Das Hinterzimmer der Revolution liegt in einem vergammelten Bürogebäude in der Nähe des Baseballstadions von San Francisco. Ein paar Computer stehen herum, eine Biowerkbank und ein Industriekühlschrank. Aber Einrichtung wird generell überschätzt, das zeigen die Erfolgsgeschichten, die in den Garagen des Silicon Valley begannen.
Antony Evans fühlt sich sichtbar wohl hier, vor allem aber auf der richtigen Seite der Geschichte. Für den Mitgründer des Start-ups „Glowing Plant“ ist die Gentechnik-Debatte längst beendet, er gehört zur Bewegung der Biohacker, die Manipulationen von Organismen als logischen nächsten Zivilisationsschritt betrachten. „Als unser Projekt bekannt wurde, sind alle ausgeflippt“, erklärt Evans. „Davor haben alle Angst: Vor Kids, die in Garagen am Genom herumbasteln. Aber genau das passiert. Das ist die Vision, an die wir glauben.“ Der Brite klingt nicht einmal stolz, sondern vor allem überzeugt.
Die Natur (hier: roter Klatschmohn) sei nicht perfekt genug, sagen Vertreter der Biotech-Firma "Glowing Plant" im Silicon Valley. Hierbei soll Glühwürmchen-DNA in Pflanzen gespritzt und diese damit zum Leuchten gebracht werden.
Im Frühsommer 2013 rauschte Glowing Plant weltweit durch die Schlagzeilen: Evans und sein Partner Kyle Taylor kündigten an, Glühwürmchen-DNA über Bakterien in Pflanzen zu injizieren und diese so im Dunkeln zum Leuchten zu bringen. 65000 Dollar wollten sie dafür in einem Kickstarter-Crowdfunding einsammeln. Doch die Kampagne wurde so bekannt, dass es am Ende 484000 Dollar wurden.
Kickstarter hat seitdem Gentechnik-Projekte auf seiner Plattform verboten, und auch Wissenschaftler aus dem als „synthetische Biologie“ bekannten Fach übten Kritik an der Idee. „Das hat uns überrascht, denn unser Projekt hat das Potenzial, dieses Gebiet bekannt zu machen“, sagt Evans. In der Tat hat Glowing Plant das Phänomen der Do-it-yourself-Biologie (DIYbio) weltweit bekannt gemacht, jenen wachsenden Kreis von Amateur- und Profi-Biologen, die abseits der Konzernlabors und Universitäten Gentechnik betreiben.
Etwa 4000 Biohacker gibt es Schätzungen zufolge weltweit. Neben Wissenschaftlern rekrutiert sich ein beachtlicher Teil aus dem Umfeld der Tech-Branche. „Biologie ist Technologie“, heißt das Buch des Vordenkers Rob Carlson, das auch unter Software-Entwicklern viele Anhänger hat. Wenn die DNA eine Programmiersprache ist, so die Logik, lassen sich mit ihr Objekte und Prozesse basteln, die viele Probleme der Menschheit lösen könnten. Glowing Plants, was übersetzt leuchtende Pflanzen heißt, verspricht, Licht ohne elektrische Energie zu liefern, das als natürliche Straßenbeleuchtung dienen könnte.
Vor einigen Jahren hätten die Biohacker einen Science-Fiction-Roman über ihre Ideen schreiben können, weil die Ausrüstung für die Umsetzung viel zu teuer gewesen wäre. Doch inzwischen gibt es einen florierenden Gebrauchtmarkt für Biotech-Laborzubehör, günstige Geräte und die Möglichkeit, Experimente an spezialisierte Firmen auszulagern.
„Inzwischen lässt sich ein Bio-Start-up für sehr wenig Geld auf den Weg bringen“, sagt Arvind Gupta von der Investmentfirma SOS Ventures. „Heute kann man aus einer Idee für 100000 bis 150000 Dollar einen Prototypen bauen und testen.“ Gupta vergleicht die Entwicklung mit den ständig sinkenden Preisen für Computer und Server, die zu einer Explosion von Software-Start-ups geführt haben. Junge Wissenschaftler könnten deshalb nun auf eigene Faust Unternehmen gründen, weg vom Uni-Betrieb und den großen Pharma- und Biotech-Konzernen. SOS Ventures rechnet mit einer Start-up-Welle und hat deshalb als erste Firma im Valley mit „Indie–Bio“ ein Gründerprogramm gestartet, in dessen beste Teilnehmer das Risikokapital-Unternehmen investieren wird.
