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Garantie für Junge

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EU-Bürger unter 25 sollen Arbeit oder Weiterbildung erhalten. Mit einer Beschäftigungsgarantie will die Europäische Union die wachsende Jugendarbeitslosigkeit in Europa bekämpfen. Wie realistisch das Projekt sein kann, ist stark umstritten.

Brüssel - Angesichts der horrend steigender Zahlen beschäftigungsloser Jugendlicher strebt EU-Arbeitskommissar László Andor eine Beschäftigungsgarantie für Menschen unter 25 Jahren an. In einer Empfehlung, die Andor an diesem Mittwoch in Brüssel vorlegen will, wird den europäischen Regierungen nahegelegt, sogenannte Jugendgarantien abzugeben, wie sie in nordischen Ländern zum Teil schon seit Jahrzehnten existieren. Diese Garantien sehen aktive beschäftigungspolitische Maßnahmen vor. Sie zielen darauf, dass kein junger Mensch mehr als vier Monate ohne Job oder Weiterbildung bleibt. Nach dem Verlust eines Arbeitsplatzes oder dem Ende ihrer Ausbildung soll den Jugendlichen eine Stelle oder ein neuer Ausbildungsplatz angeboten werden, zumindest aber ein Praktikumsplatz.





Hintergrund dieser Empfehlung ist eine vor eineinhalb Monaten veröffentlichte Studie von Eurofound, der wissenschaftlichen Forschungsanstalt der Europäischen Union. Sie hatte die Zahl der jungen Menschen im Alter unter 25 Jahren, die weder einen Arbeitsplatz noch eine Ausbildungsplatz haben, auf 7,5 Millionen Menschen beziffert. Eurofound rechnete den volkswirtschaftlichen Verlust, den sich die Europäische Union dadurch leiste, auf 150 Milliarden Euro pro Jahr hoch. Das entspricht 1,2 Prozent der volkswirtschaftlichen Leistung der 27 EU-Länder. 'Wir laufen Gefahr, eine ganze Generation zu vergeuden', sagte Andor damals. Der Kommissar fügte hinzu, dass ein derartiges 'wirtschaftliches und soziales Desaster' verhindert werden müsse. 'Wir wissen, dass junge Menschen lernen und arbeiten und in ihrem Leben vorankommen wollen.'

Während sich ein Sprecher der Bundesregierung in Berlin zustimmend zu den Plänen Andors äußerte, schlug der Europaparlamentarier Herbert Reul (CDU/CSU) kritische Töne an. 'Eine EU-weite Arbeitsplatz- oder Beschäftigungsgarantie vorzuschlagen, ist völlig unrealistisch. Die EU-Kommission sollte lieber dafür sorgen, dass sie möglichst wirtschaftsfreundliche Gesetzgebung vorschlägt', sagte Reul. In der Tat kann die Europäische Union eine Garantie nicht anordnen, da ihr dafür die Kompetenzen fehlen. Ein Sprecher sagte, dass die Empfehlung rechtlich nicht bindend sei. Die Kommission wolle aber die Regierungen ermutigen, Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds zu nutzen.

Die rapide steigende Jugendarbeitslosigkeit gilt besonders in Südeuropa als das drängendste Krisenproblem überhaupt. In Spanien, wo die Quote bei 55,9 Prozent liegt, und Griechenland (57,0 Prozent) ist längst statistisch gesehen jeder Zweite der unter 25-Jährigen ohne Arbeit. Deutschland hat hingegen nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat eine Jugendarbeitslosigkeit von nur 8,1 Prozent.

Ebenfalls am Montag legte die Statistikbehörde eine weitere alarmierende Erhebung vor. So seien im vergangenen Jahr 120 Millionen Europäer von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht gewesen, teilte Eurostat mit. Dies entspreche 24 Prozent der europäischen Bevölkerung. Im Vorjahr habe der Anteil der armutsbedrohten Menschen in Europa noch bei 23,5 Prozent gelegen. Die schlimmste Lage sei in Bulgarien, Rumänien, Lettland, Litauen und Griechenland zu verzeichnen gewesen.


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