Zeitarbeit ist bei Autobauern beliebt - und bei Arbeitern wegen der ungleichen Bedingungen gefürchtet. Nun setzt sich Volkswagen härtere Standards als andere Hersteller: Bis Mitte 2013 soll die weltweite Leiharbeiter-Quote auf fünf Prozent sinken
Hamburg - Gleiche Arbeit, gleicher Takt, ungleicher Lohn: Für viele Leiharbeiter gehört dieser Dreiklang zum unangenehmen Job-Alltag. Vor allem die Autokonzerne nutzen Zeitarbeit intensiv - was nicht nur bei Gewerkschaften auf Unmut stößt. Jetzt hat sich Europas größter Hersteller Volkswagen verpflichtet, den Anteil der Leiharbeiter deutlich zu begrenzen. Spätestens von Mitte 2013 an dürfen nur noch fünf Prozent der Belegschaft Zeitarbeiter sein. Festgehalten ist das in einer 'Charta der Leiharbeit', die Vorstand und Betriebsrat am Freitag unterzeichneten.
Die Charta stelle 'angemessene Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen' für alle Zeitarbeiter sicher, versprach Konzernchef Martin Winterkorn. Als 'Meilenstein für die Gleichbehandlung' lobte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh die neuen Standards. Zeitarbeiter bei VW seien 'keine Beschäftigten zweiter Klasse'.
Das Besondere der Charta ist, dass sie in allen 99 Fertigungsstätten weltweit gelten soll. Damit betrifft sie auch Länder, die nur weiche oder gar keine Regeln zur Zeitarbeit haben. Die Vereinbarung sei 'bahnbrechend', betonte Hartmut Meine, Bezirksleiter der IG-Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. 'Volkswagen ist Vorreiter damit, solche Vorgaben auch im Ausland durchzusetzen.' Der Konzern aus Wolfsburg beschäftigt knapp 550000 Menschen rund um den Globus und gehört zu den größten deutschen Arbeitgebern.
Tatsächlich gehört die Charta zu den umfangreichsten Vorstößen zur Leiharbeit in der deutschen Automobil-Industrie - das zeigt der Branchenvergleich. So haben Konkurrenten wie Daimler und BMW zuletzt zwar Quoten für die Anteile der Zeitarbeiter erlassen. Doch diese sind weniger streng. Und sie gelten nur in Deutschland, nicht global. Bei BMW etwa regelt eine Betriebsvereinbarung die Zeitarbeit. Sie wird allerdings erst vom Jahr 2015 an voll greifen: 'Im Durchschnitt dürfen dann maximal acht Prozent der Belegschaft Leiharbeiter sein', sagt ein Sprecher. In vielen ausländischen BMW-Werken würden allerdings individuelle Regelungen gelten.
Bei Daimler in Stuttgart ist die Lage ähnlich: Dort wurde ebenfalls vereinbart, dass durchschnittlich nur noch acht Prozent Zeitarbeiter pro Standort beschäftigt sein dürfen. Einzelne Werke dürften diese Quote zeitweise überschreiten. Etwa wenn die Produktion eines neuen Pkw oder Lkw anläuft und Mehrarbeit anfällt. 'Diese Vereinbarung gilt seit 2004, und sie wurde kürzlich verlängert bis 2017', sagt ein Sprecher. Der schwäbische Autobauer beschäftigt hierzulande mehr als 4000 Leiharbeiter.
Bei Volkswagen hatte die Quote der bundesweiten Leiharbeiter im Frühjahr noch bei zehn Prozent gelegen, was viele in der Belegschaft verärgert hatte. Ende Mai hatten Management und Betriebsrat vereinbart, dass VW bis Mitte nächsten Jahres etwa 3000 Leiharbeiter im gesamten Konzern übernehmen wird. Die ersten 637 Leiharbeiter davon erhalten bis Jahresende einen festen Arbeitsvertrag im Stammwerk Wolfsburg. Für sie gilt bereits, was jetzt auch in der globalen Charta festgehalten ist: Alle VW-Leiharbeiter müssen künftig nach dem 36. Monat - also nach drei Jahren - eine unbefristete Stelle bekommen. Für die sechs deutschen VW-Werke gilt das schon länger. Zudem kann sich für hoch qualifizierte Leiharbeiter diese Frist zur Einstellung bis auf 18 Monate verkürzen. So ist es mit der IG Metall vereinbart. Damit stehen VW-Leiharbeiter besser da als anderswo: Bei BMW und Daimler gibt es keine zeitliche Begrenzung der Einsatzdauer. Allerdings werden auch dort regelmäßig Leiharbeiter übernommen.