Dana Perls von der Umweltorganisation „Friends of the Earth“ beobachtet die Entwicklung mit jener Furcht, über die sich Antony Evans wundert: „Wir sehen gerade in der Gegend um San Francisco viele kleine Labore, in denen experimentiert wird“, sagt sie. „Das kann problematisch sein, weil es kaum Regeln für den Umgang mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen gibt. Wir wissen nicht, was wir tun, wenn sie in Umlauf kommen. Es gibt keine Langzeitstudien zu den Risiken für die Biosysteme, nichts.“
Was in den USA nicht verboten ist, gilt erst einmal als erlaubt. „Die Behörden haben ein Auge auf uns, aber am Ende regulieren sie das Produkt, nicht den Prozess“, sagt Glowing-Plant-Mann Evans. Leuchtende Pflanzen bedürfen keiner Zulassung – so darf die Neugründung sie nicht nur mit Hilfe der Gentechnik züchten, sondern auch die Samen an die Crowdfunding-Unterstützer im ganzen Land verschicken.
In Europa ist selbst die Eröffnung eines Labors an strenge Bedingungen geknüpft, die gentechnisch veränderten Samen müssen einen langwierigen Zulassungsprozess durchlaufen. Ein Fehler, sagt der Brite Evans, denn so verpasse Europa, von seiner Grundlagenforschung ökonomischen Wert abzuschöpfen. Ein Mindestmaß an Regulierung sei nötig, findet dagegen Dana Perls, weil man Gentechnik nicht ohne sorgfältige Prüfung in Umlauf bringen dürfe. Allerdings setzen sich Lebensmittel, Biotech- und Chemie-Branche in Washington mit viel Geld dafür ein, den Einsatz von Gentechnik nicht unnötig zu erschweren.
Die glühenden Pflanzen von der unauffälligen Blumensorte Ackerschmalwand stehen noch im Labor. In den kommenden Wochen sollen die Samen verschickt werden. Ob sie wirklich leuchten, ist im künstlichen Licht nicht zu erkennen. Das Labor gehört zu Cambrian Genomics, ein Start-up, das nichts weniger als einen „3-D-Drucker für lebendige Dinge“, in der Praxis eine Lasermaschine zur Massenproduktion von DNS-Sequenzen. Cambrian-Gründer Austen Heinz sagte vor Kurzem auf einer Konferenz in Wien einige bemerkenswerte Sätze: Zum Beispiel: „Alles, was lebt, ist nicht optimal. Es kann verbessert werden“, oder: „Es ist doch offensichtlich, dass irgendwann einmal jeder Mensch an einem Computer entworfen wird.“ Sie finde solche Äußerungen verstörend, sagt Umweltschützerin Perls. Natürlich müsse man über die Ethik in der synthetischen Biologie diskutieren, sagt Investor Gupa. Es ist höchste Zeit.
Antony Evans fühlt sich sichtbar wohl hier, vor allem aber auf der richtigen Seite der Geschichte. Für den Mitgründer des Start-ups „Glowing Plant“ ist die Gentechnik-Debatte längst beendet, er gehört zur Bewegung der Biohacker, die Manipulationen von Organismen als logischen nächsten Zivilisationsschritt betrachten. „Als unser Projekt bekannt wurde, sind alle ausgeflippt“, erklärt Evans. „Davor haben alle Angst: Vor Kids, die in Garagen am Genom herumbasteln. Aber genau das passiert. Das ist die Vision, an die wir glauben.“ Der Brite klingt nicht einmal stolz, sondern vor allem überzeugt.
Die Natur (hier: roter Klatschmohn) sei nicht perfekt genug, sagen Vertreter der Biotech-Firma "Glowing Plant" im Silicon Valley. Hierbei soll Glühwürmchen-DNA in Pflanzen gespritzt und diese damit zum Leuchten gebracht werden.
Im Frühsommer 2013 rauschte Glowing Plant weltweit durch die Schlagzeilen: Evans und sein Partner Kyle Taylor kündigten an, Glühwürmchen-DNA über Bakterien in Pflanzen zu injizieren und diese so im Dunkeln zum Leuchten zu bringen. 65000 Dollar wollten sie dafür in einem Kickstarter-Crowdfunding einsammeln. Doch die Kampagne wurde so bekannt, dass es am Ende 484000 Dollar wurden.
Kickstarter hat seitdem Gentechnik-Projekte auf seiner Plattform verboten, und auch Wissenschaftler aus dem als „synthetische Biologie“ bekannten Fach übten Kritik an der Idee. „Das hat uns überrascht, denn unser Projekt hat das Potenzial, dieses Gebiet bekannt zu machen“, sagt Evans. In der Tat hat Glowing Plant das Phänomen der Do-it-yourself-Biologie (DIYbio) weltweit bekannt gemacht, jenen wachsenden Kreis von Amateur- und Profi-Biologen, die abseits der Konzernlabors und Universitäten Gentechnik betreiben.
