Premier Netanjahu ist nach Berlin gekommen, um zu zeigen, dass Israel noch Freunde hat - trotz des Streits um die Statusaufwertung Palästinas.
Berlin - Sie könnte es jetzt weglassen. Oder ein bisschen anders formulieren. Angela Merkel könnte sagen, dass die Sicherheit Israels Deutschland ein zentrales Anliegen sei. 'Ich habe in dem Gespräch noch einmal deutlich gemacht,' verkündet die Kanzlerin stattdessen, 'dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson ist'. Für Merkel ist das im Wortsinne eine stehende Wendung geworden. Sie will während dieser Pressekonferenz mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nichts relativieren und nichts zurücknehmen - weder Solidarität noch Kritik.
Merkel und Netanjahu bei den Regierungskonsultationen
Solche Pressekonferenzen stehen, zumal wenn es gekracht hat zwischen Regierungen, unter dem Verdacht, das wirklich Besprochene nur dosiert zu verabreichen, in Häppchen, an denen sich keine Seite verschluckt. Da mag etwas dran sein, aber das Eigentliche ereignet sich diesmal trotzdem nicht beim Abendessen und der schon traditionellen Perlhuhnbrust. Das Eigentliche bei diesen deutsch-israelischen Regierungskonsultationen ist die öffentliche Inszenierung von Nähe und Distanz. Es treten auf die standhafte Merkel - und ein Netanjahu in einer ganz anderen Rolle.
Als die Kanzlerin ihre Ausführungen zur Staatsräson untermauert mit der Feststellung, dass Israel jüngst 'durch die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen doch in arge Bedrängnis gebracht wurde', nickt der Premierminister. Es ist dies der Beginn einer ganzen Serie des Nickens. Die Kanzlerin spricht von Ursache und Wirkung im Gaza-Krieg. Netanjahu nickt. Sie spricht von der Freundschaft zur einzigen Demokratie im Nahen Osten. Und sie spricht vom Bewusstsein für die Verantwortung nach der Shoah, dem deutschen Völkermord an den Juden. Netanjahu nickt. Später am Tag wird er die Erinnerungsstätte 'Gleis 17' in Grunewald besuchen, die an die Deportation der Berliner Juden in die NS-Vernichtungslager erinnert.
Netanjahu, den im Januar zu Hause Parlamentswahlen erwarten, ist nicht nach Berlin gekommen, um einen Streit zu zelebrieren. Er ist gekommen, um zu zeigen, dass Israel noch Freunde hat, trotz des Streits über die Statusaufwertung Palästinas bei den Vereinten Nationen und die neuen israelischen Siedlungspläne, von denen er behauptet, dass sie gar nicht neu seien. Drei Stunden saßen Merkel und Netanjahu am Mittwoch beim Abendessen zusammen, in allein einer davon ging es um die Bauvorhaben. Am nächsten Tag, beim Mittagessen im großen Kreis wird Netanjahu in seiner Tischrede die Konversation mit Merkel loben als die 'intellektuell anregendste der letzten Zeit'.
Während der Pressekonferenz sagt Merkel: 'Wir wollen, dass es einen jüdischen Staat Israel gibt und einen palästinensischen Staat.' Nötig seien Verhandlungen, 'einseitige Maßnahmen' seien zu vermeiden. 'Das führt dann auch dazu, dass in der Frage der Siedlungsfragen, dass wir uns einig sind, dass wir uns nicht einig sind', folgert sie. Ausgerechnet an dieser Stelle nickt Netanjahu nicht. Netanjahu selber spricht von 'vielen Übereinstimmungen'. Dazu macht er eine auslandende Handbewegung. Und von 'kleinen Meinungsverschiedenheiten'. Dazu präsentiert er zwei Finger, zwischen denen kaum Raum bleibt für richtigen Streit.
