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Kümmerwuchs am Bosporus

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Sie ist das Vorzeigeprojekt der Bildungskooperation zwischen Deutschland und der Türkei: Vor etwas mehr als einem Jahr begann der Lehrbetrieb an der Türkisch-Deutschen Universität (TDU) in Istanbul. Ziel der mehrsprachigen Einrichtung, die von Berlin und Ankara gemeinsam ins Leben gerufen wurde, ist Absolventen hervorzubringen, „die sich in beiden Ländern gleichsam heimisch fühlen“, wie es Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) bei der Eröffnung der Hochschule sagte. Nun wird deutlich, dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist.



Bundesbildungsministerin Johanna Wanka und Halil Akkanat, Rektor der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul, bei einer Pressekonferenz. Gut ein Jahr nach Eröffnung der TDU fehlt es noch an Studenten und Dozenten.

Da sind zum einen die Studentenzahlen:Mittelfristig soll es nach dem Willen der Politik 5000 Studenten an der TDU geben, derzeit sind es lediglich 316. Während das interkulturelle Studienangebot vor allem von türkischen Schulabgängern genutzt wird, entscheiden sich nur wenige hiesige Absolventen für ein Studium an der TDU. Gegenwärtig kommt nur etwa jeder zehnte Student aus Deutschland, 35 sind es insgesamt. Das hat auch damit zu tun, dass deutsche Studenten – anders als ihre türkischen Kommilitonen – Studiengebühren zahlen müssen. Für ein Ingenieursstudium beispielsweise werden pro Jahr fast 850 Euro fällig. Umgekehrt beteiligt sich die Türkei deutlich stärker an der Finanzierung der Hochschule: Ankara stellt im laufenden Jahr 30 Millionen Euro zur Verfügung, Berlin vier Millionen Euro.

Eine zweite Baustelle betrifft den Lehr- und Forschungsauftrag der Uni: Nach einem Jahr sind nur drei von den fünf geplanten Fakultäten in Betrieb. An den Fachbereichen für Ingenieurswissenschaften, Jura sowie Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften finden bereits Lehrveranstaltungen statt, die Fakultäten für Naturwissenschaften sowie – ausgerechnet – für Kultur- und Sozialwissenschaften sind hingegen noch nicht in vollem Umfang aktiv. „Es gibt ein starkes türkisches Interesse vor allem an naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen. Aber gerade für das Verständnis und für die Kommunikation ist es von unserer Seite wichtig, dass das Spektrum breiter bleibt“, mahnte Ministerin Wanka in Berlin zum Abschluss des deutsch-türkischen Wissenschaftsjahres.

Schließlich fehlt der TDU zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlicht das Personal, um den geplanten Betrieb in vollem Umfang aufzunehmen: 74 Lehrkräfte sind derzeit an der Universität tätig, weitere 300 Stellen sind unbesetzt. Da die Kurse auf Deutsch und Türkisch sowie teilweise auf Englisch stattfinden, hat die TDU hohe Anforderungen an die Qualifikation ihrer Professoren. Die meisten fest angestellten Dozenten kommen aus der Türkei, aus Deutschland werden einige Professoren für Blockveranstaltungen eingeflogen – sie übernehmen auf diese Weise etwa 40Prozent der Lehre.

Aus Wirtschaftskreisen verlautete, dass fehlende Sprachkenntnisse allerdings nur ein Teil des Problems bei der Rekrutierung von Personal seien. Der zweite Grund: Da die TDU eine staatliche Hochschule ist, sind die Gehälter der Professoren gedeckelt. Ein Professor mit mehreren Jahren Berufserfahrung verdiene in der Türkei etwa 2200 Euro monatlich. An einer renommierten Privatuniversität jedoch könnten Top-Akademiker annähernd das Doppelte erwarten.


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