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Der Griechen-Poker

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Der öffentlich zuvorkommend auftretende Jean-Claude Trichet gab sich am 19.November2010 keine Mühe, seine Drohung in diplomatische Worte zu packen. In seinem Brief an Irlands Regierung knüpfte der damalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) die Gewährung weiterer finanzieller Nothilfen an die Bedingung, dass Dublin ein Anpassungsprogramm umsetze. „Nur wenn wir diesbezüglich eine schriftliche Zusage der irischen Regierung erhalten“, schrieb Trichet, „können wir weitere Nothilfen für den irischen Finanzsektor genehmigen“. Die Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht, die Iren mussten nachgeben, da sie ohne Hilfe der EZB direkt in die Staatspleite gerutscht wären.



Griechenlands Finanzminister Varoufakis hat sich mit EZB-Chef Draghi getroffen - jetzt geht es um eine nachhaltige Einigung für Griechenland.

Inzwischen werden keine Briefe mehr geschrieben. Der amtierende EZB-Präsident Mario Draghi trug dem neuen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis bei seinem ersten Treffen mündlich vor, dass die EZB eine Einigung Griechenlands mit der Euro-Gruppe auf ein Anpassungsprogramm verlangt. Ansonsten könne man das griechische Finanzsystem nicht mehr refinanzieren.

Die Frage, ob, und falls ja, wann Draghi tatsächlich den Stecker für Griechenland ziehen könnte, wird nicht sofort beantwortet werden. Noch beteiligt sich die Notenbank an den technischen Gesprächen mit den griechischen Regierungsvertretern; und auch an der von den anderen Kreditgebern Athens, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Euro-Gruppe, beauftragten Expertengruppe um eine Fortführung der Finanzhilfen für Griechenland.

Ob den technischen Gesprächen, die an diesem Wochenende in Brüssel stattfanden, aber überhaupt konkrete Verhandlungen folgen, stand am Sonntagabend vollständig in den Sternen. Die griechischen Unterhändler „scheinen auf einem anderen Planeten zu leben“, sagte ein hoher EU-Diplomat in Brüssel. Die Chancen, auf dem für diesen Montag angesetzten Treffen der Euro-Finanzminister eine Vereinbarung über die weitere finanzielle Zusammenarbeit zu unterzeichnen, seien „sehr, sehr gering“. Die griechischen Vertreter hätten es auch über das Wochenende nicht geschafft, harte Daten und Fakten vorzulegen, auf Basis deren konkrete Verhandlungen beginnen könnten. Athen braucht bis zum Sommer einen zweistelligen Milliardenbetrag, um Zahlungsforderungen zu erfüllen.

In Athen wurde am Abend ein Regierungspapier bekannt, wonach „Menschen keine Zahlen“ seien. Zugleich hieß es, auf dem Treffen der Euro-Finanzminister werde, wenn überhaupt, eine „Vereinbarung politischer, aber nicht ökonomischer Natur“ unterzeichnet. In Brüssel hieß es daraufhin, die Vorstellungen auf beiden Seiten seien „sehr unterschiedlich“.

Am Sonntagnachmittag bat Premierminister Alexis Tsipras um ein telefonisches Gespräch mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Juncker hatte bereits in den vergangenen Tagen versucht, zwischen den Euro-Partnern und der neuen griechischen Regierung zu vermitteln. EU-Diplomaten werteten das Gespräch als „letzten Versuch“, das Treffen am Montag noch zu retten.

Ursprünglich sollten die technischen Experten beider Seiten am Wochenende die Forderungen der Kreditgeber und von Griechenland schriftlich zu fixieren – und damit eine strukturierte Grundlage für das Treffen der Finanzminister aus den 19 Euro-Ländern vorzubereiten. An diesem Montag von 15 Uhr an wollen die Ressortchefs versuchen, sich auf die weitere Zusammenarbeit zu verständigen.

Dass sich die Experten überhaupt zu „technischen Gesprächen“ trafen, ist einem Einlenken der Euro-Partner zu verdanken. Einerseits semantisch: Das verhasste Wort „Troika“ steht seit Freitag auf einer Art inoffiziellen Sanktionsliste – und wird nicht mehr verwendet. Stattdessen sprechen beide Seiten nur noch von den „Institutionen“ der Kreditgeber. Auch das Wort „Verlängerung“ steht auf der Sanktionsliste. An der Forderung der Euro-Partner an Athen, eine Verlängerung des bestehenden Anpassungsprogramms zu beantragen, scheiterte vergangene Woche die Unterschrift unter die Absichtserklärung zur weiteren Zusammenarbeit. Premierminister Tsipras und Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem einigten sich später auf eine Erklärung, in der keine Rede mehr von einer Verlängerung ist.

Dieses zweite Zugeständnis ist nicht semantisch, sondern auch inhaltlich. In Athen und in Brüssel verlautete, dass eine Verlängerung des bestehenden Programms „nicht entscheidend“ für weitere Finanzhilfen sei. Ein Plan Bsei denkbar: dass beide Seiten eine neue Finanzierung aushandeln, ebenfalls unter strengen Auflagen. Ob die noch im laufenden Anpassungsprogramm vorhandenen und nicht genutzten Kredite in die neue Finanzierung übernommen werden können, ist bisher offen. Einige Euro-Länder sind dagegen, andere verhandlungsbereit.

Auch Draghi wird am Montag in Brüssel dabei sein. Die EZB hat Griechenland die sogenannte Emergency Liquidity Assistance (ELA) bewilligt, zunächst 65 Milliarden Euro. Das wird nicht reichen. Viele Griechen räumen ihre Konten. Athen steht unter Druck: Wenn Draghi den Geldhahn zudreht, ist die Pleite da.

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