenten wie Ebert, die sich derzeit noch um eines der letzten Staatsexamen bemühen, reichten Regelstudienzeit und vier zusätzliche Semester locker aus, sagt eine Ministeriumssprecherin: „Insoweit ist nicht von einer ausgleichsbedürftigen Härte auszugehen.“ Aus dem Schulministerium, das für die Lehrerausbildung mitverantwortlich ist, heißt es lediglich, man prüfe Ausnahmen für „eng begrenzte Sonderfälle“.
An der Freien Universität Berlin regelt man das ganz anders. Dort haben Studentenvertreter mit der Hochschulleitung einheitliche Härtefallregeln für Studenten aller auslaufenden Diplom- und Magisterstudiengänge vereinbart. Wer chronisch erkrankt ist, einen Angehörigen pflegt oder wie Stefanie Ebert Kinder betreut, darf die Abschlussprüfung aufschieben oder wiederholen. Wenn Ebert dagegen in Köln ihre Prüfung nicht schafft, dann hat sie umsonst studiert. Sie hat mittlerweile drei Kinder zur Welt gebracht, ihr fehlen noch zwei schriftliche und zwei mündliche Prüfungen und eine Examensarbeit. Dies alles muss sie vor Oktober 2015 schaffen, denn dann endet die allerletzte Frist, um sich für die Abschlussprüfung ihres Studiengangs anzumelden. Der Druck ist hoch. Wenn Ebert im kommenden Jahr versagt, bleibt ihr nur, sich in einen der neuen Bachelorstudiengänge einzuschreiben – und in vielen Bereichen wieder von vorn zu beginnen. Auf die finanzielle Sicherheit des Lehrerberufs müssten sie und ihre Familie dann noch lange warten.
In nahezu allen nordrhein-westfälischen Hochschulen laufen zurzeit alte Studiengänge aus und überall gibt es Probleme. Studentenvertreter aus Münster klagen über Zulassungsbeschränkungen, an denen Studenten, die in neue Studiengänge wechseln wollen, scheitern. Die Fachschaft Lehramt der Uni Paderborn hat Ministerin Schulze einen Brief geschrieben. Studierende mit Nebenjobs kämen während des neuerdings vorgeschriebenen Praxissemesters an Schulen in Einkommensnöte. Doch Schulze winkt ab: Praxisphasen ohne Vergütung seien „üblich“.
Während in Nordrhein-Westfalen die angehenden Lehrer so schnell wie möglich zu Bachelor-Studenten werden sollen, hat die sächsische Landesregierung die neuen Studiengänge vor zwei Jahren wieder abgeschafft. Die wichtigste Änderung, die das neue alte Staatsexamen in Sachsen mit sich brachte, waren kürzere Studienzeiten. So wirkt es als Maßnahme gegen den Lehrermangel im Land. Für die betroffenen Studenten vollzieht sich das Wechsel-Drama nun zum zweiten Mal, bloß umgekehrt.
Die Lehramtsstudenten, die es nicht schaffen, bis zum kommenden März ihre Bachelorarbeit einzureichen, haben keine Chance mehr auf Verlängerung. Sie müssen dann zur Staatsexamen-Laufbahn wechseln und verlören dadurch häufig ihren Anspruch auf Bafög-Leistungen, sagt der Referent für Lehramt des Studentinnenrats der Universität Leipzig, Christoph Genzel. Er spricht von „blanken Existenzängsten“, die Studierende ereilten. Die sächsische Landesregierung möchte dies wegen der aktuellen Kabinettsumbildung nicht kommentieren.
An der Uni Köln haben Studierende Ende Oktober sogar eine Vollversammlung zum Thema einberufen. Rund 7000 Pädagogikstudenten hätten ihr Staatsexamen noch nicht abgeschlossen, sagt Michael Schema vom Allgemeinen Studierendenausschuss. Angesichts des nahen Fristendes fürchteten viele von ihnen Geldnot und eine Verlängerung ihrer Studienzeit. Stefanie Ebert war nicht bei der Versammlung, dazu hatte sie keine Zeit. Ihr Leben ist seit fünf Jahren straff organisiert. Den Kleinsten, fünf Monate alt, nimmt sie jetzt mit zu Seminaren. „Ich habe so viel Kraft investiert“, sagt Ebert. Sie bräuchte nur ein oder zwei Semester mehr. Dann würde sie fertig werden.