Er wisse zu schätzen, sagt Netanjahu, 'wie viel Zeit du in die Stärkung dieser Freundschaft, dieser Partnerschaft investierst', sagt er. Und: 'Diese Gelegenheit möchte ich nutzen, um absolut deutlich zu machen, dass ich keinen Zweifel, überhaupt keinen Zweifel hege, wie tief deine Verpflichtung gegenüber der Sicherheit und dem Wohlergehen des Staates Israel ist.' Gerade weil Netanjahu sich so sehr um Merkel bemüht, fällt auf, wie wenig sie sich um ihn bemüht. Wenn sie sagt, 'dass es ein breites, tiefes, gemeinsames Anliegen gibt, dass unsere beiden Länder freundschaftlich, intensiv gut und nachhaltig zusammenarbeiten', dann geht es um die Freundschaft zu Israel und nicht um eine zu Netanjahu. Und wenn der Premier spricht, nickt sie nicht. Zumeist schaut sie geradeaus, gelegentlich auch mal rüber zu den Damen, die aus dem Englischen und Hebräischen übersetzen.
Seiner Ankunft in Berlin hatte Netanjahu ein Interview vorausgeschickt, in dem er sich enttäuscht geäußert hatte über die deutsche Enthaltung bei der Palästina-Abstimmung der Vereinten Nationen. Die Kanzlerin habe wohl gedacht, damit den Frieden zu befördern, tatsächlich aber sei das Gegenteil eingetreten. Darauf angesprochen, versichert Netanjahu dann noch einmal, dass er an der Haltung der Kanzlerin zu Israel 'keinerlei Zweifel' hege. Seine Strategie ist es, die ganze Kritik aus Europa an seiner Regierung als eine Art Missverständnis darzustellen. 'Die meisten Europäer glauben, dass die Wurzel des Konflikts die Siedlungspolitik Israels ist', sagt er. Die Siedlungsfrage müsse tatsächlich im Laufe von Verhandlungen gelöst werden. Sie sei 'aber nicht die Wurzel des Konflikts. Dieser Konflikt geht zurück auf eine Zeit, lange bevor es Siedlungen gab'.
Deutschland könne nur Ratschläge geben, erläutert die Kanzlerin etwas resigniert, Israel sei ein souveränes Land. Sie versucht gar nicht mehr, so etwas wie Hoffnung zu wecken. Am Ende bleibt von den Konsultationen eine achtseitige 'gemeinsame Regierungserklärung', in der viel von Innovation, Bildung und Nachhaltigkeit die Rede ist. Von Dingen eben, bei denen man etwas voranbringen kann. Ganz am Ende enthält das Papier ein Versprechen. Man wolle sich wieder treffen. 'Nächstes Jahr in Jerusalem.'
Berlin - Sie könnte es jetzt weglassen. Oder ein bisschen anders formulieren. Angela Merkel könnte sagen, dass die Sicherheit Israels Deutschland ein zentrales Anliegen sei. 'Ich habe in dem Gespräch noch einmal deutlich gemacht,' verkündet die Kanzlerin stattdessen, 'dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson ist'. Für Merkel ist das im Wortsinne eine stehende Wendung geworden. Sie will während dieser Pressekonferenz mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nichts relativieren und nichts zurücknehmen - weder Solidarität noch Kritik.
Merkel und Netanjahu bei den Regierungskonsultationen
Solche Pressekonferenzen stehen, zumal wenn es gekracht hat zwischen Regierungen, unter dem Verdacht, das wirklich Besprochene nur dosiert zu verabreichen, in Häppchen, an denen sich keine Seite verschluckt. Da mag etwas dran sein, aber das Eigentliche ereignet sich diesmal trotzdem nicht beim Abendessen und der schon traditionellen Perlhuhnbrust. Das Eigentliche bei diesen deutsch-israelischen Regierungskonsultationen ist die öffentliche Inszenierung von Nähe und Distanz. Es treten auf die standhafte Merkel - und ein Netanjahu in einer ganz anderen Rolle.
Als die Kanzlerin ihre Ausführungen zur Staatsräson untermauert mit der Feststellung, dass Israel jüngst 'durch die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen doch in arge Bedrängnis gebracht wurde', nickt der Premierminister. Es ist dies der Beginn einer ganzen Serie des Nickens. Die Kanzlerin spricht von Ursache und Wirkung im Gaza-Krieg. Netanjahu nickt. Sie spricht von der Freundschaft zur einzigen Demokratie im Nahen Osten. Und sie spricht vom Bewusstsein für die Verantwortung nach der Shoah, dem deutschen Völkermord an den Juden. Netanjahu nickt. Später am Tag wird er die Erinnerungsstätte 'Gleis 17' in Grunewald besuchen, die an die Deportation der Berliner Juden in die NS-Vernichtungslager erinnert.