In der deutschen Autoindustrie ist Zeitarbeit ein fester Bestandteil der Personalpolitik: Die Branche beschäftigt - so wird es geschätzt - mindestens 60000 Leiharbeiter. Zum Vergleich: Die Stammbelegschaft beläuft sich auf etwa 730000 Menschen. In den beiden vergangenen Jahren ist sowohl die Anzahl der Stammbelegschaften als auch die der Zeitverträge gestiegen. Die vielen befristeten Verträge dienten dazu, temporäre Nachfragespitzen und eine vorübergehende Ausdehnung der Kapazitäten abzudecken, argumentieren die Autobauer. Sie benutzen dafür gern das Bild der 'atmenden Fabrik'.
In der neuen VW-Charta ist ein weiteres Thema mit viel Sprengstoff festgehalten: die Forderung nach gleicher Bezahlung (Equal Pay). Bei Volkswagen sollen Leiharbeiter weltweit künftig spätestens ab dem 10. Monat dasselbe Grundentgelt beziehen wie Stammarbeiter. In Deutschland ist es bei VW bereits oft so, dass Zeitarbeiter anfangs ein niedrigeres Entgelt beziehen und dazu Aufschläge erhalten. BMW und Daimler sind - nach eigenen Angaben - großzügiger: Beide Firmensprecher betonten, dass Zeitarbeiter von Anfang an mit Tariflöhnen bezahlt würden. 'Ab dem ersten Monat wird das tarifliche Einstell-Entgelt gezahlt', sagte der Daimler-Sprecher.
Angesichts der angespannten Märkte fordert die IG Metall inzwischen von der Bundesregierung auch das Recht, Kurzarbeitergeld auf befristete Arbeitsverträge auszuweiten. 'Wir brauchen die Kurzarbeit auch für Leiharbeiter', verlangt IG-Metall-Chef Berthold Huber. Seine Sorge: Leiharbeiter könnten die Verlierer der Auto-Absatzkrise werden.
Hamburg - Gleiche Arbeit, gleicher Takt, ungleicher Lohn: Für viele Leiharbeiter gehört dieser Dreiklang zum unangenehmen Job-Alltag. Vor allem die Autokonzerne nutzen Zeitarbeit intensiv - was nicht nur bei Gewerkschaften auf Unmut stößt. Jetzt hat sich Europas größter Hersteller Volkswagen verpflichtet, den Anteil der Leiharbeiter deutlich zu begrenzen. Spätestens von Mitte 2013 an dürfen nur noch fünf Prozent der Belegschaft Zeitarbeiter sein. Festgehalten ist das in einer 'Charta der Leiharbeit', die Vorstand und Betriebsrat am Freitag unterzeichneten.
Die Charta stelle 'angemessene Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen' für alle Zeitarbeiter sicher, versprach Konzernchef Martin Winterkorn. Als 'Meilenstein für die Gleichbehandlung' lobte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh die neuen Standards. Zeitarbeiter bei VW seien 'keine Beschäftigten zweiter Klasse'.
Das Besondere der Charta ist, dass sie in allen 99 Fertigungsstätten weltweit gelten soll. Damit betrifft sie auch Länder, die nur weiche oder gar keine Regeln zur Zeitarbeit haben. Die Vereinbarung sei 'bahnbrechend', betonte Hartmut Meine, Bezirksleiter der IG-Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. 'Volkswagen ist Vorreiter damit, solche Vorgaben auch im Ausland durchzusetzen.' Der Konzern aus Wolfsburg beschäftigt knapp 550000 Menschen rund um den Globus und gehört zu den größten deutschen Arbeitgebern.
