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Report vom Boulevard

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Nach dem Abhörskandal in Großbritannien enthüllte Richter Brian Leveson die engen Verbindungen zwischen den Medien und der Politik. Seine Vorschläge zur Presseregulierung fallen trotzdem moderat aus

Die ersten Reaktionen klangen, als stünde das Ende der Pressefreiheit in Großbritannien unmittelbar bevor. 'Lordrichter Leveson hat die Einführung des ersten Pressegesetzes in Großbritannien seit dem 17. Jahrhundert empfohlen', verkündete der Guardian auf seiner Webseite, andere Blätter waren ähnlich alarmiert. Dabei hat der Richter Brian Leveson am Donnerstag viel moderatere Vorschläge zur Presseregulierung gemacht, als in der Branche erwartet worden war.



Ein erster Entwurf für die Presseregulierung: Der von Leveson veröffentlichte Report

Um 13.33 Uhr britischer Zeit war Leveson auf eine kleine Bühne im Queen-Elizabeth-Conference-Centre zu London getreten, um die Ergebnisse seiner umfangreichen Untersuchung zu präsentieren. Eine halbe Stunde sprach er, Fragen nahm er nicht entgegen. 'Der Report spricht für sich selbst', sagte er. Damit meinte er den 2000 Seiten umfassenden Abschlussbericht der von ihm geleiteten Untersuchung. Premier David Cameron hatte diese Untersuchung im Sommer 2011 ins Leben gerufen, nachdem bekannt geworden war, dass Mitarbeiter des Boulevardblatts News of the World (NotW) jahrelang die Telefone von Prominenten und von Opfern von Verbrechen angezapft hatten.

Nachdem der Guardian 2011 enthüllt hatte, dass die NotW das Telefon eines entführten Mädchens gehackt hatte, das später ermordet wurde, war die öffentliche Empörung in Großbritannien so groß, dass Cameron umfassende Aufklärung versprach - diese ging dann allerdings weiter, als es ihm lieb war. Leveson sagte am Donnerstag: 'Diese Untersuchung hat begonnen, weil das Telefon eines ermordeten Mädchen gehackt wurde. Sie hat sich ausgeweitet und das Verhalten der Presse und ihr Verhältnis zu Polizei und Politik beleuchtet.' Hunderte Zeugen traten auf, darunter viele Prominente, die erzählten, wie ihnen die Boulevardmedien zugesetzt hatten - darunter aber auch zum Beispiel die Eltern des ermordeten Mädchens, die auf bewegende Weise erzählten, wie die NotW sie belagert und belauert hat.

Zu einiger Berühmtheit gelangte der Anwalt Robert Jay, der die wichtigsten Zeugen vernahm. Er befragte Premier Cameron ebenso gelassen wie Rupert Murdoch, der zwei Tage lang Rede und Antwort stand. Dem damaligen Kulturminister Jeremy Hunt wies Jay nach, dass dessen engster Berater Hunderte Textnachrichten mit einem Lobbyisten Murdochs ausgetauscht hatte. Das war pikant, weil Hunt seinerzeit darüber zu entscheiden hatte, ob Murdoch den Fernsehkonzern BSkyB komplett übernehmen durfte. Den Premierminister befragte Jay zu dessen großer Nähe zu Rebekah Brooks, ehemals Chefredakteurin der Murdoch-Blätter NotW und The Sun und bis zur Enthüllung des Skandals für das komplette britische Zeitungsgeschäft Murdochs zuständig. Zum allgemeinen Amüsement kam heraus, dass Cameron seine SMS an Brooks mit 'lol' zeichnete, weil er glaubte, das hieße 'lots of love'. Schließlich erklärte ihm Brooks, dass die Abkürzung für 'laugh out loud' steht - laut auflachen. Die Untersuchung warf ein Licht auf die übergroße Nähe von manchen Medien und manchen Politikern im Königreich.

'Dies war die gründlichste Untersuchung der Presse, die dieses Land je gesehen hat', sagte Leveson am Donnerstag. Er wies darauf hin, dass es bereits die siebte von der Regierung angesetzte Untersuchung der Presse in weniger als 70 Jahren war, immer ging es darum, dass die Selbstregulierung der Presse nicht zu funktionieren schien. Derzeit reguliert die britische Presse sich selbst: Die sogenannte Press Complaints Commission, eine Beschwerdestelle, erwies sich jedoch zunehmend als toter Briefkasten. Zudem weigerten sich manche Blätter, jedweder Form von Regulierung zuzustimmen und beriefen sich auf die Freiheit der Rede. 'So konnte es nicht weitergehen', sagte Leveson, 'es braucht eine Veränderung.'

Der Richter hatte angekündigt, dass sein Bericht nicht wie die der vorherigen Untersuchungen im Wesentlichen folgenlos bleiben soll. Deshalb war mit großer Spannung erwartet worden, wie weit seine Vorschläge zur künftigen Regulierung der Presse gehen würden. Je nach Standpunkt wurde befürchtet oder erhofft, dass Leveson eine gesetzliche Grundlage empfehlen würde, die alle Zeitungen zwingt, sich den Regeln einer Regulierungsbehörde zu unterwerfen. Das hat er nicht getan. Trotzdem sind die Zeitungen nicht glücklich, was daran liegt, dass Leveson durchaus für massive Veränderungen plädiert.

Er schlägt die Einsetzung eines unabhängigen Rats vor, in dem weder Politiker noch Medienvertreter sitzen sollen. Dieser solle eine Kontrollfunktion haben und die Presse auch sanktionieren können - gemäß eines Verhaltenskodex, den die Presse selber aufstellen soll. Leveson will es nicht gesetzlich verpflichtend machen, dass Zeitungen den Kodex anerkennen, aber es müsse 'starke Anreize' geben. Der unabhängige Rat soll 'gesetzlich gestützt' sein. Was das genau bedeuten soll, wird nun in den Medien diskutiert. Leveson sagte, eine rechtliche Absicherung dürfe nur bedeuten, dass die Regierung zur Wahrung der Pressefreiheit verpflichtet ist.

Offen ist, was mit Zeitungen passiert, die den Kodex nicht anerkennen. Einerseits setzt Leveson wohl auf öffentlichen Druck, andererseits hat er vage angedeutet, dass die staatliche Medienaufsichtsbehörde Ofcom, die bisher nur für den Rundfunk zuständig ist, ins Spiel kommen könnte. Leveson sagte: 'Die entscheidende Frage bleibt: Wer bewacht die Wächter?' Mit genau dieser Frage hatte Leveson seine Untersuchung vor gut einem Jahr begonnen.

Nun ist es an Cameron, mit den Empfehlungen der von ihm eingesetzten Untersuchung umzugehen. In einer Stellungnahme im Parlament sagte er am Donnerstag, dass er die 'Leveson-Prinzipien' unterstütze. Dass es jedoch eine, wie auch immer geartete 'gesetzliche Stützung' der Presseregulierung geben solle, lehnte er ab - diesen Schritt halte er für gefährlich.

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