Netanjahu, den im Januar zu Hause Parlamentswahlen erwarten, ist nicht nach Berlin gekommen, um einen Streit zu zelebrieren. Er ist gekommen, um zu zeigen, dass Israel noch Freunde hat, trotz des Streits über die Statusaufwertung Palästinas bei den Vereinten Nationen und die neuen israelischen Siedlungspläne, von denen er behauptet, dass sie gar nicht neu seien. Drei Stunden saßen Merkel und Netanjahu am Mittwoch beim Abendessen zusammen, in allein einer davon ging es um die Bauvorhaben. Am nächsten Tag, beim Mittagessen im großen Kreis wird Netanjahu in seiner Tischrede die Konversation mit Merkel loben als die 'intellektuell anregendste der letzten Zeit'.
Während der Pressekonferenz sagt Merkel: 'Wir wollen, dass es einen jüdischen Staat Israel gibt und einen palästinensischen Staat.' Nötig seien Verhandlungen, 'einseitige Maßnahmen' seien zu vermeiden. 'Das führt dann auch dazu, dass in der Frage der Siedlungsfragen, dass wir uns einig sind, dass wir uns nicht einig sind', folgert sie. Ausgerechnet an dieser Stelle nickt Netanjahu nicht. Netanjahu selber spricht von 'vielen Übereinstimmungen'. Dazu macht er eine auslandende Handbewegung. Und von 'kleinen Meinungsverschiedenheiten'. Dazu präsentiert er zwei Finger, zwischen denen kaum Raum bleibt für richtigen Streit.
Er wisse zu schätzen, sagt Netanjahu, 'wie viel Zeit du in die Stärkung dieser Freundschaft, dieser Partnerschaft investierst', sagt er. Und: 'Diese Gelegenheit möchte ich nutzen, um absolut deutlich zu machen, dass ich keinen Zweifel, überhaupt keinen Zweifel hege, wie tief deine Verpflichtung gegenüber der Sicherheit und dem Wohlergehen des Staates Israel ist.' Gerade weil Netanjahu sich so sehr um Merkel bemüht, fällt auf, wie wenig sie sich um ihn bemüht. Wenn sie sagt, 'dass es ein breites, tiefes, gemeinsames Anliegen gibt, dass unsere beiden Länder freundschaftlich, intensiv gut und nachhaltig zusammenarbeiten', dann geht es um die Freundschaft zu Israel und nicht um eine zu Netanjahu. Und wenn der Premier spricht, nickt sie nicht. Zumeist schaut sie geradeaus, gelegentlich auch mal rüber zu den Damen, die aus dem Englischen und Hebräischen übersetzen.
Seiner Ankunft in Berlin hatte Netanjahu ein Interview vorausgeschickt, in dem er sich enttäuscht geäußert hatte über die deutsche Enthaltung bei der Palästina-Abstimmung der Vereinten Nationen. Die Kanzlerin habe wohl gedacht, damit den Frieden zu befördern, tatsächlich aber sei das Gegenteil eingetreten. Darauf angesprochen, versichert Netanjahu dann noch einmal, dass er an der Haltung der Kanzlerin zu Israel 'keinerlei Zweifel' hege. Seine Strategie ist es, die ganze Kritik aus Europa an seiner Regierung als eine Art Missverständnis darzustellen. 'Die meisten Europäer glauben, dass die Wurzel des Konflikts die Siedlungspolitik Israels ist', sagt er. Die Siedlungsfrage müsse tatsächlich im Laufe von Verhandlungen gelöst werden. Sie sei 'aber nicht die Wurzel des Konflikts. Dieser Konflikt geht zurück auf eine Zeit, lange bevor es Siedlungen gab'.
Deutschland könne nur Ratschläge geben, erläutert die Kanzlerin etwas resigniert, Israel sei ein souveränes Land. Sie versucht gar nicht mehr, so etwas wie Hoffnung zu wecken. Am Ende bleibt von den Konsultationen eine achtseitige 'gemeinsame Regierungserklärung', in der viel von Innovation, Bildung und Nachhaltigkeit die Rede ist. Von Dingen eben, bei denen man etwas voranbringen kann. Ganz am Ende enthält das Papier ein Versprechen. Man wolle sich wieder treffen. 'Nächstes Jahr in Jerusalem.'