Etwa 4000 Biohacker gibt es Schätzungen zufolge weltweit. Neben Wissenschaftlern rekrutiert sich ein beachtlicher Teil aus dem Umfeld der Tech-Branche. „Biologie ist Technologie“, heißt das Buch des Vordenkers Rob Carlson, das auch unter Software-Entwicklern viele Anhänger hat. Wenn die DNA eine Programmiersprache ist, so die Logik, lassen sich mit ihr Objekte und Prozesse basteln, die viele Probleme der Menschheit lösen könnten. Glowing Plants, was übersetzt leuchtende Pflanzen heißt, verspricht, Licht ohne elektrische Energie zu liefern, das als natürliche Straßenbeleuchtung dienen könnte.
Vor einigen Jahren hätten die Biohacker einen Science-Fiction-Roman über ihre Ideen schreiben können, weil die Ausrüstung für die Umsetzung viel zu teuer gewesen wäre. Doch inzwischen gibt es einen florierenden Gebrauchtmarkt für Biotech-Laborzubehör, günstige Geräte und die Möglichkeit, Experimente an spezialisierte Firmen auszulagern.
„Inzwischen lässt sich ein Bio-Start-up für sehr wenig Geld auf den Weg bringen“, sagt Arvind Gupta von der Investmentfirma SOS Ventures. „Heute kann man aus einer Idee für 100000 bis 150000 Dollar einen Prototypen bauen und testen.“ Gupta vergleicht die Entwicklung mit den ständig sinkenden Preisen für Computer und Server, die zu einer Explosion von Software-Start-ups geführt haben. Junge Wissenschaftler könnten deshalb nun auf eigene Faust Unternehmen gründen, weg vom Uni-Betrieb und den großen Pharma- und Biotech-Konzernen. SOS Ventures rechnet mit einer Start-up-Welle und hat deshalb als erste Firma im Valley mit „Indie–Bio“ ein Gründerprogramm gestartet, in dessen beste Teilnehmer das Risikokapital-Unternehmen investieren wird.
Dana Perls von der Umweltorganisation „Friends of the Earth“ beobachtet die Entwicklung mit jener Furcht, über die sich Antony Evans wundert: „Wir sehen gerade in der Gegend um San Francisco viele kleine Labore, in denen experimentiert wird“, sagt sie. „Das kann problematisch sein, weil es kaum Regeln für den Umgang mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen gibt. Wir wissen nicht, was wir tun, wenn sie in Umlauf kommen. Es gibt keine Langzeitstudien zu den Risiken für die Biosysteme, nichts.“
Was in den USA nicht verboten ist, gilt erst einmal als erlaubt. „Die Behörden haben ein Auge auf uns, aber am Ende regulieren sie das Produkt, nicht den Prozess“, sagt Glowing-Plant-Mann Evans. Leuchtende Pflanzen bedürfen keiner Zulassung – so darf die Neugründung sie nicht nur mit Hilfe der Gentechnik züchten, sondern auch die Samen an die Crowdfunding-Unterstützer im ganzen Land verschicken.
In Europa ist selbst die Eröffnung eines Labors an strenge Bedingungen geknüpft, die gentechnisch veränderten Samen müssen einen langwierigen Zulassungsprozess durchlaufen. Ein Fehler, sagt der Brite Evans, denn so verpasse Europa, von seiner Grundlagenforschung ökonomischen Wert abzuschöpfen. Ein Mindestmaß an Regulierung sei nötig, findet dagegen Dana Perls, weil man Gentechnik nicht ohne sorgfältige Prüfung in Umlauf bringen dürfe. Allerdings setzen sich Lebensmittel, Biotech- und Chemie-Branche in Washington mit viel Geld dafür ein, den Einsatz von Gentechnik nicht unnötig zu erschweren.
Die glühenden Pflanzen von der unauffälligen Blumensorte Ackerschmalwand stehen noch im Labor. In den kommenden Wochen sollen die Samen verschickt werden. Ob sie wirklich leuchten, ist im künstlichen Licht nicht zu erkennen. Das Labor gehört zu Cambrian Genomics, ein Start-up, das nichts weniger als einen „3-D-Drucker für lebendige Dinge“, in der Praxis eine Lasermaschine zur Massenproduktion von DNS-Sequenzen. Cambrian-Gründer Austen Heinz sagte vor Kurzem auf einer Konferenz in Wien einige bemerkenswerte Sätze: Zum Beispiel: „Alles, was lebt, ist nicht optimal. Es kann verbessert werden“, oder: „Es ist doch offensichtlich, dass irgendwann einmal jeder Mensch an einem Computer entworfen wird.“ Sie finde solche Äußerungen verstörend, sagt Umweltschützerin Perls. Natürlich müsse man über die Ethik in der synthetischen Biologie diskutieren, sagt Investor Gupa. Es ist höchste Zeit.