Tatsächlich gehört die Charta zu den umfangreichsten Vorstößen zur Leiharbeit in der deutschen Automobil-Industrie - das zeigt der Branchenvergleich. So haben Konkurrenten wie Daimler und BMW zuletzt zwar Quoten für die Anteile der Zeitarbeiter erlassen. Doch diese sind weniger streng. Und sie gelten nur in Deutschland, nicht global. Bei BMW etwa regelt eine Betriebsvereinbarung die Zeitarbeit. Sie wird allerdings erst vom Jahr 2015 an voll greifen: 'Im Durchschnitt dürfen dann maximal acht Prozent der Belegschaft Leiharbeiter sein', sagt ein Sprecher. In vielen ausländischen BMW-Werken würden allerdings individuelle Regelungen gelten.
Bei Daimler in Stuttgart ist die Lage ähnlich: Dort wurde ebenfalls vereinbart, dass durchschnittlich nur noch acht Prozent Zeitarbeiter pro Standort beschäftigt sein dürfen. Einzelne Werke dürften diese Quote zeitweise überschreiten. Etwa wenn die Produktion eines neuen Pkw oder Lkw anläuft und Mehrarbeit anfällt. 'Diese Vereinbarung gilt seit 2004, und sie wurde kürzlich verlängert bis 2017', sagt ein Sprecher. Der schwäbische Autobauer beschäftigt hierzulande mehr als 4000 Leiharbeiter.
Bei Volkswagen hatte die Quote der bundesweiten Leiharbeiter im Frühjahr noch bei zehn Prozent gelegen, was viele in der Belegschaft verärgert hatte. Ende Mai hatten Management und Betriebsrat vereinbart, dass VW bis Mitte nächsten Jahres etwa 3000 Leiharbeiter im gesamten Konzern übernehmen wird. Die ersten 637 Leiharbeiter davon erhalten bis Jahresende einen festen Arbeitsvertrag im Stammwerk Wolfsburg. Für sie gilt bereits, was jetzt auch in der globalen Charta festgehalten ist: Alle VW-Leiharbeiter müssen künftig nach dem 36. Monat - also nach drei Jahren - eine unbefristete Stelle bekommen. Für die sechs deutschen VW-Werke gilt das schon länger. Zudem kann sich für hoch qualifizierte Leiharbeiter diese Frist zur Einstellung bis auf 18 Monate verkürzen. So ist es mit der IG Metall vereinbart. Damit stehen VW-Leiharbeiter besser da als anderswo: Bei BMW und Daimler gibt es keine zeitliche Begrenzung der Einsatzdauer. Allerdings werden auch dort regelmäßig Leiharbeiter übernommen.
In der deutschen Autoindustrie ist Zeitarbeit ein fester Bestandteil der Personalpolitik: Die Branche beschäftigt - so wird es geschätzt - mindestens 60000 Leiharbeiter. Zum Vergleich: Die Stammbelegschaft beläuft sich auf etwa 730000 Menschen. In den beiden vergangenen Jahren ist sowohl die Anzahl der Stammbelegschaften als auch die der Zeitverträge gestiegen. Die vielen befristeten Verträge dienten dazu, temporäre Nachfragespitzen und eine vorübergehende Ausdehnung der Kapazitäten abzudecken, argumentieren die Autobauer. Sie benutzen dafür gern das Bild der 'atmenden Fabrik'.
In der neuen VW-Charta ist ein weiteres Thema mit viel Sprengstoff festgehalten: die Forderung nach gleicher Bezahlung (Equal Pay). Bei Volkswagen sollen Leiharbeiter weltweit künftig spätestens ab dem 10. Monat dasselbe Grundentgelt beziehen wie Stammarbeiter. In Deutschland ist es bei VW bereits oft so, dass Zeitarbeiter anfangs ein niedrigeres Entgelt beziehen und dazu Aufschläge erhalten. BMW und Daimler sind - nach eigenen Angaben - großzügiger: Beide Firmensprecher betonten, dass Zeitarbeiter von Anfang an mit Tariflöhnen bezahlt würden. 'Ab dem ersten Monat wird das tarifliche Einstell-Entgelt gezahlt', sagte der Daimler-Sprecher.
Angesichts der angespannten Märkte fordert die IG Metall inzwischen von der Bundesregierung auch das Recht, Kurzarbeitergeld auf befristete Arbeitsverträge auszuweiten. 'Wir brauchen die Kurzarbeit auch für Leiharbeiter', verlangt IG-Metall-Chef Berthold Huber. Seine Sorge: Leiharbeiter könnten die Verlierer der Auto-Absatzkrise werden.